Das Verlies
an, und dann mach ich mich ab in mein Bett.«
Um zwanzig vor zwölf hatte sie es geschafft, doch keine weitere Person gefunden, die sie mit Lura in Zusammenhang bringen konnte. Sie druckte alles über Melissa Roth aus und legte es auf ihren Schreibtisch, fuhr den PC herunter, nahm ihre Tasche, löschte das Licht und machte sich auf den Heimweg. Sie freute sich schon jetzt auf die Gesichter ihrer Kollegen, wenn sie ihnen morgen früh die Akte Melissa Roth präsentieren würde.
Als sie zu Hause ankam, war eine Nachricht von Dr. Meißner auf ihrem Anrufbeantworter. Er bat sie, ihn zurückzurufen. Sie würde es gleich morgen vom Büro aus tun.
Montag, 8.15 Uhr
Lagebesprechung. Julia Durant kam als Letzte ins Büro, Kullmer, Seidel und Hellmer hielten sich in HellmersBüro auf, Berger saß hinter seinem Schreibtisch und studierte die Zeitung. Er schaute auf, als Durant eintrat und ihn mit einem gut gelaunten »Guten Morgen« begrüßte.
»Guten Morgen, Frau Durant«, erwiderte Berger und faltete die Zeitung zusammen. »Hatten Sie ein schönes Wochenende?«
»Danke, ich kann nicht klagen«, antwortete sie mit einem undefinierbaren Lächeln, hängte ihre Tasche über die Stuhllehne, sah, dass die Kaffeekanne voll war, und schenkte sich eine Tasse ein.
»Ja, dann wollen wir doch mal anfangen«, sagte Berger.
»Gleich, ich muss erst noch kurz telefonieren.« Durant begab sich in ihr Büro und machte die Tür hinter sich zu. Sie tippte die Nummer von Meißners Praxis ein und ließ sich von der Sprechstundenhilfe verbinden.
»Hier Durant, Sie wollten mich sprechen?«
»Ja. Einen Augenblick bitte, ich gehe in ein anderes Zimmer.«
Sie wartete, bis Meißner sich wieder meldete. »Ich habe noch einmal über alles nachgedacht, und dabei ist mir etwas eingefallen, was für Sie vielleicht von Nutzen sein könnte. Vor einiger Zeit hat sich Herr Lura einem kompletten Check unterzogen und dabei auch eine CT seines Thorax machen lassen. Er kam mit den Röntgenbildern zu mir und hat mich gefragt, ob bei ihm alles in Ordnung sei, was der Fall war. Ich habe ihm gesagt, dass er kerngesund ist. Dabei hat er dann wie beiläufig gefragt, was man denn auf einem Röntgenbild sieht, wenn man zum Beispiel angeschossen würde. Ich habe es ihm erklärt, woraufhin er gefragt hat, an welchen Stellen man getroffen werden müsste, um nicht tot zu sein. Ich habe ihm einige Stellen gezeigt, ohne mir natürlich groß Gedanken darüber zu machen …«
»Augenblick, nicht so schnell«, wurde er von Durant unterbrochen. »Wann war das genau?«
»Moment, ich habe mir die Karte rausgesucht und kann Ihnen sogar das Datum nennen. Es war am 4. Juni dieses Jahres.«
»Und welche Stellen haben Sie ihm gezeigt?«
»Den oberen Brustbereich etwas unterhalb des Schlüsselbeins und die äußere rechte und linke Bauchseite. Ich wollte natürlich wissen, wozu er diese Informationen braucht, aber er hat nur gelacht und gemeint, er hätte einen Krimi gesehen und ihm wäre da so einiges merkwürdig vorgekommen. Ich kann mich noch erinnern, wie er gesagt hat, die Drehbuchautoren sollten wohl mal besser recherchieren, bevor sie einen solchen Mist verzapfen. Das war auch schon alles.«
»Haben Sie die Röntgenbilder noch?«
»Nein, Herr Lura hat darauf bestanden, sie mitzunehmen.«
»Würden Sie vor Gericht beeiden, was Sie mir da gerade erzählt haben?«
»Nur, wenn ich offiziell von meiner Schweigepflicht entbunden werde. Ansonsten nein.«
»Darüber machen Sie sich mal keine Sorgen. Ich habe Ihnen zu danken, denn Sie haben mir sehr geholfen.«
»Keine Ursache. Irgendwann muss man die Schulden der Vergangenheit begleichen. Ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, dass Herr Lura zu einem Mord fähig wäre.«
»Ich melde mich wieder bei Ihnen. Und nochmals vielen Dank.«
Julia Durant legte auf, ballte die Fäuste und jubelte innerlich. Sie rief im Archiv an und bat darum, ihr so schnell wie möglich die komplette Akte Melissa Roth zu bringen. Dann erhob sie sich, bat ihre Kollegen, mit ihr in Bergers Büro zu kommen, setzte sich und wartete, bis auch die andern Platz genommen hatten.
»Ein wichtiges Gespräch?«, fragte Berger.
»Kann sein. Ach, ich habe etwas auf meinem Schreibtisch vergessen«, sagte sie und holte den Ausdruck über Melissa Roth.
»Können wir jetzt anfangen?«
»Ich bin bereit«, antwortete Durant.
»Hat irgendeiner von Ihnen am Wochenende etwas Neuesüber unseren potenziellen Mörder in Erfahrung bringen können?« Berger sah in die
Weitere Kostenlose Bücher