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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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man sich eine junge Amerikanerin vorstellte, blond, hellhäutig, und sie roch gut. Aber obwohl Yusuf keine Erfahrung mit amerikanischen Frauen hatte, verfügte er doch über genügend Erfahrung mit der Angst, um deutlich zu spüren, dass diese Frau trotz ihrer gespielten Erregung und Freude vor allem Angst hatte.
    Yusuf war gern mit ihr zusammen gewesen, aber nun lag er neben ihr im Bett und sah zu, wie ihre hübschen Schultern sich hoben und senkten, während sie so tat, als würde sie schlafen. Er merkte, dass er keine Lust mehr hatte, hier bei ihr zu bleiben. Er war unsicher, was er nun tun sollte. Es war eine große Ehre und ein echtes Privileg gewesen, dass der Emir ihm dieses Angebot gemacht hatte, und er war wirklich sehr dankbar dafür. Nicht nur für das Essen und die Sklavin, sondern auch dafür, dass er ihm vergeben hatte. Aber nun wollte er am liebsten wieder zurück in den Kampf, um sich selbst zu beweisen. Das nächste Mal würde er nicht vor dem Feind zurückweichen. Falls es seine Bestimmung war, zu sterben, dann war es Allahs Wille, und dann würde er ohne zu zögern sein Leben geben.
    Es war unwürdig und wahrscheinlich sogar eine Sünde, aber er beneidete viele der Fedajin, die ihre Familien mitgebracht hatten. Wenn sie nicht kämpften, dann konnten sie sich im Kreis ihrer Angehörigen entspannen. Yusuf träumte gern von einer Zukunft in einem hübschen Haus
mit vielen männlichen Nachkommen um sich herum. Vielleicht würde er eine Frau haben, die so blond war wie die hier neben ihm im Bett. Denn tatsächlich bekämpften sie die Amerikaner ja nur, weil sie sich weigerten, die Friedensbotschaft des Propheten anzuerkennen. Eines Tages, wenn das erledigt war, so hoffte Yusuf, würden die Völker der Welt friedlich zusammenleben. Und eine junge Frau wie diese, dachte er, während er ihre sanften Rundungen betrachtete, würde ihn vielleicht sogar dafür lieben, dass er ihr die Botschaft von Allah nahegebracht hatte. Und das wäre fast so schön wie der Tod auf dem Schlachtfeld.
    Sie kämpften nicht nur aus Rache, das wusste er. Sie kämpften für eine neue Heimat, ein Land, das der atomaren Todesdrohung der Juden nicht ausgeliefert wäre. Sie kämpften für die Zukunft.
    Er zwang sich, von diesen Gedanken abzulassen. Falls es Allahs Wille war, dass er eines Tages eine eigene Familie besaß, dann würde es auch irgendwann geschehen.
    Die Frage war nur, wie er zurück an die Front kam. Sollte er diese Frau einfach liegen lassen und losgehen, um nach einem Transport zum Schlachtfeld zu fragen? Würden sie ihm einen neuen Kampftrupp zuweisen? Yusuf hatte keine Ahnung.
    Er stieg aus dem Bett und tapste zum Fenster. Von dort aus konnte man den großen Park im Zentrum der Stadt überblicken, der inzwischen völlig verwildert war und bis in die angrenzenden Straßen hineinwucherte. Viele der größeren und älteren Bäume waren vor einiger Zeit abgestorben, wahrscheinlich wegen der großen giftigen Stürme, die über der Stadt getobt hatten, als der Rest des Kontinents in Flammen stand. Ihre kahlen Äste ragten wie Geisterhände in die grauen Wolken, die über die Stadt zogen und die höheren Stockwerke der Wolkenkratzer einhüllten. Tausende von Schösslingen sprossen in dem hohen Gras zwischen den Baumstümpfen, und ein dichter Teppich
von Buschwerk kroch über die Mauern, die den Park begrenzten, und schienen sich auf das Hotel zuzubewegen, in dem er sich befand. Das dumpfe Grollen des Krieges war sogar hier, Kilometer weit von der Front entfernt, zu hören.
    In seiner Güte und Weisheit hatte der Emir seine Anhänger nicht nur bewaffnet und für den Kampf trainiert, sondern hatte ihnen auf der langen Reise hierher die Kunst des Kriegführens beigebracht. Er hatte ihnen Vorträge über Taktik und die Waffen der Amerikaner und der Banditengangs in dieser Stadt gehalten. Daneben war sogar noch Zeit geblieben, sich mit zivilisierteren Themen zu beschäftigen. Ein Lehrer, der während des Balkankriegs geflüchtet war, hatte ihm erklärt, wie die Gläubigen vor vielen Hundert Jahren hierhergekommen waren und wie sie sich in der Nähe dieses Parks niedergelassen hatten und Gärten und Märkte angelegt und sogar eine Moschee gebaut hatten. Warum hatte Allah es nur zugelassen, dass seine Botschaft an diesem Ort verkümmert war?, fragte sich Yusuf. Warum war so viel Blut deswegen vergossen worden?
    Er sah die zerfetzten Überreste menschlicher Behausungen auf der Ostseite des Parks, an der nicht erklärten Grenze zu

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