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Das Verlies

Das Verlies

Titel: Das Verlies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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haben! Und jetzt mach endlich das Maul auf. Wo war Rolf?«
    Ursula Lura sah ihren Mann verwundert an, dann blickte sie zu Boden, die Hände gefaltet und so fest aneinander gepresst, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    »Rolf war weg, aber ich brauchte mir doch keine Sorgen zu machen, es war doch alles in Ordnung.«
    »Wo war er?«
    »Irgendwo da draußen.«
    »Frau Durant, ich habe in meinem ganzen Leben noch nie die Hand gegen meine Frau erhoben, aber ich stehe kurz davor, es zum ersten Mal zu tun.«
    »Seien Sie ganz ruhig und entspannen Sie sich«, sagte Julia Durant und gab Hellmer ein Zeichen, sich neben Horst Lura auf den Zweisitzer zu setzen. Sie fuhr in gemäßigtem Ton fort. »Frau Lura, Ihr Sohn hat ein großes Problem. Wir haben unteranderem herausgefunden, dass er nicht nur seine Frau häufig schwer misshandelt, sondern auch anderen Frauen schlimme Dinge angetan hat. Wir wissen, dass er dazu neigt, sich selbst zu verletzen, um so die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Wir haben mit Dr. Hahn gesprochen und mit dem Hausarzt Ihres Sohnes, die beide nicht viel Gutes über ihn zu berichten hatten. Leider deutet alles darauf hin, dass Ihr Sohn …«
    »Aber er wurde doch entführt und …«
    »Nein, er wurde nicht entführt. Und die Schussverletzungen hat er sich selbst zugefügt, das Gefühl von Schmerzen war für ihn ja nichts Neues …«
    »Rolf kann kein Mörder sein!«, schluchzte Ursula Lura, deren Selbstgefälligkeit und Arroganz mit einem Mal vollständig von ihr abfiel. »Horst, sag, dass das nicht wahr ist, Rolf doch nicht!«
    »Rolf, Rolf, Rolf! Und was ist mit Wolfram? Dich hat immer nur Rolf interessiert. Wolfram, der auch dein Sohn ist, war für dich nur ein Stück Dreck. Wenn ich mich nicht um ihn gekümmert hätte, der Junge wäre verreckt. Aber das hast du jetzt davon. Sei einmal in deinem Leben ehrlich und nimm Rolf nicht schon wieder in Schutz. Er ist alt genug und kann auch ohne deine Hilfe für das geradestehen, was er getan hat.«
    »Frau Lura, Ihr Mann hat Recht. Ihren Sohn mit allen Mitteln zu schützen hilft weder ihm noch Ihnen. Wenn Sie uns etwas verschweigen, was zur Aufklärung des Falles dienen könnte, machen Sie sich strafbar und gehen ins Gefängnis und werden dort aller Voraussicht nach bis zu Ihrem Tod bleiben. Ist es Ihnen das wert?«
    Ursula Lura begann zu weinen, stand auf und holte sich ein Taschentuch aus der Küche. Sie verzog den Mund grimassenhaft und schüttelte immer wieder nur den Kopf.
    »Es gibt da ein Haus, eine halbe Stunde zu Fuß von hier … Es hat meinen Eltern gehört, steht aber seit 1948 leer. Ich weiß nicht einmal, ob es noch existiert.«
    »Wie kommen wir dorthin?«
    »Zu Fuß oder mit dem Auto.«
    Horst Lura kniff die Augen zusammen und schlug sich an die Stirn: »Du meine Güte, ich habe das Haus völlig aus meinem Gedächtnis gestrichen. Meine Frau hat mir zwar einmal davon erzählt, kurz nachdem wir uns kennen gelernt hatten, aber jetzt …«
    »Kennen Sie den Weg dorthin?«
    »Ich war nie dort, aber meine Frau kennt sicher noch den Weg. Tust du doch, oder?«
    Sie nickte bloß, unfähig, auch nur einen Satz zu sprechen.
    »Gut, fahren wir. Sie kommen bitte beide mit. Haben Sie einen Schlüssel für das Haus?«
    Ursula Lura schüttelte weinend den Kopf.
    »Ziehen Sie sich etwas über, draußen ist es kalt.«
    »Draußen kann es nicht kälter sein als hier drin«, sagte Horst Lura zynisch. »Mein Sohn Wolfram hat mir gestern Abend erzählt, dass er mit Ihnen gesprochen hat. Wenn Rolf ein Mörder ist, dann soll er seine gerechte Strafe bekommen. Ich habe nie geglaubt, dass Gabriele so bösartig gewesen sein soll. Dazu war sie viel zu gutherzig.«
    Ursula Lura wies Hellmer den Weg. Nach zehn Minuten gelangten sie an einen Privatweg.
    »Ich glaube, Sie müssen hier reinfahren«, sagte Ursula Lura mit belegter Stimme. »Irgendwo dort vorne muss es sein.«
    Nach gut zweihundert Metern kamen sie an ein großes Grundstück, umringt von dichten Büschen und hohen Bäumen und einem Zaun. Das Tor war abgeschlossen. Sie stiegen aus.
    »Ist das das Haus?«, fragte Durant.
    »Ja.«
    »Kriegst du das Tor irgendwie auf?«, fragte sie Hellmer.
    Er warf einen Blick darauf, griff darüber, löste die Verriegelung von innen und stieß es auf. Sie gingen auf das Haus zu – abgeschlossen.
    »Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten, entweder trete ich dieTür ein, oder wir gehen durchs Fenster.« Und nach einem Blick auf die alten Luras meinte er: »Lieber durch die

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