Das Verlies
aussieht, haben Ihr Mann und Frau Lura etwas mit seiner Entführung zu tun …«
Corinna Becker machte eine abwehrende Handbewegung und sagte in scharfem Ton: »Frau Durant, es reicht! Ich weiß nicht, woher Sie Ihre infamen Anschuldigungen nehmen, aber mein Mann hätte niemals jemanden entführt, schon gar nicht seinen besten Freund und vor allem Klienten. Erst tischen Sie mir die Geschichte von seinem Selbstmord auf, dann soll er auch noch ein Verbrecher sein! Nein, nein, nein, im Leben nicht!«
»Frau Becker, die Fakten sprechen eine eindeutige Sprache. Leider. Es scheint, als wollten Ihr Mann und Frau Lura sich eine gemeinsame Zukunft aufbauen und dabei …«
»Ich möchte, dass Sie jetzt gehen, und zwar auf der Stelle! Ich habe keine Lust, mir diese Lügen länger anzuhören. Am Ende behaupten Sie noch, mein Mann hätte versucht, Rolf umzubringen. Vergessen Sie’s!«, stieß sie aus. »Und jetzt gehen Sie, und kommen Sie erst wieder, wenn Sie mir Beweise für Ihre unverschämten Unterstellungen vorlegen können.«
»Frau Becker, bitte …«
»Lassen Sie mich allein! Bitte!«, sagte sie mit Nachdruck und schloss die Augen, die Arme wieder vor der Brust verschränkt.
Durant und Hellmer erhoben sich, sagten »Auf Wiedersehen«, erhielten aber keine Antwort. Im Auto meinte Hellmer nur: »Dumm gelaufen, was?«
»Halt die Klappe. Das war kein Fettnäpfchen, das war ein riesengroßer Fettnapf, in den ich reingetreten bin.«
»Quatsch! Du konntest doch nicht wissen …«
»Doch, konnte ich! Was lernen wir immer wieder auf unseren psychologischen Fortbildungen – nehmt Rücksicht auf die Hinterbliebenen und setzt sie nicht sofort unter Druck. Und genau das habe ich gemacht. Ich hätte mit dieser blöden Bemerkung auch warten können, bis sie … Die ist doch völlig durch den Wind. Erst geht ihr Mann fremd, dann ist es auch noch jemand aus dem engeren Bekanntenkreis, dann erzähle ich ihr, dass ihr Mann vermutlich ein potenzieller Mörder ist … Das verkraftet doch keine Sau!«
»Sie wird darüber wegkommen, und irgendwann wirst du auch mit ihr in aller Ruhe reden können. Wir müssen ihr nur die Beweise vorlegen. Im Moment sieht sie ihren Mann noch durch eine rosarote Brille. Aber dieses Arschloch ist nicht nur fremdgegangen, sondern …«
»Das weiß ich doch alles. Wir brauchen die Aussage von Lura. Ich erkundige mich mal bei Peter, ob er schon Gelegenheit hatte, mit dem Arzt zu sprechen.« Bevor sie die Nummer eintippte, fragte sie Hellmer: »Wie findest du eigentlich die Frau?«
»Ganz nett. Hat irgendwie was von Julia Roberts. Vor allem der Mund und die Augen. Und Beine scheint sie auch ganz schöne zu haben.«
»Kannst du auch mal auf was anderes achten als nur auf Äußerlichkeiten?«
»Kann ich und tue ich auch. Ich hab mich nämlich gefragt, warum Becker diese Klassefrau mit der eher unscheinbaren Lura betrogen hat. Und ich frage mich, was für ein Problem sie hat?«
»Die lebt in ihrer eigenen kleinen Welt. Und um noch mal auf Julia Roberts zu kommen – die ist alles andere als einfach.Vielleicht sind die beiden über tausend Ecken miteinander verwandt«, sagte Durant, die allmählich ihren Humor wiederfand.
»Es muss doch aber einen Grund geben, dass zwischen den beiden schon seit längerem nichts mehr gelaufen ist«, meinte Hellmer, ohne auf die letzte Bemerkung einzugehen. »Ich würde die jedenfalls nicht von der Bettkante stoßen – wenn ich nicht verheiratet wäre«, fügte er schnell hinzu. »Warum hat sie ihren Mann nicht mehr rangelassen?«
»Wer sagt denn, dass sie ihn nicht rangelassen hat?«
»Ich, weil ich ein Mann bin. Schau, ich bin jetzt seit knapp vier Jahren mit Nadine verheiratet, ich kannte sie zwar schon lange vorher, aber ich habe bis jetzt die Lust an ihr nicht verloren. Das interessiert mich echt.«
»Dann frag sie doch. Da ist die Klingel.«
»Frag du sie.«
»Vielleicht gar keine so schlechte Idee. Ruf du in der Zwischenzeit bei Peter und Doris an«, sagte Durant, die wieder ausstieg und die Klingel betätigte. Corinna Becker trat ans Tor und sah die Kommissarin ernst an.
»Was wollen Sie noch?«
»Darf ich reinkommen?«, fragte Durant leise und erwiderte den Blick mit einem zaghaften Lächeln.
»Was soll’s. Kommen Sie.«
»Ich wollte mich nur bei Ihnen entschuldigen. Das war nicht fair von mir.«
»Nein, war es nicht. Aber Sie haben Glück, ich schätze es, wenn Menschen aufrichtig sind. Möchten Sie mir noch etwas sagen?«
»Nein, nur eine Frage.
Weitere Kostenlose Bücher