Das verlorene Gesicht
fügte er hinzu: »Und ich glaube, am Ende war es auch für Sie das einzig Wichtige.«
»Ja.« Sie trat wieder ans Fenster. »Aber das ist zu viel. Wir haben ihr das Handwerk gelegt und jetzt stecken wir mit im Schlamassel.«
»Ich werde Sie nicht im Stich lassen.« Plötzlich stand er neben ihr, seine Hände lagen auf ihren Schultern. »Nicht, wenn Sie mich Ihnen helfen lassen, Eve.«
»Können Sie mir mein Leben zurückgeben?«
»Das habe ich vor. Es könnte allerdings ein bisschen Zeit brauchen.« Er massierte ihre angespannten Schultermuskeln. Dann beugte er sich vor und flüsterte ihr ins Ohr: »Sie sind zu angespannt. Ich glaube, Sie sind urlaubsreif.«
»Ich brauche Arbeit.«
»Vielleicht können wir beides miteinander verbinden. Wussten Sie, dass ich ein Haus auf einer Insel südlich von Tahiti besitze? Es liegt ganz einsam und ist hervorragend gesichert. Ich fahre dorthin, wenn ich mich aus irgendeinem Grund verstecken muss.«
»Was sagen Sie da?«
»Ich sage, dass Sie sich verstecken müssen, genauso wie ich. Ein Journalist, der uns dort aufspüren wollte, müsste schon äußerst unternehmungslustig sein.« Dann fügte er barsch hinzu: »Und sehen Sie sich bloß an. Sie sind durch die Hölle gegangen und in erster Linie bin ich schuld daran. Lassen Sie mich versuchen, das wieder gutzumachen. Sie müssen sich ausruhen und erholen. Es ist todlangweilig auf der Insel. Nichts zu tun außer am Strand spazieren gehen, lesen, Musik hören.«
Das klang überhaupt nicht langweilig. Es klang wie die Erlösung. Langsam drehte sie sich um. »Könnte ich dort arbeiten?«
Er verzog das Gesicht. »Mit dieser Frage hätte ich rechnen müssen. Ich werde Ihnen ein Labor einrichten lassen. Diesmal wird Margaret es richtig machen.«
»Werden sie uns gehen lassen?«
»Die Justizbehörden? Da sehe ich keine Schwierigkeiten, solange sie wissen, wo wir uns aufhalten und dass wir nicht vorhaben, auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Das Letzte, was sie wollen, sind Lecks oder Aussagen, die von den Medien ausgeschlachtet werden.«
»Wann könnten wir abreisen?«
»Ich werde mich erkundigen, aber wahrscheinlich Anfang der Woche.«
»Und ich könnte dort bleiben, bis ich als Zeugin gebraucht werde?«
»Solange Sie wollen.«
Sie schaute durch das Fenster auf die Reportermeute auf der anderen Straßenseite. Sie wirkten gierig und sie wusste, dass sie nie genug bekommen würden. Einige von ihnen waren wahrscheinlich ganz nett, aber nach Bonnies Verschwinden war es hin und wieder vorgekommen, dass ein Reporter absichtlich etwas Verletzendes gesagt hatte, damit sie den Schmerz in ihrem Gesicht auf Fotos bannen konnten. Das würde sie nicht noch einmal durchstehen.
»Werden Sie es tun?«, fragte Logan.
Sie nickte langsam.
»Gut. Und es macht Ihnen nichts aus, wenn ich auch mitkomme? Sie sind nicht die Einzige, die Erholung braucht. Es ist eine große Plantage und ich verspreche, ich werde Ihnen nicht auf die Nerven gehen.«
»Es macht mir nichts aus.« Frieden. Sonne. Arbeit. Nichts würde ihr etwas ausmachen, wenn sie nur dieser Hölle entkommen konnte. »Wenn ich erst mal anfange zu arbeiten, werde ich Sie wahrscheinlich gar nicht mehr bemerken.«
»Oh, das denke ich doch. Hin und wieder werden Sie auftauchen müssen und wir werden ziemlich isoliert sein.« Er ging auf die Tür zu. »Es wird Ihnen schwer fallen, mich nicht zu bemerken.«
»Zehn Minuten.« Die Oberschwester zog die Brauen zusammen, als sie über Eves Kopf hinweg zu der Horde von Reportern hinüberschaute, die von den Sicherheitsleuten des Krankenhauses zurückgehalten wurden. »Wir können so viel Aufregung nicht dulden. Wir hatten schon genug Schwierigkeiten, die Medien von Mr Quinn fern zu halten. Er ist ein kranker Mann.«
»Ich werde ihn nicht stören. Ich möchte ihn nur sehen.« »Ich halte Ihnen die Reporter vom Hals«, sagte Logan.
»Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie wollen.« »Danke, Logan.«
»Und da wir nun schon zusammen auf eine Wüsteninsel
fahren, glauben Sie, Sie könnten sich dazu überreden lassen, mich John zu nennen?«
»Das ist keine Wüsteninsel, sondern eine Tropeninsel, und ich glaube, im Moment kann ich mich nicht an einen anderen Namen gewöhnen.«
»Zehn Minuten«, wiederholte die Schwester. »Zimmer 402.«
Joe saß aufrecht im Bett und sie blieb in der Tür stehen, um ihn anzusehen.
»Ich hatte nicht erwartet … Du siehst … wunderbar aus. Seit wann kannst du wieder sitzen?«
Er machte ein verärgertes Gesicht. »Das wüsstest du,
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