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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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hereinkam. Sie stellte das Tablett auf einem Tisch vor ihnen ab und zog sich dann auf eine Bank in der Ecke des Zimmers zurück.
    »Sei unbesorgt«, sagte Simeon, als er sah, dass Pelletier über die Mithörerin irritiert war. »Esther ist mit mir aus Chartres gekommen. Sie spricht Hebräisch und nur wenige Worte Französisch. Deine Sprache versteht sie gar nicht.«
    »Nun gut.« Pelletier zog Harifs Brief hervor und reichte ihn Simeon.
    »Ich habe an Shavuot vor einem Monat auch einen solchen Brief erhalten«, sagte Simeon, nachdem er ihn gelesen hatte. »Darin stand, dass du zu mir kommen würdest, obwohl ich zugeben muss, dass du länger gebraucht hast, als ich dachte.«
    »Dann sind die Bücher also noch in deinem Besitz, Simeon? Hier im Haus? Wir müssen sie wegbringen.«
    Heftiges Hämmern an der Tür zerriss die Ruhe des Raumes. Sofort sprang Esther auf, mit Unruhe in den mandelförmigen Augen. Auf ein Zeichen von Simeon hin eilte sie hinaus in den Gang.
    »Du hast die Bücher doch noch?«, wiederholte Pelletier jetzt drängender, denn der Ausdruck in Simeons Gesicht machte ihm Angst. »Sie sind doch nicht etwa verloren?«
    »Nicht verloren, mein Freund«, setzte Simeon an, wurde jedoch von Esther unterbrochen.
    »Herr, da ist eine Frau, die um Einlass bittet.« Die hebräischen Worte sprudelten so schnell aus ihrem Mund, dass Pelletier, dessen Ohren nicht mehr an die fremdartigen Laute gewöhnt waren, kein Wort verstand.
    »Was für eine Frau?«
    Esther schüttelte den Kopf. »Ich kenne sie nicht, Herr. Sie sagt, sie muss Euren Gast sprechen, Intendant Pelletier.«
    Aller Augen blickten zur Tür, als im Gang Schritte erklangen. »Du hast sie allein gelassen, ohne die Tür zu schließen?«, sagte Simeon beunruhigt zu Esther und erhob sich.
    Auch Pelletier sprang auf. Er blinzelte, wollte seinen Augen nicht trauen. Sogar sein Auftrag war völlig vergessen, als er Alaïs anstarrte, die an der Tür stehen geblieben war. Ihr Gesicht war gerötet, und ihre wachen braunen Augen blitzten vor schlechtem Gewissen und Entschlossenheit.
    »Verzeiht mir, dass ich einfach so eingetreten bin«, sagte sie, während sie den Blick von ihrem Vater zu Simeon und wieder zurück schweifen ließ, »aber ich glaubte, Eure Dienerin würde mich nicht einlassen.« Mit zwei Schritten war Pelletier bei ihr und schloss sie in die Arme.
    »Seid nicht böse, dass ich Euch ungehorsam war«, sagte sie etwas kleinlauter. »Ich musste einfach kommen.«
    »Und dieses bezaubernde Wesen ist ...«, sagte Simeon.
    Pelletier nahm Alaïs an der Hand und führte sie in die Mitte des Zimmers. »Selbstverständlich. Wie unachtsam von mir. Simeon, darf ich dir meine Tochter vorstellen, Alaïs , obwohl ich dir nicht sagen kann, wie oder warum sie hier nach Besiers gekommen ist!« Alaïs neigte den Kopf. »Und das ist mein bester, mein ältester Freund, Simeon aus Chartres, und ehedem aus der Heiligen Stadt Jerusalem.«
    Auf Simeons Gesicht lag ein Lächeln. »Bertrands Tochter. Alaïs .« Er nahm ihre Hände. »Seid mir von ganzem Herzen willkommen.«

Kapitel 28
     
    W ollt Ihr mir von Eurer Freundschaft erzählen?«, sagte Alaïs , sobald sie auf der Liege neben ihrem Vater saß. Sie sah Simeon an. »Ich habe ihn schon einmal gefragt, doch er war nicht gewillt, sich mir anzuvertrauen.«
    Simeon war älter, als sie gedacht hatte. Seine Schultern waren gebeugt und sein Gesicht von zahllosen Falten durchzogen, die Spuren eines Lebens, das ebenso viel Leid und Trauer erlitten wie Glück und Lachen erlebt haben musste. Er hatte buschige Brauen, und die blitzenden Augen zeugten von wacher Intelligenz. Das lockige Haar war beinahe grau, doch der lange, parfümierte und geölte Bart noch immer so schwarz wie ein Rabenflügel. Jetzt verstand sie, wieso ihr Vater befürchtet hatte, der Mann im Fluss könnte sein Freund sein.
    Unauffällig schaute Alaïs nach unten auf seine Hände und empfand ein zufriedenes Gefühl der Bestätigung. Sie hatte richtig vermutet. An Simeons linkem Daumen steckte ein Ring wie der, den ihr Vater trug.
    »Los, Bertrand«, sagte Simeon jetzt. »Sie hat sich die Geschichte verdient. Schließlich hat sie einen weiten Ritt auf sich genommen, um sie zu hören!«
    Alaïs spürte, wie ihr Vater neben ihr erstarrte. Sie schielte zu ihm hinüber. Sein Mund war eine dünne, gerade Linie.
    Jetzt begreift er erst, was ich getan habe, und ist wütend.
    »Du bist doch wohl nicht ohne Eskorte von Carcassona bis hierher geritten?«, fragte er. »So

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