Das Verlies
der Durchsuchung seines Büros gefunden«, sagte sie und hoffte, diese Lüge würde ihr vor Gericht nicht zum Verhängnis werden. Doch Lura fiel zum Glück darauf herein.
»Die Sache war ganz anders. Die Kreutzer wollte immer einVerhältnis mit mir anfangen, aber ich habe mich geweigert. Und dann hat sie begonnen, ein paar Dinge zu konstruieren, damit es so aussieht, als wäre etwas zwischen uns gewesen. Und um nicht meinen guten Ruf zu verlieren, habe ich ihr nahe gelegt zu kündigen und ihr eine sehr großzügige Abfindung angeboten, die sie gerne angenommen hat. Was Meißner sagt, ist eine glatte Lüge.«
»Sie bezichtigen ständig die andern der Lüge. Die Frage ist nur, wer hier lügt und wem man am Ende glaubt. Und wir haben hier noch etwas, das Sie interessieren dürfte«, sagte Durant, nahm die vier Blätter und legte das oberste Lura vor. »Kennen Sie diese Frau?«
Sie beobachtete Luras Reaktion, doch er zeigte sich unbeeindruckt.
»Müsste ich sie kennen?«
»Eigentlich ja. Melissa Roth, wenn Ihnen der Name etwas sagt. Sie war in Ihrem BWL-Kurs.«
»Wissen Sie eigentlich, wie viele Studenten in einem solchen Kurs waren? Manchmal war der Lehrsaal so voll, dass einige stehen mussten, wenn sie nicht rechtzeitig kamen. Wie soll man sich da jedes Gesicht merken?«
»Ich denke, ein solches Gesicht übersieht man nicht, schon gar nicht jemand wie Sie. Sie verschwand am 13. Dezember 1978 spurlos, nachdem sie sich mit einem Kommilitonen verabredet hatte, der jedoch nicht erscheinen konnte, weil ihm jemand alle vier Reifen zerstochen hatte.«
»Damals gab es eine Serie von …« Lura hielt urplötzlich inne und presste die Lippen zusammen. Er bemerkte den Fehler, den er begangen hatte, einen Tick zu spät.
»Sie haben Recht, damals ist wochenlang eine Bande von Reifenstechern durch Sindlingen und Zeilsheim gezogen. Das wollten Sie doch sagen. Daran können Sie sich komischerweise erinnern. Wir gehen davon aus, dass Sie Melissa Roth entführt und ermordet haben, weil sie Ihnen keine Beachtung geschenkt hat oder Sie hat abblitzen lassen. Sie können es nicht ertragen, wennman Ihnen nicht die gebührende Aufmerksamkeit schenkt oder Ihnen gar einen Korb gibt. Deshalb haben Sie sie entführt und umgebracht.«
»Das ist Spinnerei. Ich kannte diese Frau nicht.«
»Sie kannten sie schon, das geht aus dem Vernehmungsprotokoll hervor, denn damals wurden sämtliche Studenten, die in ihren Kursen waren, befragt, unter anderem auch Sie. Allgemein bekannt war auch, dass Frau Roth einen etwas lockeren Lebenswandel geführt und ihre Beziehungen häufig gewechselt hat. Nur Sie hat sie nicht rangelassen, und das hat Sie zur Weißglut getrieben.«
»Sie versuchen schon wieder, etwas zu konstruieren. Ich habe keine Ahnung, was aus dieser Frau geworden ist. Ich habe mit ihrem Verschwinden oder ihrer Ermordung nichts zu tun.«
»Das wird sich noch herausstellen … Wo haben Sie sich als Kind immer versteckt, wenn Ihnen zu Hause alles zu viel wurde?«
»Mir ist nichts zu viel geworden. Außerdem habe ich das Recht, einen Anwalt einzuschalten. Und ich bestehe darauf, dieses Recht jetzt in Anspruch zu nehmen.«
»Haben Sie eine Übermutter? Eine Glucke, die Sie ständig unter ihre Fittiche genommen und vor all dem Bösen, das draußen lauert, beschützt hat? Oder hat sie Ihnen keine Freiheiten gelassen, so dass Sie sich diese einfach genommen und schon als Kind Ihr geheimes Versteck hin und wieder aufgesucht haben?«
»Ich will meinen Anwalt sprechen.«
»Möchten Sie etwas essen oder trinken?«
»Ich will meinen Anwalt sprechen.«
»Sie können heute Nachmittag Ihren Anwalt verständigen, doch vorher haben wir noch einige Fragen an Sie.«
»Sie können fragen, so viel Sie wollen, ich werde nichts mehr ohne meinen Anwalt sagen.«
»Gut, dann lasse ich Sie jetzt in Ihre Zelle führen. Wir unterhalten uns dann heute Nachmittag noch einmal. Aber denkenSie dran, die Beweise gegen Sie sind derart erdrückend, dass Sie keine Chance mehr haben.«
»Fühlen Sie sich bloß nicht zu sicher. Sie stempeln mich zum Mörder ab und vergessen dabei das Wesentliche – ich sollte umgebracht werden …«
»Sie haben doch Psychologie studiert«, wurde er von Durant unterbrochen. »Dann will ich Ihnen mal etwas sagen – eine Frau, die voller Wut und Hass ist, feuert nicht nur zwei Kugeln ab, sondern schießt gleich das ganze Magazin leer, das sollten Sie eigentlich wissen. Der Dilettantismus, mit dem in Ihrem Fall vorgegangen wurde,
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