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Das verlorene Ich

Das verlorene Ich

Titel: Das verlorene Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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den schmalen Spalt zwischen Türblatt und Zarge sehen, oder wenigstens etwas wie seinen Schatten.
    Wenn der andere genau unter dem Türstock stand, wollte Landers die Tür zuwerfen, um den anderen damit zu treffen. Dann konnte er sich auf ihn werfen, um ihm ein paar Fragen zu stellen.
    Doch soweit kam es nicht.
    Landers erschrak über das, was passierte, vielleicht mehr als der Fremde. Denn dem blieb kaum Zeit zu begreifen, wie ihm geschah. Während Hector Landers es mitansehen konnte. Mußte!
    Aus dem Nichts heraus baute sich ein flirrendes Gleißen auf. Grelle Lichtlanzen, wie von unsichtbaren Scheinwerfern herrührend, stachen durch die Luft, vereinigten sich auf dem Körper des Eindringlings - und durchbohrten ihn, als wären sie von echter Substanz!
    Das Licht spießte den Fremden auf und verbrannte ihn!
    Der Gestank verschmorten Fleisches wogte durch den Raum, Kleidungsstoff verkohlte zu schwarzer Asche.
    Und all das geschah binnen weniger Sekunden. So schnell, daß der Fremde kaum zum Schreien kam, weil seine Lungen längst verbrannt waren, ehe er sie mit Luft zum Schreien hätte füllen können.
    Schließlich lag ein schwarzes, stinkendes Bündel vor Hector Landers am Boden, kaum noch von der Größe eines Kleinkindes.
    Landers wußte, daß er entsetzt hätte sein müssen, zutiefst erschüttert. Aber was ihn einzig entsetzte, war die Gleichgültigkeit, mit der er auf den Toten - oder das, was von ihm übrig war - hinabstarrte.
    Der Tod des Mannes dagegen, die unerklärliche Art und Weise dieses Todes rührten ihn nicht. Im Gegenteil, als hätte er selbst ihn umgebracht, unternahm er alles Nötige, um Aufsehen zu vermeiden. Als erstes ging er deshalb zur Eingangstür, um sie zu schließen, bevor jemand einen Blick hereinwarf oder der Gestank des Toten hinauswehen konnte.
    Trotzdem - zu spät .
    »Monsieur Landers?«
    Landers sah überrascht auf.
    »Ja?«
    Ein schmalbrüstiger junger Mann stand zwei Schritte entfernt und sah ihn fragend über den Rand einer modischen Brille hinweg an. Landers vermutete in ihm einen Mitarbeiter einer benachbarten Firma hier.
    »Alles in Ordnung?« fragte der junge Mann.
    »Ja, sicher«, gab Landers zurück, bemühte sich um ein Lächeln und fügte hinzu: »Mir ist nur - etwas angebrannt.«
    »Ärgerlich, nicht?« meinte der andere.
    »Halb so wild«, winkte Landers ab und wollte die Tür endlich schließen, bevor der andere noch auf die Idee kam, ihm bei der Beseitigung des angeblichen Malheurs behilflich zu sein.
    »Sie sind doch Monsieur Landers, oder?« fragte der junge Mann weiter.
    »Ja, höchstpersönlich.«
    »Freut mich. Mein Name ist Maurice.« Er lächelte freundlich - und irgendwie ... seltsam.
    »Schön«, gab Landers zurück. Irgend etwas beunruhigte ihn. Nur - was?
    »Ist ein Tick von mir, wissen Sie?« fuhr Maurice fort.
    »Was?«
    »Mich vorzustellen, bevor ich -«
    Seine Hand verschwand so schnell unter seiner Jacke, daß Landers die Bewegung kaum verfolgen konnte. Wie hingezaubert lag der großkalibrige Revolver mit klobigem Schalldämpfer in der Faust des anderen.
    »- meine Opfer töte«, beendete Maurice lächelnd seinen Erklärung.
    Dann drückte er auch schon ab.
    Schrie auf.
    Und starb.
    *
    Hector Landers hatte sich reflexhaft zu Boden geworfen, noch bevor Maurice geschossen hatte. Die Kugel hätte ihn ohnedies verfehlt. Denn in dem Moment, da er abdrückte, bäumte der junge Bursche sich auf und verriß die Waffe.
    Sterbend vollführte Maurice einen irrsinnigen Tanz. Hin und her wurde sein Körper gerissen unter den Einschlägen unzähliger Schüsse, deren Lärm durch das Gebäude hämmerte. Blut sprenkelte die Wände ringsum mit abstrakten Mustern, Menschen schrien. Aber die Schüsse verklangen erst, als Maurice endlich, längst tot, wie eine Masse rohen Fleisches zu Boden fiel.
    Landers war währenddessen zurückgekrochen, wollte sich in Deckung bringen. Er verstand zwar nicht, was hier geschah, aber er ahnte die Gefahr, die ihm drohte.
    Aber er war zu langsam, und er wäre wohl auch dann nicht entwischt, wenn er schneller gewesen wäre.
    Ein Schatten fiel über ihn, und im gleichen Moment berührte etwas Glühendheißes seinen Nacken.
    Fast ohne sein bewußtes Zutun sah er aus seiner liegenden Haltung heraus auf. Die Gestalt, die vor ihm aufragte, schien ihm riesengroß. Und hätte er nicht gewußt, was sie eben mit diesem Maurice veranstaltet hatte, hätte sie in ihm gewiß Dinge ausgelöst, die in krassem Gegensatz zu Respekt und Bedrohlichkeit

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