Das verlorene Land
gefüllt. Sie gehören euch … wenn wir die Amerikaner aus der Stadt vertrieben haben. Wenn das erledigt ist, das verspricht der Emir, helfen wir euch, diese Schätze zu bergen. Aber wir werden nichts davon für uns behalten.«
Die Piratenführer tauchten Blicke aus. Der Afrikaner ergriff für alle das Wort.
»Aber das bedeutet, dass wir auch Krieg gegen die Slawen führen müssen.«
Özal streckte die Hände aus mit den Handflächen nach oben.
»Ja, das stimmt«, sagte er. »Aber wenn wir erst mal die Amerikaner verjagt haben, werden wir ein leichtes Spiel mit den Slawen haben. Sie werden vielleicht gar keinen Widerstand leisten. Das werden wir dann sehen. Aber was immer auch geschieht, es gilt das Versprechen des Emirs, dass ihr als Belohnung für den Sieg über die Amerikaner diesen Teil der Stadt und die gesamte Beute erhalten werdet, die ihr dann gerecht aufteilen sollt. Was meint ihr dazu? Seid ihr mutig genug, um in diesen Kampf zu ziehen?«
Yusuf Mohammed stand regungslos da. Als er seinen Weg vom Fluss zurück in das Camp des Emirs gesucht hatte, war ihm klargeworden, dass alle Informationen, die er sammeln konnte, ihm nutzen würden, wenn er um eine zweite Chance bat. Nun stand er hier in diesem Raum, umgeben von den Geistern von Hunderten von Amerikanern, in einer Stadt, in der Millionen von ihnen verschwunden waren, und wunderte sich, wie groß Allahs Gnade sein konnte.
Er war darauf gefasst gewesen, dass Schmach und Schande über ihn kommen würden. Und nun stellte sich heraus,
dass er ein Teil des göttlichen Plans war. Es war ihm vorherbestimmt gewesen, dass er den Angriff der Amerikaner überstand. Er sollte in diesen Teil der Stadt gespült werden, wo die Slawen die Macht hatten, die sich geweigert hatten, sich dem heiligen Krieg gegen die Amerikaner anzuschließen. Gott hatte ihm den Weg gewiesen und ihn hier in diesen Saal geführt, wo er dazu auserkoren war, eine Allianz zwischen diesen Männern zu schmieden, die für die Durchführung des Plans des Emirs wichtig war.
Nun hoffte er nur noch darauf, wieder ein Gewehr in die Hand zu bekommen und zurück an die Front gehen zu dürfen.
35
Kansas City, Missouri
Präsident James Kipper spürte, wie ein Gefühl von Stolz ihn ergriff, als er den Generator Nummer 5 des Kraftwerks von Kansas City anschaute, aus dessen rot-weiß gestreiftem Schornstein blütenweiß gefilterter Rauch in den blauen Himmel stieg. Er stand auf dem Parkplatz vor der Anlage in Hawthorne am Ufer des Missouri River, am Rand der noch immer verwüsteten Randbezirke der Stadt. Für einen Moment erlaubte er es sich, den Ärger mit dem verrückten Blackstone und das Schreckensszenario von New York zu vergessen, genauso wie die Schwierigkeiten des politischen Alltags und die Streitereien mit seiner Frau. Für einen kurzen Moment stand er da neben seinem alten Freund Barney Tench, horchte auf das Summen der Überlandleitungen und das aufgeregte Plappern seiner Begleiter und spürte eine Freude in sich aufsteigen, wie er sie kaum mehr empfunden hatte, seit die zerstörerische Energiewelle über das Land gekommen war.
Sie hatten es geschafft.
Die einfache Freude, etwas schaffen zu können, war immer der wesentliche Antrieb in seinem Leben gewesen. Schon als Kind hatte er gebaut. Nicht nur mit Bauklötzen und Legosteinen, sondern auch riesige Bauwerke aus Schlamm und Sand im Garten, Staudämme und Bauernhöfe, aber auch Fabriken aus Schuhkartons oder Baumhäuser und Geheimverstecke. Auch als Kind war er immer einen Schritt weiter gegangen, angetrieben von einem tief
empfundenen Bedürfnis, loszugehen und die Welt nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Sehr zum Leidwesen seiner Mutter, dachte er jetzt liebevoll. Ihre Blumenbeete hatten sehr unter ihm gelitten.
»Tja, Chef«, sagte Barney Tench und deutete auf den hohen Schornstein von Hawthorne 5. »Was meinst du?«
»Beeindruckend«, antwortete Kipper. »Du weißt ja, wie glücklich mich der Anblick eines gut funktionierenden Kraftwerks macht, Barney. Wie sieht’s denn mit den Daten aus?«
Barney deutete mit seinem Donut, den er sich vom Büffet mitgenommen hatte, auf das graubraune Bauwerk des Hauptgenerators. »Wenn Nummer 5 voll im Einsatz ist, dann schaffen wir locker vierhundert Megawatt. Das reicht erst mal aus.«
»Super. Das ist mehr als genug«, stimmte Kipper zu. »Und wie sieht es mit den Gasturbinen aus?«
Tench schaute in seine Unterlagen. »Äh … soweit ich das verstehe, war diese Anlage dafür gedacht
Weitere Kostenlose Bücher