Das verlorene Land

prachtvollen Kraftwerk zuwandte. Er versuchte sich einzureden, dass alles nur eine Frage von harter Arbeit und Erfindungsreichtum war, und dass die Männer und Frauen, die diese Stadt wiederbelebt hatten, den Beweis dafür geliefert hatten. Dies war nicht das erste Mal, dass Amerika am Boden lag. Die Nation war praktisch bankrott auf die Welt gekommen und hatte sich in zwei Jahrhunderten an die Spitze der Staaten hochgearbeitet. Wenn sie es richtig anpackten, dann würden sie sich auch aus dieser Katastrophe herauslavieren.
    Sie mussten es schaffen.
    »Barney …« Kipper legte eine Hand auf die muskulöse Schulter seines Freundes und schaute ihn an. »Deine Leute werden ihr Geld bekommen. Das verspreche ich dir.«
    Nur leider hatte er keine Ahnung, wie er das schaffen sollte.
     
    Eine Stunde später überquerte der Konvoi der schwarzen Suburban-Chevys des Secret Service die Chouteau-Brücke über den Missouri River. Zur Linken sah Kipper einen Flussbagger, der vor Harrah’s Casino am Ufer festgemacht
war. Bauarbeiter waren mit der Instandsetzung des Muddy Mo-Tunnels beschäftigt. Über die Eisenbahnlinie nördlich des Casino-Komplexes rumpelten Züge. Sie transportierten demontierte Güter, Nahrungsmittel und Rinder zu einer zentralen Verarbeitungsstelle am Flussufer auf der östlichen Seite der Stadt, wo es große Lagerhäuser und kleinere Fabriken gab. Dort wurden sie gelagert und weiterverarbeitet. Ein behelfsmäßiger Bahnhof für Passagiere war am Casino eingerichtet worden, zusätzlich zur Union Station auf der anderen Seite des Flusses. Neue Arbeitskräfte, viele davon waren Angehörige des Programms zur Wiederbesiedlung, brachten ihre Familien hierher, um ganz von vorn anzufangen.
    Auf der rechten Seite kamen sie an einem Gebäudekomplex mit einer BP-Tankstelle vorbei, der von Erdwällen umgeben war, auf denen Sandsäcke thronten. Armeefahrzeuge rollten hinaus und fuhren Richtung Southern Rail Yard.
    »Lokale Einheiten der Miliz«, sagte Culver und deutete auf das kleine Fort.
    »Die gibt’s doch eigentlich gar nicht mehr«, sagte Kipper. »Was machen die denn noch hier?«
    »Sichern die Eisenbahnlinie, nehme ich an«, antwortete Culver. »Sie patrouillieren bis Fort Leavenworth. Dort übernimmt dann eine Armeeeinheit ihre Aufgabe.«
    »Dort kommen wir auch noch hin«, sagte Kipper.
    »Tatsächlich?« Culver öffnete seinen Aktenkoffer und zog einen Stapel Dokumente heraus. »Wenn wir Ceskys Leute in Hawthorne bezahlen, werden die Arbeiter an anderen Orten das Gleiche verlangen. Unser Budget beläuft sich zurzeit auf null, Mr. President. Wir können uns kein Geld leihen, wenn niemand bereit ist, uns einen Betrag in der benötigten Höhe zur Verfügung zu stellen. Wir können es auch nicht einfach drucken. Die Wirtschaft ist auf dem absolut beschissenen Nullpunkt, wenn ich das mal so sagen darf.«

    »Ich habe versprochen, dass sie bezahlt werden«, sagte Kipper. »Also müssen wir es irgendwie hinkriegen. Und zwar nicht nur hier, sondern überall. Dieser Mistkerl dort unten in Fort Hood scheint ja kein Problem zu haben, Geld aufzutreiben und auszugeben. Er benutzt sogar unsere Währung, dieser Schweinehund. Und er bekommt Kredite! Diese gottverdammten Saudis haben ihm erst letzte Woche einen ganzen Batzen hingeworfen.«
    Jed Culver schaute von seinen Papieren auf.
    »Er verkauft Staatsanleihen. Erinnern Sie sich noch, dass wir davon sprachen, dass er es übertreibt? Das ist nur ein Beispiel dafür.«
    »Das sind unsere Staatsanleihen, Jed.«
    »Wenn man sie hat, kann man sie auch verkaufen, Sir. Und wir haben keine Möglichkeiten, uns als rechtmäßige Besitzer ins Spiel zu bringen. Aber um nochmal auf Barney Tenchs Problem zurückzukommen: Sie wissen ja, dass es eine starke Opposition gegen den Wiederaufbau von Kohlekraftwerken gibt. Die Grünen haben sich mit den Demokraten aus dem Nordwesten verbündet. Gemeinsam werden sie den Geldfluss nach Hawthorne noch monatelang blockieren.«
    »Können wir diese Blockade nicht irgendwie umgehen?«
    Culver nickte. »Sicher. Sandra Harvey möchte, dass wir einen ihrer Borg-Drohnen zum Energieminister machen. Die Grünen wollen außerdem mehr von ihren Leuten im Umweltministerium. Und sie wollen, dass das Ministerium wieder seine vollen Befugnisse erhält. Wenn Sie ihnen das zugestehen, werden Sie das Geld bekommen. Aber dann wird das neue Umweltministerium beziehungsweise der neue durchgeknallte Energieminister das schöne neue Kraftwerk dichtmachen und darauf