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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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kann Ihnen sagen, es gibt medizinische Laien, die über derart fantastische anatomische Kenntnisse verfügen, über die ich als Rechtsmediziner nur staunen kann. Wie schwer verletzt ist denn dieser Herr Lura?«
    »Zwei Kugeln, eine oberhalb des Herzens und eine in die rechte Bauchseite«, antwortete Durant.
    Bock überlegte und sagte: »Ich würde mir den Knaben gerne mal anschauen, dann könnte ich Ihnen unter Umständen weiterhelfen. Aber dazu brauche ich erstens seine Einwilligung, zweitens muss ein begründeter Verdacht vorliegen, und drittens muss auch in diesem Fall die Staatsanwaltschaft ihr Einverständnis erklären. Fragen Sie doch am besten den behandelnden Arzt, oder bitten Sie ihn, mir entsprechende Röntgenaufnahmen zur Verfügung zu stellen. Erst dann könnte ich möglicherweise etwas Näheres dazu sagen. Allerdings würde Ihnen das nicht viel weiterhelfen, denn sollte er sich die Verletzungen selbst beigebracht haben, so steht Aussage gegen Aussage, das heißt, seine gegen meine. Und einen wirklich schlüssigen Beweis werde ich nicht bringen können. Und wenn er einen gewieften Anwalt hat, dann zerreißt der mein Gutachten in der Luft und frisst es anschließend auf. Im Prinzip bringt’s nichts.«
    »Doch«, sagte Durant mit Nachdruck, »es bringt in dem Moment etwas, wenn Sie nachweisen können, dass Dr. Becker undFrau Lura schon vor dem Brand tot waren. Wenn ich mich irre, auch gut, aber ich brauche mir dann wenigstens nicht den Vorwurf zu machen, nicht alles versucht zu haben.«
    »Sie sind mir ’ne Marke«, sagte Bock und schüttelte den Kopf. »Immer auf der Lauer, was?«
    »So ungefähr«, erwiderte Durant, stand auf und reichte Bock die Hand. »Wann können wir mit einem ersten Ergebnis rechnen?«
    »Morbs ist um elf mit seiner Vorlesung fertig. Wenn wir die Mittagspause ausnahmsweise einmal ausfallen lassen, sagen wir, so gegen sechzehn Uhr. Reicht Ihnen das?«, fragte er.
    »Sie sind ein Schatz«, sagte Durant und strahlte Bock an. »Und jetzt wollen wir Sie nicht länger aufhalten.«
    »Ja, ja, Sie sind auch ein Schätzchen, liebste Frau Durant«, entgegnete Bock grinsend.
    Draußen zündete sie sich eine Zigarette an und ging mit Hellmer langsam zum Auto.
    »Und jetzt zu Frau Becker?«, fragte Hellmer.
    »Hm.«

Freitag, 9.30 Uhr
    Wolfram Lura parkte auf dem Gelände der Uni-Klinik und bewegte sich mit schnellen Schritten auf das Hauptgebäude zu. Er hatte seine Freundin gebeten, an diesem Morgen zu Hause zu bleiben und sich um Markus zu kümmern, während er seinem Bruder einen Besuch abstatten wollte. Er hatte eine schlaflose Nacht hinter sich. Immer wieder musste er Markus trösten, der, obwohl am Abend noch ein Arzt bei ihm gewesen war und ihm eine Beruhigungsspritze gegeben hatte, kaum ein Auge zugemacht hatte. Und wenn er doch für ein paar Minuten einschlief, dann wimmerte er vor sich hin, schwitzte und wälzte sich ruhelos hin und her. Er hatte seitdem Mittag weder etwas gegessen noch getrunken, das Einzige, was er wollte, war seine Mutter wiederhaben.
    Um sieben Uhr war Wolfram zum Bäcker um die Ecke gegangen, hatte Brötchen und ein Schokocroissant für Markus geholt, in der Hoffnung, der Junge würde etwas essen, aber er biss nur einmal davon ab und trank einen Schluck Kakao, bevor er sich tränenleer ans Fenster stellte und hinunter auf die Straße sah. Er sprach kein Wort, doch seine ganze Haltung, sein Gesichtsausdruck, die Art, wie er sich bewegte, brauchten keine Worte, um auszudrücken, was in ihm vorging.
    Wolfram hatte ihm nicht gesagt, wo er hinfahren würde. Die große Angst würde kommen, wenn er wieder bei seinem Vater leben musste.
    Er fuhr mit dem Aufzug nach oben, fragte die Stationsschwester nach dem Zimmer seines Bruders, klopfte an und trat, ohne eine Antwort abzuwarten, ein.
    »Hi.« Er sah seinen Bruder an, lächelte etwas unbeholfen und fragte: »Darf ich mich setzen?«
    »Natürlich«, antwortete Rolf Lura und deutete auf einen Stuhl. »Ich freu mich, dass du gekommen bist, ehrlich. Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet.«
    »Ist doch selbstverständlich«, erwiderte Wolfram und nahm Platz. »Scheiße, was? Tut mir echt Leid, was passiert ist. Kann ich irgendwas für dich tun?«
    »Nein, ich komme schon klar. Ich hab gehört, dass Markus bei dir ist. Wie geht es ihm?«
    »Wie soll’s ihm schon gehen? Beschissen ist geprahlt. Er hat an Gabriele gehangen, aber sie offensichtlich nicht so sehr an ihm. Ich hab mich wohl ganz schön in ihr

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