Das Verlies
welches Motiv käme dann in Frage?«, sagte Berger, der sich nach vorn gebeugt und die Hände gefaltet hatte.
»Das ist es doch, wovon ich die ganze Zeit spreche. Ich sehe keins«, antwortete Kullmer. »Lasst unsere Metzger und die Spusi ihre Arbeit machen, ich wette, von denen erfahren wir nichts, was wir nicht schon wissen.«
»Und wenn Lura ein Psychopath ist?«, fragte Durant. »Ein hochgradiger Psychopath, der in der Lage ist, jeden zu manipulieren? Vielleicht sogar eine schizophrene Persönlichkeit?«
»Einer der erfolgreichsten Autohändler soll schizophren sein?«, fragte Kullmer grinsend und tippte sich an die Stirn.
»Heb dir deinen Spott für ein andermal auf. Dieser überaus erfolgreiche Autohändler hat nicht nur über Jahre hinweg seine Frau misshandelt, er hat es auch mit andern Frauen gemacht. Aber gut, belassen wir’s vorerst beim Psychopathen. Lura ist hochintelligent, und er weiß genau, was er tut. So, mehr möchte ich jetzt nicht sagen. Ich kann mich auch gewaltig täuschen, und sollte es so sein, lade ich euch alle zum Essen ein. Frank und ich fahren gleich mal rüber in die Rechtsmedizin und anschließend zu Frau Becker und danach zu Luras Bruder. Peter und Doris, ihr checkt bitte die Vita von diesem Meißner und vor allem vonLura. Außerdem muss Luras Haus noch einmal durchsucht werden, und zwar jeder einzelne Winkel. Die KTU soll sich auch den Wagen von Gabriele Lura vornehmen, nur vorsichtshalber. Wir dürfen nichts übersehen. Wir hatten doch schon mal so eine Geschichte, wo alles wie Mord und Selbstmord aussah und sich hinterher die ganze Sache als Auftragsmord rausstellte. Vielleicht bin ich dadurch geprägt. Und dann besorgt eine Liste aller Häuser von Lura. Vielleicht besitzt er neben seinem Haus in Schwanheim noch eins hier in der Ecke.«
Kullmer erhob sich. »Machen wir uns an die Arbeit und sehen, ob wir deine Hypothese bestätigen können. Wenn nicht, dann gehen wir eben essen«, erklärte er mit einem dreckigen Grinsen.
»Das ist ein Wort«, sagte Durant und nahm ihre Tasche. Und zu Hellmer: »Auf in die Rechtsmedizin. Ich will mit Morbs und Bock persönlich sprechen.« Auf dem Weg zum Parkplatz sagte sie: »Weißt du, Frank, ich habe die ganze Zeit über das Gefühl, etwas übersehen zu haben. Aber ich komm verdammt noch mal nicht drauf, was es ist. Ich weiß jedoch, dass Luras Version nicht der Wahrheit entspricht.«
»Ich kann dir nicht helfen, Julia, weil ich ebendieses Gefühl nicht habe. Ich verlass mich diesmal hundertprozentig auf dich. Nicht böse sein deswegen, okay?«
»Red doch nicht so einen Blödsinn. Seit wann bin ich auf dich böse? Manchmal gehst du mir zwar auf den Keks, aber es hält sich immer noch im Rahmen.«
Freitag, 9.55 Uhr
Institut für Rechtsmedizin, Kennedyallee. Morbs hielt gerade einen Vortrag vor Studenten über tierische Gifte, Bock war in seinem Büro und telefonierte. Er blickte kurz auf, als die Beamten eintraten, und wies auf zwei Stühle.
Es war ein privates Gespräch, so viel konnten Durant und Hellmer heraushören. Bock lachte ein paar Mal auf und beendete das Telefonat mit einem »Bis nachher«. Er legte auf und sagte: »Was für eine Ehre, Sie gleich im Doppelpack hier zu sehen. Was kann ich für Sie tun?«
»Es geht um die Leichen von Werner Becker und Gabriele Lura«, antwortete Durant.
»Was ist mit denen?«
»Ich möchte Sie bitten, beide noch einmal eingehend zu untersuchen, speziell die Lungen, den Mageninhalt und das Blut. Und vielleicht gelingt es Ihnen ja auch, den genauen Todeszeitpunkt zu ermitteln.«
Bock beugte sich nach vorn und sah die Durant mit hochgezogenen Brauen an. »Warum? Ich meine, das Autopsieergebnis ist bereits auf dem Weg in Ihr Büro, das heißt, es müsste im Zeitalter der Computertechnik längst bei Ihnen sein.«
»Was haben Sie denn alles untersucht?«
»Wir haben eine äußere Leichenschau vorgenommen und die Kugeln entfernt. Beide hatten schwerste Verbrennungen, beide hatten je einen Kopfschuss. Mehr wurde nicht angeordnet.«
»Sie haben sie also nicht aufgeschnitten?«
»Nein, natürlich nicht. Ihr Kollege Kullmer hat gesagt, das wäre nicht nötig, und die Staatsanwältin war der gleichen Meinung. Und jetzt soll ich also doch das ganze Programm durchziehen?«
»Ich bitte darum«, sagte Durant.
»Dazu brauche ich das Einverständnis beziehungsweise die Order der Staatsanwaltschaft. Ohne die läuft jetzt gar nichts mehr.«
»Das sollte kein Problem sein. Frank, mach das bitte mal
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