Das Verlies
Zufälle denken, wie er will, für mich ist das kein Zufall mehr.«
»Für mich auch nicht«, sagte Durant. »Damit haben wir eine Handhabe, ihn vorläufig festzunehmen. Und hier auf dem Präsidium wird er uns Rede und Antwort stehen.«
»Dazu gehört aber vor allem, dass er uns verrät, wo sein geheimes Versteck liegt. Ohne dieses Versteck haben wir im Grunde nichts in der Hand«, entgegnete Berger. »Eine auf Vermutungen basierende Beweisführung wird knallhart abgeschmettert.«
»Es gibt da auch noch seine Mutter. Zu ihr hat er ein äußerst vertrauensvolles Verhältnis. Ich bin sicher, er hat ihr irgendwann einmal erzählt, wo er sich aufgehalten hat, wenn er mal wieder verschwunden war. Wenn er sich nicht zufällig bei uns verplappert, bleibt nur sie als unsere letzte Hoffnung.«
»Frau Durant«, sagte Berger, »Sie haben wieder einmal Alleingänge unternommen, ohne mich davon zu informieren. Was soll ich davon halten?«
»Sie wissen doch, wie ich bin. Und ich werde mich auch nicht ändern.«
»Sie haben gute Arbeit geleistet. Schnappen Sie sich diesen Kerl und bringen Sie ihn her. Wir haben doch schon einiges gegen ihn in der Hand. Wir müssen nur sehr vorsichtig zu Werkegehen. Und jetzt los, ich will den Typ in spätestens einer Stunde hier haben. Ich werde inzwischen mit der Staatsanwaltschaft telefonieren und denen klar zu machen versuchen, dass Lura unter dringendem Tatverdacht steht. Vielleicht kriegen wir einen Haftbefehl, aber ich würde mir an Ihrer Stelle nicht zu viel Hoffnung machen.«
»Danke. Und fragen Sie bei der Gelegenheit gleich wegen Meißner nach, dass er von seiner Schweigepflicht befreit wird. Wir beeilen uns«, sagte Durant und gab Hellmer ein Zeichen. »Peter und Doris, ihr geht bitte noch mal die Akten von Melissa Roth durch, vielleicht findet ihr ja noch was … Nein, wartet, das hat Zeit. Was anderes ist viel wichtiger – ich brauche die Kreutzer hier im Präsidium. Schafft sie her, die Adresse steht in den Akten. Wir brauchen ihre schriftliche Aussage, dass sie von Lura misshandelt wurde und er sich ihr Schweigen erkauft hat.«
»Wird erledigt. Wir machen uns gleich auf den Weg.«
Auf dem Flur meinte Hellmer: »Du bist mir eine. Sagst, dass du nach Hause fährst, weil du müde bist, und in Wirklichkeit treibst du dich im Präsidium rum. Mann o Mann, aus dir soll einer schlau werden.«
»Was soll ich schon großartig zu Hause? Ich bin doch eh nur allein«, entgegnete sie traurig. »Allein essen, allein fernsehen, allein Musik hören … Frank, das ist ein Scheißleben. Da bin ich lieber hier und arbeite. Und du siehst ja, ich hatte Erfolg. Vielleicht ist das ja auch meine Bestimmung.«
»Quatsch«, sagte Hellmer. »Es ist niemals die Bestimmung eines Menschen, dass er sein Leben allein verbringt.«
»Hören wir auf damit, es gibt Wichtigeres zu tun. Fahr los.«
Montag, 9.45 Uhr
Autohaus Lura. Rolf Lura war in ein Kundengespräch verwickelt und zeigte einem jungen Mann, der höchstensfünfundzwanzig Jahre alt war, einen Lamborghini Murciélago in Metallicblau. Durant und Hellmer gingen auf Lura zu, dessen linker Arm nicht mehr in der Schlinge steckte. Es schien, als könnte er ihn wieder wie vor der Tat einsetzen.
»Herr Lura …«
Lura drehte sich abrupt um, als er die ihm bekannte Stimme hörte, und sagte höflich, aber bestimmt: »Wenn Sie sich bitte gedulden wollen, ich bin im Moment unabkömmlich, wie Sie sehen.«
»Lassen Sie einen Ihrer Mitarbeiter weitermachen. Wir möchten Sie bitten, uns aufs Präsidium zu begleiten.«
»Warten Sie einen Augenblick, Sie können sich ja mal reinsetzen und die unvergleichliche Atmosphäre dieses Traumautos auf sich wirken lassen. Ich bin gleich wieder bei Ihnen, und dann machen wir auch eine Probefahrt«, sagte er zu dem jungen Mann. Und dann an Durant und Hellmer gewandt: »Gehen wir in mein Büro. Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie mich in eine äußerst peinliche Situation bringen?«
»Herr Lura, wir werden nicht in Ihr Büro gehen, sondern in unser Büro. Wir haben einige Fragen, die nur Sie uns beantworten können.«
»Aus welchem Grund sollte ich mit Ihnen mitgehen? Haben Sie einen Haftbefehl?«
»Brauchen wir einen?«, fragte Durant spöttisch zurück.
»Nein, den brauchen Sie nicht, denn ich habe mir nichts vorzuwerfen«, antwortete er überheblich lächelnd. »Aber Sie werden jede Menge Ärger bekommen, das verspreche ich Ihnen. Herr Neubert, würden Sie bitte den Kunden übernehmen. Ich bin so um die
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