Das verlorene Land
Staaten, jedenfalls war ich das in meiner glorreichen Jugend. Stets zu Diensten. Und Sie haben da den Nagel auf den Kopf getroffen. Ganz offensichtlich sind Sie gut gebildet und welterfahren. Außerdem ein Pole, wenn ich mich da nicht irre. Ich habe mal mit einem Polen zusammengearbeitet. Botchenski hieß er. Ein Schiffsingenieur, vor allem aber ein Universalgenie. Hat sich besonders gern mit der Geschichte von Florenz im 15. Jahrhundert beschäftigt, was nebenbei bemerkt in Bezug auf den Punkt, den sie gerade angesprochen haben von direkter Relevanz ist. Niemand schert sich um uns bis auf unseren Auftraggeber, und ich kann Ihnen versichern, dass sein Interesse an unserem Wohlbefinden ausschließlich eigennützig motiviert ist. Falls wir versagen, werden wir ganz schnell ersetzt und vergessen. Es gibt also keinen Grund, uns nicht einfach unserer Wege gehen zu lassen, wenn Sie wieder in der Lage sind, sich selbstständig zu verteidigen.«
Milosz zog seine Hand mit einem reumütig verzerrten Gesicht zurück. Immerhin hatte dieser Rhino sie nicht so arg zerquetscht, wie er wohl gekonnt hätte.
»Wilson«, sagte er. »Wir sollten uns vielleicht nicht allzu sehr damit beeilen, diese beiden hier in die Kommandozentrale zu bringen, oder?«
Der Angesprochene schaute ihn misstrauisch an. »Und warum nicht, Fred? Ist doch schon schlimm genug, dass wir zugeben müssen, dass sie uns gerettet haben. Wenn wir sie jetzt einfach weiterziehen lassen, dann sieht das nicht gut für uns aus, ob sie es nun schaffen oder nicht.«
»Nicht wenn sie einfach verschwinden und wir kein Wort darüber verlieren«, sagte Milosz.
Die Engländerin reagierte ziemlich angespannt. »Niemand lässt uns verschwinden, damit das klar ist!« Sie nahm ihre MP in Anschlag.
»Ruhig«, sagt Wilson. »Nur keine Panik.«
Milosz war kurz verwirrt, bis ihm klarwurde, worum es ging. »Nein, nein«, sagte er hastig und fragte sich gleichzeitig, wie er sie wohl verschwinden lassen sollte, wenn er überhaupt die Absicht hätte. Die Einzige, die Feuerkraft besaß, war Gardener, aber es wäre sicherlich nicht ratsam, einen Luftangriff auf sich selbst anzufordern. »Ich meinte damit doch nicht, dass wir Sie verschwinden lassen, sondern dass wir Sie gehen lassen. Unter einer Bedingung.«
Der Rhino mit dem komischen Helm hob nun ebenfalls seine P-90 und richtete die Mündung seiner Waffe etwas mehr in Richtung Wilson und Milosz.
»Was für eine Bedingung soll das denn sein?«, fragte er.
»Ich glaube, bei den Amerikanern nennt man das ›ein Stück vom Kuchen abgeben‹«, sagte Milosz und war stolz darauf, sich an diesen umgangssprachlichen Ausdruck zu erinnern.
»Verdammt nochmal, Fred. Hör doch auf mit diesen blöden George-Clooney-Sprüchen«, protestierte Wilson.
»Nein, hör doch mal zu«, sagte Milosz. »Ich weiß nicht, wer dieser Clooney ist, vielleicht ja ein Freund von dir, aber hör mir jetzt mal zu. Wir sind letzte Nacht beinahe von diesen Piraten-Arschgeigen umgebracht worden, und wofür? Für einen Lohn, der kaum der Rede wert ist. Hundertvierzig neue Dollar, die wir nur bekommen, wenn wir es bis zu unserer Truppe zurück schaffen. Bitte vergeben Sie mir meine voreiligen Bemerkungen, Mr. Rhino A. Ross und, entschuldigen Sie bitte, Lady Baldwin?«
»Balwyn!«
»Bitte um Vergebung. Aber ich gehe mal davon aus, dass sie wesentlich mehr als hundertvierzig neue Dollar als Bezahlung erwarten, stimmt’s? Wenn wir Ihnen also bei der Durchführung Ihres Projekts helfen, würden wir dann auch von diesem Ölmagnaten namens Rubin bezahlt werden?«
»Das kann doch nicht wahr sein.« Wilson schüttelte den Kopf.
Rhino schürzte die Lippen und zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich schon«, sagte er. »Wenn wir Rubins Papiere erst mal haben, dann dürfte es kein Problem sein, einen Anteil abzuzweigen … einen kleinen Anteil«, fügte er hinzu. »Aber garantiert mehr als hundertvierzig Dollar, klar.«
»Ich würde auf gleiche Anteile bestehen.«
Die englische Frau schnaubte, aber weniger missbilligend als amüsiert.
»Wenn wir Rubins Unterlagen erst mal haben, dann wird er sicher mit sich handeln lassen«, sagte sie. »Aber dazu gehört ein bisschen mehr, als uns hier einfach nur weiterziehen zu lassen. Das könnten wir sowieso jederzeit tun.«
Sie hob ihre Maschinenpistole, um die Aussage zu unterstreichen. Obwohl sie durch eine Wunde am Arm behindert war, machte sie durchaus den Eindruck, als könnte sie die Waffe auch benutzen.
»Wenn Sie
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