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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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begleitet.
    »Wer?«
    »Er ist schon öfter bei ihr gesehen worden, aber keiner wusste, wie er heißt.«
    Nachdem er Braissart weggeschickt hatte, ging Authié den Berg hinab. Das Haus stand fast am Ende der Straße auf der linken Seite. Die Tür war abgeschlossen und die Fensterläden zugeklappt, aber irgendwie spürte man, dass es erst kürzlich verlassen worden war.
    Er ging ein Stück weiter, bog dann links in die Rue Barbarcane und folgte ihr bis zur Place Saint-Gimer. Einige wenige Anwohner saßen vor ihren Häusern und blickten auf die auf dem Platz stehenden Autos. Ein paar Jungen mit nackten, sonnengebräunten Oberkörpern lümmelten sich auf ihren Fahrrädern vor der Treppe zur Kirche. Authié achtete nicht auf sie. Er ging zügig die geteerte Zufahrtsstraße entlang, die hinter den ersten Häusern und Gärten der Rue de la Gaffe verlief. Dann stieg er rechts einen schmalen Trampelpfad hoch, der sich unterhalb der Cite-Mauern am grasbewachsenen Hang entlangschlängelte.
    Kurz darauf stand Authié vor dem Grundstück von Jeanne Gi raud. Die Mauern waren in demselben Pudergelb gestrichen wie die Vorderseite. Ein kleines, unverschlossenes Holztor führte in einen gepflasterten Hinterhof. Üppige Feigen, beinahe schwarz vor Reife, hingen an einem ausladenden Baum, der den größten Teil der Terrasse vor den Augen der Nachbarn schützte. Die Terrakottafliesen hatten lila Flecken, wo die überreifen Früchte herabgefallen und zerplatzt waren.
    Unter einer mit Wein bewachsenen Holzpergola war eine doppelte Terrassentür eingepasst. Authié spähte hindurch und sah, dass der Schlüssel von innen steckte, aber die Tür war nicht nur abgeschlossen, sondern auch oben und unten zusätzlich verriegelt. Da er keine Spuren hinterlassen wollte, sah er sich nach einer anderen Einstiegsmöglichkeit um.
    Neben der Terrassentür befand sich ein kleines, zweigeteiltes Küchenfenster, das oben auf Kipp stand. Authié zog die Latexhandschuhe an, schob den Arm durch den Fensterspalt und nestelte so lange an dem altmodischen Mechanismus herum, bis er die Arretierung gelöst hatte. Die Angeln waren eingerostet und quietschten, al» er das Fensterchen aufschob, um nach unten zu fassen und den Hebel des unteren Fensters hochzuziehen.
    Der Geruch von Oliven und Sauerbrot empfing ihn, als er in die kühle Vorratskammer kletterte. Über dem Käsebrett war eine Schutzhaube aus Drahtgeflecht. Die Regale enthielten Flaschen, Eingemachtes, Marmeladen und Senf. Auf dem Tisch in der angrenzenden Küche lag ein hölzernes Hackbrett mit einem weißen Geschirrtuch, das über ein paar alte Baguette-Krümel gebreitet war. Im Spülbecken stand ein Durchschlag mit fast überreifen Aprikosen, die darauf warteten, gewaschen zu werden, und auf dem Abtropfgitter zwei umgedrehte Gläser. Authié ging weiter ins Wohnzimmer. In der Ecke stand ein Schreibtisch mit einer altmodischen elektrischen Schreibmaschine darauf. Er drückte den Ein-Aus-Schalter, und das Gerät erwachte summend zum Leben. Er spannte ein Blatt Papier ein und tippte ein paar Buchstaben, die in tiefschwarzen Reihen auf dem Blatt erschienen.
    Er schob die Maschine zur Seite und ging die Ablagefächer dahinter durch. Jeanne Giraud war eine ordentliche Frau, und alles war säuberlich beschriftet und abgelegt: Rechnungen im ersten Fach, persönliche Briefe im zweiten, Renten- und Versicherungsunterlagen im dritten, Prospekte und verschiedene Rundschreiben im letzten.
    Nichts davon weckte sein Interesse. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf die Schubladen. In den ersten beiden stieß er auf das übliche Büromaterial: Stifte, Büroklammern, Umschläge, Briefmarken und Stapel DIN-A4-Blätter. Die unterste Schublade war abgeschlossen. Authié nahm einen Brieföffner, schob die Klinge behutsam und gekonnt in den Spalt zwischen Schublade und Rahmen und knackte das Schloss.
    Drinnen befand sich nur ein kleiner, wattierter Umschlag. Groß genug für den Ring, aber nicht für das Buch. Er war in der Ariege abgestempelt worden: 18.20, 4. Juli 2005.
    Authié schob die Finger hinein. Der Umschlag war leer bis auf die Kopie des Lieferscheins, der bestätigte, dass Madame Giraud das Päckchen um acht Uhr zwanzig in Empfang genommen hatte. Er passte zu dem Zettel, den Domingo ihm gegeben hatte.
    Authié schob ihn in die Innentasche seines Jacketts.
    Der Schein war zwar kein unwiderlegbarer Beweis dafür, dass Biau den Ring an sich genommen und dann seiner Großmutter geschickt hatte, aber er legte die

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