Das Verlorene Labyrinth
flackerte Verzweiflung.
»Sie lügt. Ich schwöre bei meinem Leben, dass mir das Buch völlig gleichgültig ist. Ich habe ihr nichts erzählt. Wie könnte ich?« »Er hat das Zimmer durchsucht, während du schliefst. Auch wenn er es jetzt leugnen will.«
»Das ist nicht wahr!«, schrie er.
Alaïs sah ihn an. »Aber Ihr wusstet, dass es so ein Buch gibt?« Die Bestürzung in seinem Blick gab ihr die Antwort, die sie fürchtete.
»Sie wollte mich erpressen, damit ich ihr helfe, aber ich habe mich geweigert.« Seine Stimme brach. » Alaïs , ich habe mich geweigert.«
»Welche Macht hatte sie über Euch, dass sie überhaupt so eine Forderung stellen konnte?«, fragte sie leise, fast flüsternd. Guilhem streckte die Hand nach ihr aus, aber sie wich von ihm zurück.
Selbst jetzt wünschte ich, dass er es abstreitet.
Er ließ seine Hand sinken. »Früher, ja, ich ... Verzeiht mir.« »Für Reue ist es ein bisschen spät.«
Alaïs achtete nicht auf Oriane. »Liebt Ihr sie?«
Guilhem schüttelte den Kopf. »Seht Ihr denn nicht, was sie erreichen will, Alaïs ? Sie versucht, Euch gegen mich aufzubringen.« Alaïs war fassungslos, dass er noch immer hoffte, sie könnte ihm je wieder vertrauen.
Er streckte ihr seine Hand hin. »Bitte, Alaïs «, flehte er. »Ich liebe Euch.«
»Das reicht jetzt«, sagte Oriane und trat zu Alaïs . »Wo ist das Buch?«
»Ich habe es nicht.«
»Wer dann?«, fragte Oriane mit drohender Stimme.
Alaïs ließ sich nicht einscjjüchtern. »Warum willst du es haben? Was ist daran so wichtig für dich?«
»Sag es mir einfach«, herrschte Oriane sie an, »dann ist die Sache ein für alle Mal erledigt.«
»Und wenn ich es dir nicht sage?«
»Es ist so leicht, krank zu werden«, sagte sie. »Du hast unseren Vater gepflegt. Vielleicht steckt die Krankheit schon in dir.« Sie wandte sich Guilhem zu. »Ihr versteht, was ich sagen will, Guilhem? Falls Ihr Euch gegen mich wendet.«
»Ich werde nicht zulassen, dass Ihr Alaïs ein Leid zufügt!« Oriane lachte. »Ihr solltet mir lieber nicht drohen, Guilhem. Ich habe genug Beweise für Euren Verrat, um Euch an den Galgen zu bringen.«
»Beweise, die Ihr selbst erfunden habt«, tobte er. »Vicomte Trencavel wird Euch nicht glauben.«
»Ihr unterschätzt mich, Guilhem, wenn Ihr denkt, ich hätte noch Raum für irgendwelche Zweifel gelassen. Wollt Ihr das riskieren?« Sie wandte sich wieder Alaïs zu. »Sag mir, wo du das Buch versteckt hast, oder ich gehe zum Vicomte.«
Alaïs schluckte trocken. Was hatte Guilhem getan? Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Trotz ihres Zorns brachte sie es nicht fertig, ihn zu gefährden.
»François«, sagte sie. »Unser Vater hat das Buch François gegeben.«
Ein verwunderter Ausdruck huschte über Orianes Gesicht und verschwand genauso schnell wieder, wie er gekommen war.
»Na schön. Aber ich warne dich, Schwester, wenn du lügst, wirst du das noch bereuen.« Sie drehte sich um und ging zur Tür. »Wo willst du hin?«
»Meinem Vater die Ehre erweisen, wohin sonst? Doch zuvor werde ich dich noch sicher in dein Gemach geleiten.«
Alaïs hob den Kopf und sah ihrer Schwester in die Augen. »Das ist nicht nötig.«
»Und ob das nötig ist. Sollte François mir nicht helfen können, möchte ich noch einmal mit dir sprechen.«
Guilhem griff nach Alaïs. »Sie lügt. Ich habe nichts Falsches getan.«
»Was Ihr getan habt oder nicht getan habt, Guilhem, geht mich nichts mehr an«, sagte sie. »Ihr wusstet, was Ihr tatet, als Ihr das Lager mit ihr teiltet. Und jetzt lasst mich einfach in Frieden.« Hoch erhobenen Hauptes ging Alaïs über den Gang in ihr Gemach, gefolgt von Oriane und Guilhem.
»Ich komme gleich zurück. Sobald ich mit François gesprochen habe.«
»Wie du möchtest.«
Oriane schloss die Tür. Augenblicke später drehte sich der Schlüssel im Schloss, wie Alaïs befürchtet hatte.
Und sie hörte Guilhem, der Oriane Vorhaltungen machte.
Sie hielt sich die Ohren zu. Sie versuchte die quälenden, eifersüchtigen Bilder aus ihren Gedanken zu verdrängen. Doch es gelang ihr nicht. Immer wieder sah sie Guilhem und Oriane eng umschlungen, stellte sich vor, wie Guilhem ihrer Schwester all die zärtlichen Worte zuraunte, die er zu ihr gesagt hatte, Kostbarkeiten, die sie in ihrem Herzen bewahrt hatte.
Alaïs drückte ihre zitternde Hand auf die Brust. Sie konnte ihr Herz spüren, das laut gegen die Rippen pochte, verwirrt und verraten. Sie schluckte mühsam.
Denk nicht an dich.
Sie
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