Das Verlies
…«
»Ach, reden Sie doch nicht um den heißen Brei herum. Was ist passiert?«
»Es hat den Anschein, als ob Ihre Schwägerin und Dr. Beckerein Verhältnis gehabt hätten. Und es hat ebenfalls den Anschein, als hätten sie Ihren Bruder entführt und versucht, ihn zu töten. Sie haben sich verbrannt.«
»Aha, so einfach ist das also. Gabi und dieser Becker haben Rolf entführt, wollten ihn kaltmachen, und als das nicht gelang, haben sie sich mal eben so in Flammen aufgehen lassen … Wollen Sie mich verarschen?«
»Herr Lura«, entgegnete Hellmer gelassen, »wir wollen niemanden verarschen. Aber das ist alles, was wir bisher an Informationen haben.«
»Ich habe Ihnen doch vorhin etwas gesagt, bevor ich Markus von der Schule abgeholt habe. Können Sie sich erinnern, was das war?«
»Was meinen Sie?«
»Ich habe Ihnen etwas über Gabriele erzählt. Ich habe Ihnen gesagt, sie würde Markus niemals allein zurücklassen. Und dazu stehe ich auch jetzt noch. Was immer geschehen ist, ich gebe Ihnen Brief und Siegel, dass Gabriele damit nicht einverstanden war. Finden Sie heraus, was wirklich passiert ist, das ist doch Ihr Job, oder?«
»Wir tun unser Bestes, aber dazu sind wir auch auf Ihre Hilfe angewiesen. Wenn Sie uns helfen können …«
»Das werde ich gerne tun, geben Sie mir nur ein wenig Zeit, damit ich das Puzzle zusammensetzen kann.« Er fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. »Gabi hatte also einen Geliebten, diesen Becker. Die beiden haben mein liebes Brüderlein entführt und ihn irgendwo in der Pampa gefangen gehalten. Stimmt’s so weit?«
»Kann sein.«
»Kann sein, kann sein«, äffte er Hellmer nach. »Was haben Sie denn noch zu bieten?«
»Nichts«, mischte sich Durant ein.
»Ich werde Ihnen jetzt etwas sagen, und das meine ich ernst.Überlegen Sie einmal ganz genau, was in den vergangenen zwei Tagen abgelaufen ist, ich meine, nehmen Sie einfach die offizielle, auf der Hand liegende Version. Und dann überlegen Sie mal, ob es unter Umständen noch eine andere Version geben könnte, eine, die so abstrus ist, dass man sie gar nicht erst ins Kalkül zieht. Wenn Sie das getan haben, können Sie gerne wieder herkommen.«
»Von was für einer anderen Version sprechen Sie?«, fragte Durant und beugte sich nach vorn. Luras Atem roch intensiv nach Alkohol.
»Strengen Sie Ihr hübsches Köpfchen an, dann kommen Sie vielleicht drauf. Ich muss jetzt zusehen, wie ich es Markus beibringe. Sie finden ja sicherlich allein hinaus.«
»Herr Lura«, sagte Hellmer, doch der winkte bloß ab und ging aus der Küche. Durant und Hellmer sahen sich nur an und verließen die Wohnung. Im Hausflur begegnete ihnen Luras Lebensgefährtin Andrea. Sie begrüßten sich kurz im Vorbeigehen.
Unten angekommen, sagte Durant: »Was waren das für komische Andeutungen?«
»Frag mich was Leichteres«, antwortete Hellmer barsch.
»Was für eine abstruse Version könnte er meinen?«
»Ich hab keinen blassen Schimmer! Und jetzt ab ins Präsidium, ich hab die Schnauze voll. Dieser Typ tickt doch nicht ganz richtig. Der säuft wie ein Loch, und dann kommt er mit so ’nem Quark daher!«
»Er ist aber nicht besoffen, dazu war er viel zu klar im Kopf«, entgegnete Durant ruhig, obgleich alles in ihr vibrierte.
»Na und?! Der soll Fakten bringen und nicht so vage Andeutungen machen.
Wir
haben Fakten!«
»Haben wir die wirklich?« Sie zündete sich eine Zigarette an, inhalierte tief und behielt den Rauch lange in sich, bevor sie ihn langsam wieder ausstieß. Sie merkte, wie ihre Belastungsgrenze an diesem Tag erreicht war. Noch ein wenig mehr, und sie würdeexplodieren. Hellmer merkte dies ebenfalls und verhielt sich entsprechend zurückhaltend. Um siebzehn Uhr fünfunddreißig fuhren sie auf den Präsidiumshof.
Donnerstag, 17.40 Uhr
Polizeipräsidium, Lagebesprechung. Berger, Kullmer und Seidel saßen in Bergers Büro und waren bereits dabei, die vorliegenden Fakten auszuwerten.
»Na, habt ihr schon ohne uns angefangen?«, fragte Julia Durant gereizt und stellte ihre Tasche neben den Stuhl.
»Wir können gerne noch einmal alles wiederholen«, sagte Berger und lehnte sich zurück, die Arme hinter dem Kopf verschränkt.
»Ich bitte drum, denn noch leite ich die Ermittlungen.«
»Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«, fragte Kullmer mit säuerlicher Miene.
»Was habt ihr heute rausgefunden?«, fragte sie mit eisiger Stimme und ebensolchem Blick.
»Ist
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