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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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gestorben: die Verletzungen, Blutverlust und möglicherweise auch Unterernährung.«
    »Er glaubt, sie waren noch am Leben, als sie in der Höhle eingeschlossen wurden?«
    Authié zuckte die Achseln, doch sie bemerkte ein interessiertes Flackern in seinen Augen. Marie-Cecile nahm eine Zigarette aus ihrem Etui und drehte sie einen Moment nachdenklich zwischen den Fingern. »Was ist mit den Gegenständen, die zwischen den Skeletten gefunden wurden?«, sagte sie und beugte sich vor, damit er ihr Feuer geben konnte.
    »Auch das ist nur unter Vorbehalt, aber der Anthropologe schätzt, dass sie aus dem späten 12. bis Mitte 13. Jahrhundert stammen. Die Lampe auf dem Altar könnte etwas älter sein und ist arabischer Herkunft, möglicherweise aus Spanien, aber wahrscheinlich doch von weiter weg. Das Messer war ein herkömmliches Essmesser, für Fleisch und Obst. An der Klinge waren Blutspuren nachweisbar. Tests werden feststellen, ob es sich um tierisches oder menschliches Blut handelt. Der Beutel war aus Leder, hier aus der Gegend und typisch für das Languedoc jener Zeit. Nichts deutet darauf hin, ob irgendwas drin war und, wenn ja, was. Allerdings fanden sich im Innern Metallpartikel und in den Nähten Spuren von Schafsleder.«
    Marie-Cecile hielt ihre Stimme so ruhig wie möglich. »Was noch?« »Die Frau, die die Höhle entdeckt hat, eine gewisse Dr. Tanner, hat eine große Fibel aus Kupfer und Silber gefunden. Sie steckte unter dem Felsen vor dem Höhleneingang. Der Anthropologe hat auch die Fibel auf den fraglichen Zeitraum datiert und glaubt, dass sie aus der Gegend stammt, möglicherweise aus Aragon. In dem Umschlag befindet sich auch ein Foto davon.« Marie-Cecile winkte ab. »Eine Fibel interessiert mich nicht, Paul«, sagte sie. Sie blies einen dünnen Rauchstrahl in die Luft, der sich zur Decke kringelte. »Was mich dagegen interessiert, ist die Frage, wieso Sie das Buch nicht gefunden haben.«
    Sie sah, wie sich seine langen Finger um die Sessellehnen schlossen.
    »Wir haben keinen Beweis dafür, dass das Buch tatsächlich da war«, sagte er seelenruhig. »Obwohl ein Buch von der Größe, wie Sie es suchen, ohne weiteres in den Lederbeutel gepasst hätte.« »Und was ist mit dem Ring? Bezweifeln Sie auch, dass der da war?«
    Wieder ließ er sich nicht von ihr aus der Reserve locken. »Im Gegenteil, ich bin sicher, dass der Ring da war.«
    »Und?«
    »Er war da, doch irgendwann in dem Zeitraum zwischen der Entdeckung der Höhle und vor meinem Eintreffen zusammen mit der Polizei wurde er entwendet.«
    »Aber auch dafür haben Sie keine Beweise«, sagte sie, jetzt mit schneidender Stimme. »Von dem Ring fehlte also auch jede Spur.«
    Marie-Cecile sah zu, wie Authié ein Blatt Papier aus seiner Jacketttasche zog. »Dr. Tanner war überaus nachdrücklich, was den Ring angeht, sie hat sogar diese Zeichnung hier angefertigt«, sagte er und reichte ihr das Blatt. »Es ist eine grobe Darstellung, zugegeben, aber sie passt doch recht gut zu der Beschreibung, die ich von Ihnen bekommen habe. Finden Sie nicht auch?«
    Sie nahm ihm die Zeichnung aus der Hand. Größe, Form und Proportion waren zwar nicht identisch, aber entsprachen doch weitestgehend dem Diagram m des Labyrinth-Ringes, den Ma rie-Cecile in ihrem Safe in Chartres aufbewahrte. Seit achthundert Jahren hatte ihn niemand außerhalb der Familie de l'Ora dore gesehen. Er musste echt sein.
    »Eine richtige Künstlerin«, murmelte Marie-Cecile. »Ist das die einzige Zeichnung, die sie gemacht hat?«
    Seine grauen Augen blickten ruhig und unverwandt in ihre. »Es gibt noch andere, aber die hier erscheint mir am interessantesten.«
    »Das sollten Sie doch lieber mich beurteilen lassen«, sagte sie leise.
    »Madame de l'Oradore, ich habe leider nur diese eine mitgenommen. Die anderen erschienen mir unbedeutend.« Authié hob entschuldigend die Schultern. »Außerdem hat Inspektor Noubel, der Leiter der Ermittlungen, schon ziemlich argwöhnisch auf mein Interesse reagiert.«
    »Das nächste Mal ...«, begann sie, sprach aber nicht weiter. Sie drückte ihre Zigarette so kräftig aus, dass der Tabak fächerförmig herausquoll. »Sie haben Dr. Tanners Sachen durchsucht, vermute ich?«
    Er nickte. »Der Ring war nicht da.«
    »Er ist klein. Sie könnte ihn problemlos irgendwo versteckt haben.«
    »Theoretisch ja«, pflichtete er ihr bei, »aber ich glaube nicht, dass sie das getan hat. Wenn sie ihn gestohlen hat, wieso sollte sie ihn dann überhaupt erwähnen? Außerdem«

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