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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Und diese Hoffnung und innere Kraft färbten ein wenig auf die Zuhörer ab.
    Die Gründe für den unvermuteten Meinungsumschwung des Abtes waren fraglich. Die Kreuzfahrer hatten bislang keinen nennenswerten Erfolg errungen, aber die Belagerung dauerte auch erst etwas über eine Woche, und das war so gut wie nichts. Spielten die Beweggründe des Abtes eine Rolle? Vicomte Trencavel meinte nein.
    Guilhem hörte ihm kaum zu. Er war in einem Netz gefangen, das er sich selbst gestrickt hatte, und er sah keinen Ausweg, weder durch Worte noch durch das Schwert. Er lebte auf des Messers Schneide. Seit fünf Tagen wurde Alaïs vermisst. Guilhem hatte in der Cité unauffällig nach ihr suchen lassen und das Château Comtal persönlich durchkämmt, aber er hatte noch immer keine Ahnung, wo Oriane ihre Gefangene festhielt. Durch seine eigene Untreue hatte er sich in diese missliche Lage gebracht. Und ihm war zu spät klar geworden, wie gut Oriane den Boden bereitet hatte. Wenn er nicht tat, was sie wollte, würde er als Verräter beschuldigt werden, und Alaïs müsste leiden.
    »Nun, meine Freunde«, schloss Trencavel gerade. »Wer von Euch wird mich auf diesem Ritt begleiten?«
    Guilhem spürte Orianes spitzen Finger im Rücken. Ohne zu überlegen, trat er vor. Er kniete nieder, eine Hand auf dem Heft seines Schwertes, und bot seine Dienste an. Als Raymond-Roger dankbar seine Schulter umfasste, glühte Guilhems Gesicht vor Scham.
    »Unser Dank ist Euch gewiss, Guilhem. Und wer tut es Euch gleich?«
    Sechs weitere chevaliers traten neben Guilhem. Oriane schlüpfte zwischen ihnen hindurch und verbeugte sich vor dem Vicomte. »Messire, mit Eurer Erlaubnis.«
    Congost hatte seine Frau zwischen den vielen Männern gar nicht bemerkt. Er lief rot an und fuchtelte empört mit den Händen, als wollte er Krähen von einem Feld verscheuchen.
    »Zieht Euch zurück«, stammelte er mit schriller Stimme. »Ihr habt hier nichts zu suchen.«
    Oriane achtete gar nicht auf ihn. Trencavel hob eine Hand und winkte sie näher zu sich. »Was wünscht Ihr zu sagen, Dame Oriane?«
    »Verzeiht, Messire, ehrenwerte chevaliers, Freunde ... mein Gemahl. Mit Eurer Erlaubnis und Gottes Segen möchte auch ich Euch begleiten. Ich habe einen Vater verloren und nun auch, wie es scheint, eine Schwester. So viel Kummer ist schwer zu ertragen. Aber wenn mein Gemahl es erlaubt, würde ich gern mitkommen, um meinen Verlust zu verschmerzen und meine Liebe zu Euch, Messire, zu beweisen. Ich weiß, es wäre der Wunsch meines Vaters.«
    Congost wirkte, als wäre es sein sehnlichster Wunsch, dass die Erde sich auftäte und ihn verschlänge. Guilhem starrte zu Boden. Vicomte Trencavel konnte seine Überraschung nicht verhehlen.
    »Mit Verlaub, Dame Oriane, das gehört nicht zu den Pflichten einer Frau.« »Dann biete ich mich freiwillig als Geisel an, Messire. Meine Anwesenheit wird Eure guten Absichten beweisen und vor allem deutlich machen, dass Carcassona sich an die Gepflogenheiten der Verhandlungen halten wird.«
    Trencavel überlegte einen Moment, dann drehte er sich zu Congost um. »Sie ist Eure Gemahlin. Könnt Ihr sie für unsere Sache entbehren?«
    Jehan stotterte und rieb sich die schwitzigen Hände an der Tunika. Er wollte seine Erlaubnis verweigern, aber es war unübersehbar, dass Orianes Vorschlag bei dem Vicomte auf ein wohlwollendes Ohr gestoßen war.
    »Meine Wünsche sind nur die Diener der Euren«, stammelte er. Trencavel bat Oriane, sich zu erheben. »Euer verstorbener Vater, mein hochgeschätzter Freund, wäre stolz auf das, was Ihr heute tut.«
    Oriane sah ihn unter dunklen Wimpern hinweg an. »Und mit Eurer Erlaubnis möchte ich gern François mitnehmen. Auch er, der er wie wir alle um meinen edlen Vater trauert, wäre dankbar für die Gelegenheit, Euch zu dienen.«
    Guilhem spürte, wie ihm die Galle in die Kehle stieg. Er wollte nicht glauben, dass sich die Anwesenden von Orianes gespielter Tochterliebe hinters Licht führen ließen, aber so war es. Bewunderung lag auf allen Gesichtern, nur nicht auf dem ihres Gemahls. Guilhem verzog das Gesicht. Nur er und Congost kannten Orianes wahre Natur. Alle anderen ließen sich von ihrer Schönheit bezaubern, von ihren sanften Worten. So wie einst auch er.
    Zutiefst angewidert blickte Guilhem zum Rand der Versammlung hinüber, wo François stand, unbeteiligt, sein Gesicht eine vollkommene Maske.
    »Wenn Ihr glaubt, dass es unserer Sache hilft«, erwiderte Vicomte Trencavel, »dann habt Ihr meine

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