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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Ärmeln, die unter den Armen weit geschnitten waren und sich nach unten zu einer rautenförmigen Spitze verjüngten. Sie schnallte sich einen dünnen Ledergürtel um die Taille, an dem sie einen Beutel mit Wegzehrung und ihre Winterjagdtasche, die borsa, befestigte.
    Dann zog sie ihre Jagdstiefel an, die ihr fast bis zu den Knien reichten, zog die Schnürriemen oben fest, sodass sie ein zweites Messer im Stiefel tragen konnte, und legte sich einen schlichten braunen Kapuzenmantel um.
    Als sie fertig angekleidet war, nahm sie ein paar wertvolle Edelsteine und etwas Schmuck aus ihrer Schatulle, darunter auch ihre Halskette aus Sonnenstein sowie den Ring und das Halsband aus Türkis. Vielleicht konnte sie sich damit wenn nötig die ungehinderte Durchreise oder Schutz erkaufen, vor allem sobald sie außerhalb des Gebietes von Vicomte Trencavel war. Schließlich, nachdem sie sich vergewissert hatte, auch nichts vergessen zu haben, holte sie ihr Schwert aus seinem Versteck unter dem Bett hervor, wo es seit ihrer Hochzeit unangetastet gelegen hatte. Alaïs hielt das Schwert fest in der rechten Hand und hob es vor das Gesicht, strich mit der flachen Hand über die Klinge. Es war noch immer gerade und lotrecht, obwohl es so lange nicht gepflegt worden war. Sie schnitt eine Acht in die Luft, machte sich wieder mit dem Gefühl des Schwertes in ihrer Hand vertraut. Sie lächelte. Es kam ihr so vor, als gehörte es dorthin.
     
    Alaïs huschte in die Küche und bat Jacques um Gerstenbrot, Feigen, gesalzenen Fisch, ein großes Stück Käse und eine Flasche Wein. Er gab ihr mehr, als sie brauchte, wie immer, und diesmal war sie sogar froh über seine Großzügigkeit.
    Sie weckte ihre Dienerin, Rixende, und flüsterte ihr zu, sie solle Dame Agnès bestellen, dass es Alaïs besser gehe und sie sich nach der Terz im Solar zu den Damen des Hofes gesellen würde. Rixende blickte verblüfft, sagte aber nichts weiter dazu. Alaïs verabscheute diesen Teil ihrer Pflichten und bat sooft wie möglich, davon entschuldigt zu werden. In Gesellschaft der Frauen fühlte sie sich eingesperrt, und das belanglose Geplauder bei der Handarbeit langweilte sie. Heute jedoch würde das der beste Beweis dafür sein, dass sie vorhatte, im Château zu bleiben.
    Alaïs hoffte, dass sie erst später vermisst werden würde. Wenn sie Glück hatte, würden sie ihr Fehlen erst bemerken, wenn die Vesperglocke schlug.
    Und dann bin ich schon weit weg.
    »Geh erst zu Dame Agnès, wenn sie das Fasten beendet hat, Rixende«, sagte sie. »Nicht ehe die ersten Sonnenstrahlen die Westmauer des Hofes treffen, hast du verstanden? Oc? Wenn vorher irgendjemand nach mir fragt - selbst der Diener meines Vaters -, sagst du, ich wäre ausgeritten, auf die Felder hinter Sant-Miquel.«
    Die Ställe lagen in der nordöstlichen Ecke des Hofes, zwischen dem Tour des Casernes und dem Tour du Major. Pferde stampften mit den Hufen, stellten die Ohren auf und wieherten leise, als sie näher kam, weil sie auf eine Sonderration Heu hofften. Alaïs blieb bei der ersten Box stehen und strich mit der Hand über die breite Nase ihrer alten grauen Stute. Stirn und Widerrist des Tieres waren mit struppigen weißen Haaren durchsetzt. »Heute nicht, meine Alte«, sagte sie, »das wäre zu anstrengend für dich.«
    Ihr anderes Pferd stand in der Nachbarbox. Die sechsjährige Araberstute Tatou war ein Uberraschungsgeschenk ihres Vaters zur Hochzeit gewesen. Sie war ein Fuchs und hatte die Farbe von Eicheln im Winter. Ihr Schwanz und ihre Mähne waren hell, die Fesseln flachsfarben, und auf allen vier Füßen hatte sie weiße Flecken. Tatous Widerrist reichte Alaïs bis zu den Schultern, und sie hatte den typisch flachen Kopf ihrer Rasse, einen kompakten Knochenbau, einen festen Rücken und ein gefügiges Temperament. Wichtiger war jedoch, dass sie Ausdauer und Schnelligkeit besaß.
    Zu Alaïs ' Erleichterung war nur Amiel im Stall, der älteste Sohn des Hufschmieds. Er schlief ganz hinten im Heu und sprang hastig auf, als er sie bemerkte, und schämte sich offensichtlich, im Schlaf ertappt worden zu sein.
    Alaïs fiel ihm ins Wort, als er sich entschuldigte.
    Amiel sah nach, ob die Hufe und Hufeisen der Stute in Ordnung waren, dann warf er dem Tier eine Satteldecke über und sattelte es auf Alaïs Bitte hin nicht mit einem Jagd-, sondern einem normalen Reitsattel. Schließlich zäumte er die Stute auf. Alaïs spürte die Anspannung in ihrer Brust. Bei jedem noch so leisen Geräusch im Hof zuckte sie

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