Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
Vom Netzwerk:
Uneinigkeit oder Widerstand oder Einwände gegen die Autorität des Vicomte. Er sah jedoch nichts, was ihm ernsthaft Anlass zur Sorge gab. Sein Seigneur, davon war er überzeugt, hatte genug getan, um alle an sich zu binden, und die Herren des Pays d'Oc würden sich ohne Rücksicht auf ihre jeweiligen Interessen um Vicomte Trencavel scharen, zu welcher Entscheidung er auch letztlich gelangen würde.
    Die Schlachtlinien verliefen eher nach geographischen als nach ideologischen Vorgaben. Diejenigen, deren Ländereien in den ungeschützteren Ebenen lagen, wollten auf die Kraft von Verhandlungen setzen. Diejenigen, deren Herrschaftsgebiet im Hochland der Montagne Noire im Norden lag oder in den Sabarthès - Bergen und den Pyrenäen, waren entschlossen, dem Kreuzheer Widerstand zu leisten. Pelletier wusste, dass das Herz von Vicomte Trencavel für Letztere schlug. Er war aus dem gleichen Holz geschnitzt wie die Herren aus den Bergen und teilte ihren unbändigen Freiheitsdrang.
    Doch Pelletier wusste auch, was Trencavels Kopf ihm sagte: Er konnte nur dann Schaden von seinem Land abwenden und sein Volk schützen, wenn er seinen Stolz herunterschluckte und verhandelte.
     
    Am späten Nachmittag roch der Raum nach Enttäuschung und abgedroschenen Argumenten. Pelletier war müde. Diese Haarspaltereien, diese schönen Reden, die sich im Kreis drehten, ohne je zu einem Ergebnis zu kommen, hatten ihn zermürbt. Obendrein hatte er nun Kopfschmerzen. Er fühlte sich steif und alt, zu alt für solche endlosen Debatten, dachte er, während er den Ring drehte, den er immer am Daumen trug, und sich die schwielige Haut darunter bereits rötete.
    Es war an der Zeit, die Sache abzuschließen.
    Er ließ sich von einem Diener Wasser bringen, tunkte ein Stück Leinen in den Krug und reichte es dem Vicomte.
    »Hier, Messire«, sagte er.
    Dankbar nahm Trencavel das nasse Tuch und wischte sich damit über Stirn und Nacken.
    »Meint Ihr, wir haben ihnen lange genug Zeit gelassen?«
    »Das glaube ich, Messire«, antwortete Pelletier.
    Trencavel nickte. Er hatte die Hände fest auf die geschnitzten Holzlehnen seines Sessels gelegt und wirkte so ruhig wie am Anfang, als er aufgestanden war und zum Rat gesprochen hatte. Viele ältere, erfahrenere Männer hätten Mühe gehabt, eine derartige Versammlung zu leiten, dachte Pelletier. Sein starker Charakter verlieh ihm den Mut, das durchzustehen.
    »Bleibt es dabei, was wir zuvor besprochen haben, Messire?« »Es bleibt dabei«, entgegnete Trencavel. »Sie sind zwar nicht alle einer Meinung, doch ich denke, dass die Minderheit den Wünschen der Mehrheit folgen wird ... « Er verstummte, und zum ersten Mal schwang ein Anflug von Unsicherheit, Bedauern in seinen Worten mit. »Aber, Bertrand, ich wünschte, es gäbe einen anderen Weg.«
    »Ich weiß, Messire«, sagte Pelletier leise. »Mir geht es genauso. Aber auch wenn es uns noch so sehr kränkt, wir haben keine andere Wahl. Eure einzige Hoffnung, Euer Volk zu schützen, liegt darin, einen Waffenstillstand mit Eurem Onkel auszuhandeln.« »Er könnte sich weigern, mich zu empfangen, Bertrand«, sagte Trencavel ruhig. »Bei unserer letzten Begegnung habe ich Dinge gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen. Wir sind im Bösen auseinander gegangen.«
    Pelletier legte Trencavel eine Hand auf den Arm. »Das Risiko müssen wir eingehen«, sagte er, obwohl er die Sorge des Vicomte teilte. »Seitdem ist einige Zeit vergangen. Die Tatsachen sprechen für sich. Falls das Kreuzheer wirklich so groß ist, wie man sagt - oder auch nur halb so groß -, dann sehe ich keine andere Möglichkeit. Innerhalb der Cité sind wir sicher, aber Euer Volk außerhalb der Mauern ... Wer wird diese Menschen schützen? Nach der Entscheidung des Comte, das Kreuz zu nehmen, bleiben wir - bleibt Ihr, Messire - als einziges mögliches Ziel übrig. Das Kreuzheer wird sich jetzt nicht auflösen. Es braucht einen Feind, gegen den es kämpfen kann.«
    Pelletier blickte in Raymond-Rogers bekümmertes Gesicht und sah Bedauern und Trauer darin. Er hätte ihm gern Trost gespendet, etwas gesagt, irgendetwas, aber er konnte nicht. Jeder Mangel an Entschlusskraft wäre verhängnisvoll. Es durfte keine Schwäche aufkommen, kein Zweifel. Von der Entscheidung des Vicomte Trencavel hing mehr ab, als der junge Mann je erfahren würde.
    »Ihr habt alles getan, was Ihr tun könnt, Messire. Ihr müsst standhaft bleiben. Ihr müsst das hier beenden. Die Männer werden unruhig.«
    Trencavel blickte kurz

Weitere Kostenlose Bücher