Das verlorene Gesicht
Sorgen um ihn. Außerdem wird
er es mir nicht danken, wenn ich zulasse, dass du da reingehst und erkannt wirst.« Sie ging durch die Glastüren, die in die Notaufnahme führten.
»Das war ja wohl deutlich genug.« Logan fuhr los und parkte zwischen zwei Lastwagen, so dass niemand ins Innere des Taurus sehen konnte. »Dann warten wir mal.«
Eve nickte erschöpft. »Aber eins muss ich noch erledigen.« Sie nahm ihr Telefon heraus und wählte Joes Privatnummer. »Diane, hier spricht Eve. Ich muss dir etwas sagen. Joe ist –« Die Worte blieben ihr im Hals stecken. Bring es hinter dich. »Joe ist verletzt.«
»Mein Gott.«
»Es sieht … schlimm aus. Er ist im Gwinnett General Hospital. Am besten, du kommst her.«
»Wie schlimm ist es?«
»Ich weiß es nicht. Er wurde angeschossen. Er ist in der
Notaufnahme.«
»Zur Hölle mit dir.« Diane knallte den Hörer auf. Eve zuckte zusammen.
»Schlechte Nachrichten zu überbringen ist nie
angenehm«, sagte Logan ruhig.
»Sie hörte sich an, als würde sie mich hassen.« Sie be
feuchtete sich die Lippen. »Und wer sollte es ihr verdenken? Es ist meine Schuld. Ich hätte ihm nie erlauben dürfen –«
»Mir ist nie aufgefallen, dass er um Erlaubnis gebeten hätte. Ich glaube kaum, dass Sie ihn hätten aufhalten können.«
»Ich kenne ihn. Ich habe sein Gesicht gesehen, bevor wir in dieses Haus gegangen sind. Ich hätte merken müssen, dass er glaubte, irgendetwas stimmte nicht.«
»Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie ziemlich aus dem Häuschen waren?«
»Nein.« Sie lehnte den Kopf gegen das Fenster. »Er stirbt, Logan.«
»Das wissen wir nicht.«
»Ich weiß es«, flüsterte sie. »Ich … liebe ihn, wissen Sie.« Er wandte sich ab. »Wirklich?«
»Ja. Er ist der Vater und der Bruder, die ich nie hatte. Ich weiß nicht, wie mein Leben ohne Joe aussehen würde. Komisch, ich habe noch nie darüber nachgedacht. Er war einfach immer da und ich dachte, dass er es immer sein würde.«
»Noch ist er nicht tot.«
Wenn Joe starb, würde er dann bei Bonnie sein? »Hören Sie auf zu weinen«, sagte Logan heiser. Er zog
sie in seine Arme. »Schsch, es wird alles gut.« Er wiegte sie sanft. »Lassen Sie mich Ihnen helfen.«
Er half ihr. Trost und Wärme strömten von ihm aus und hüllten sie ein. Er konnte die Wunde nicht heilen, aber er berührte sie, bewahrte sie vor der Einsamkeit. Für den Augenblick war das genug.
Kapitel 21
Sandra machte ein ernstes Gesicht, als sie zwei Stunden später auf den Parkplatz kam.
Eve spannte sich an. »Joe?«
»Nicht gut. Sie wissen nicht, ob er durchkommt.« Sandra setzte sich auf den Rücksitz. »Sie haben ihn operiert und bringen ihn auf die Intensivstation.«
»Ich will ihn sehen.«
»Unmöglich. Nur enge Familienangehörige werden zu ihm gelassen.«
»Das ist nicht fair. Er würde mich sehen wollen. Ich muss –« Sie holte tief Luft. Nicht was sie brauchte, sondern was Joe brauchte, war wichtig. »Ist Diane bei ihm?«
»Sie kam, als sie ihn gerade aus dem OP schoben.« Sandra verzog das Gesicht. »Sie war kalt wie ein Eisklotz mir gegenüber. Man sollte meinen, ich hätte auf ihn geschossen.«
»Das gilt nicht dir. Sie ist wütend auf mich. Du bist meine Mutter. Wahrscheinlich wirft sie dir vor, dass du mich in die Welt gesetzt hast.«
»Wahrscheinlich. Aber ich dachte, sie mochte mich. Ich habe erst vor ein paar Wochen zusammen mit ihr Kaffee getrunken. Ich dachte, sie mochte uns beide.«
»Sie ist einfach verzweifelt. Das wird sich ändern, wenn es Joe wieder besser geht.« Falls es ihm je wieder besser gehen würde. Wenn er nicht starb. »Wann werden sie es wissen?«
»Vielleicht morgen.« Sandra zögerte. »Aber ich kann da nicht wieder reingehen, Eve. Ein Polizist kam in die Notaufnahme, als ich gerade ging. Er wollte nach Joe sehen.«
Natürlich. Joe war Polizist und die Polizei kümmerte sich um ihre Leute. Über kurz oder lang würde es im ganzen Krankenhaus von Polizisten wimmeln.
Logan ließ den Motor an. »Dann müssen wir uns von hier verziehen. Und zwar pronto.«
»Und wo fahren wir hin?«, wollte Sandra wissen.
»Ich habe mich mit Margaret und Pilton bei Hardee’s in der Nähe von Emory verabredet, da, wo wir Quinn getroffen haben.« Logan bog aus dem Parkplatz. »Margaret wird Sie nach Sanibel bringen und Sie dann außer Landes schaffen.«
»Nein«, sagte Sandra.
Eve zuckte zusammen. »Es ist die einzige sichere Möglichkeit, Mom. Du musst es tun.«
»Ich muss überhaupt nichts tun.« Ihre Lippen
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