Das verlorene Gesicht
schüttelte den Kopf. »Gott, ich weiß es nicht. Vielleicht.«
Er nahm ihren Arm. »Kommen Sie, machen wir, dass wir wegkommen.«
»Wohin?«
»Sie überlassen mir die Entscheidung? Wie erfrischend.
Nachdem Sie mich damit überrumpelt haben, Lisa Chadbourne in eine Falle zu locken, dachte ich, Sie hätten einen Plan.«
Ihr waren die Pläne ausgegangen. Und die Energie auch. Sie fühlte sich völlig ausgelaugt. »Ich will nach Hause.«
»Ich fürchte, das geht noch nicht. Wir fahren zu Senator Lathrop nach Hause und bleiben dort, bis der erste Sturm sich gelegt hat und wir offiziell außer Verdacht sind. Sie wollen verhindern, dass irgendein schießwütiger Patriot uns aus Versehen erwischt.«
»Wie fürsorglich«, sagte sie sarkastisch.
»Nicht fürsorglich. Wir sind sehr wertvolle Zeugen. Wir werden unter strenger Bewachung stehen, bis das vorbei ist.«
»Wann kann ich nach Hause?«
»In einer Woche.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bleibe höchstens drei Tage.«
»Wir werden es versuchen.« Er hob die Brauen. »Aber vergessen Sie nicht, wir haben es hier mit dem Sturz des Präsidenten zu tun.«
»Kümmern Sie sich darum, Logan.« Sie stieg in den Wagen. »Drei Tage. Dann fahre ich nach Hause und sehe nach Joe und meiner Mutter.«
Kapitel 23
Washington, D.C.
»Das ist ein Irrenhaus.« Eve wandte sich vom Fenster ab, das mit Spitzengardinen verhängt war. »Das müssen Hunderte von Reportern sein, da draußen. Warum zum Teufel gehen die nicht anderen Leuten auf die Nerven?«
»Wir sind eine Riesenstory«, sagte Logan. »Noch größer als O. J. Simpson oder Whitewater. Größer als Clintons kleine Sünden. Am besten, Sie gewöhnen sich daran.«
»Ich will mich nicht daran gewöhnen.« Sie ging in der
Bibliothek des Senators auf und ab wie eine rastlose Tigerin. »Das geht jetzt schon fünf Tage so. Ich will nach Hause.
Ich will Joe sehen.«
»Ihre Mutter hat doch gesagt, dass es ihm von Tag zu
Tag besser geht.«
»Aber sie wollen mich nicht mit ihm reden lassen.« »Warum nicht?«
»Woher zum Teufel soll ich das wissen? Ich bin doch nicht da. « Sie blieb vor seinem Stuhl stehen, die Fäuste geballt.
»Ich sitze hier fest in diesem … Haus. Ich kann nicht vor die Tür gehen, ohne belästigt zu werden. Wir konnten noch nicht mal an den Beerdigungen von Gil und Gary teilnehmen. Und das wird nicht aufhören, stimmt’s?«
Logan schüttelte den Kopf. »Ich habe versucht, Ihnen das klar zu machen. Von dem Augenblick an, als Detwil zusammenbrach und alles gestand, brach die Hölle los.«
Und sie steckten mittendrin, dachte Eve. Sie waren regelrecht Gefangene im Haus des Senators und sahen auf dem Fernseher zu, wie die Ereignisse eskalierten. Kevin Detwil gesteht, Chet Mobry wird als Präsident vereidigt, Lisa Chadbourne wird verhaftet.
»Es wird immer weitergehen«, sagte sie. »Ich komme mir vor wie in einem Aquarium. Wie soll ich arbeiten? Wie soll ich leben? Ich kann das nicht ertragen. «
»Irgendwann werden die Medien das Interesse verlieren. Wenn der Gerichtsprozess erst einmal vorbei ist, werden wir nur Nachrichten von gestern sein.«
»Das kann Jahre dauern. Ich werde Ihnen noch den Hals umdrehen, Logan.«
»Nein, das werden Sie nicht.« Er lächelte. »Dann hätten Sie niemanden mehr, der Ihr Elend teilt. In solchen Zeiten ist es wichtig, Gesellschaft zu haben.«
»Ich will Ihre Gesellschaft nicht. Ich will meine Mutter und Joe.«
»Sobald Sie zu ihnen gehen, werden sie auch im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Dann werden sie keinen Schritt mehr machen können, ohne von einer Kamera verfolgt zu werden. Dann haben sie auch kein Privatleben mehr. Glauben Sie, die Beziehung Ihrer Mutter mit ihrem neuen Freund wird einem solchen Druck standhalten? Was ist mit Joe Quinn? Wie wird die Polizei von Atlanta auf einen Detective reagieren, der keine zwei Schritte machen kann, ohne im Fernsehen zu erscheinen? Was ist mit seiner Ehe? Wie wird seine Frau –«
»Es reicht, Logan.«
»Ich versuche nur, offen und ehrlich mit Ihnen zu reden. Sie sind diejenige, die immer von mir verlangt hat, ehrlich zu sein.«
»Sie haben gewusst, dass es so kommen würde.«
»Über die Reaktion der Medien habe ich nicht nachgedacht. Das hätte ich wahrscheinlich tun sollen, aber ich war nur darauf fixiert, ihr das Handwerk zu legen. Das schien mir das einzig Wichtige zu sein.«
Er sagte die Wahrheit. Sie wünschte, es wäre nicht so. Sie war so frustriert, sie brauchte jemanden, dem sie die Schuld geben konnte.
Ruhig
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