Das verlorene Land
operierenden Piratenbanden womöglich von anderen Staaten unterstützt wurden.
»Nun ja, ich fürchte, das wird Ihnen gar nicht gefallen, Sir, aber wir müssen in der Angelegenheit Blackstone dringend etwas unternehmen.«
Immer wieder dieser Blackstone. Kipper spürte, wie sich seine Gesichtsmuskeln anspannten. Das Thema machte ihn wütend, aber Culver hob eine Hand und bat ihn um seine Aufmerksamkeit.
»Mr. President, ich weiß, dass sie davon am liebsten überhaupt nichts hören möchten. Sie glauben, dass es uns hilft, unsere Kräfte bei der Grenzsicherung im Süden einzusparen, wenn wir ihn den wilden Mann markieren lassen«, sagte Culver.
»Sie wissen, dass ich genauso wenig einen wilden Mann da unten haben will wie Sie, Jed. Aber er wurde gewählt. Und es ist nun mal eine Tatsache, dass wir nicht genügend Mittel haben, um uns um alles zu kümmern.«
Kipper war der Meinung, dass Texas diese ganze Aufregung nicht wert war. Sogar Tommy Franks hatte ihn schon
damit belästigt, wie wichtig es sei, die Kontrolle im Zentrum des Kontinents zu behalten. Deshalb gab es auch starke bundesstaatliche Streitkräfte in Kansas City. Aber Texas schien diesen Aufwand einfach nicht wert zu sein, egal was in den Geschichtsbüchern stand und was seine Berater ihm erzählten. Wenn Blackstone da unten seine Allmachtsfantasien ausleben wollte, dann sollte er das tun. Jedenfalls im Moment. Er war schließlich auch ein Amerikaner. Er war ganz legal zum Gouverneur gewählt worden. Auch wenn er sich als absolutes Arschloch entpuppt hatte, war er ein gewähltes Arschloch, und das war’s dann. Das war ja wohl nicht im Entferntesten das Gleiche wie die Invasion durch eine ausländische Macht.
»Sir«, sagte Culver wie immer ungerührt. »Wir müssen Blackstone als ein bedeutendes Hindernis bei der Wiederbesiedelung unseres Landes ansehen. Wenn wir diesen kleinen Diktator nicht in seine Schranken verweisen, dann werden wir die Kontrolle über den gesamten Süden verlieren. Er macht keinen Hehl daraus, was er vorhat.«
»Diese ganze Republik von Texas ist doch ein Witz«, sagte Kipper. »Ich habe Ihre Berichte gelesen. Das war im Jahr 1830 Schwachsinn gewesen, und ich sehe nicht, wieso das jetzt auf einmal realisierbar sein soll. Da kann er noch so viele Volksabstimmungen durchführen. Niemand außerhalb von Fort Hood wird dafür stimmen, sich von den Vereinigten Staaten zu lösen.«
Jed beugte sich weit vor. »So ein Referendum ist aber kein Scherz, Mr. President. Jackson Blackstone wurde im Jahr 2005 ganz legal zum Gouverneur gewählt, das macht es für uns schwierig, ihn anzugreifen. Das ist nicht das Gleiche wie der kleine Staatsstreich, den er kurz nach dem Effekt versucht hat. Außerdem hat er ziemlich viele Anhänger in Seattle, die es großartig fänden, wenn Texas unabhängig würde. Die Wirklichkeit am Boden, wie die Militärs es auszudrücken pflegen, ist allerdings, dass weder
Blackstone noch die Territorialregierung die Autorität des Kongresses und des Präsidenten respektieren. Auch nicht die der Gerichte, sondern bestenfalls die Drohung, dass die 101. Luftlandedivision dort reingeht und ihnen den Hals umdreht. Und, Sir, wir nähern uns dem Punkt, an dem wir uns fragen müssen, ob die Army überhaupt noch die Kraft hat, das durchzuziehen. Für jeden Offizier vom Format eines Kinninmore hat Blackstone drei, und für jeden grundsoliden Soldaten auf unserer Seite kann Blackstone drei bis sieben losschicken, und die meisten von denen sind unzufriedene Veteranen.«
»Ich verstehe gar nicht, warum sie so unzufrieden sind«, sagte Kipper missmutig. Es war ihm allerdings schleierhaft, wieso so viele ehemalige Angehörige der US-Army sich Blackstones »Republik von Texas« angeschlossen hatten. Kipper kümmerte sich um ihre Gesundheitsversorgung, bot ihnen Vergünstigungen bei der Jobsuche an sowie kostenlose Weiterbildung. Das alles waren Dinge, für die die amerikanische Gesellschaft in diesen Tagen nur wenig Spielraum hatte. Sie bekamen vorgezogene Plätze bei der Zuweisung von Niederlassungsorten im Rahmen des Programms zur Wiederbesiedelung, egal ob in urbanen oder ländlichen Gebieten. Es gab Ausnahmeregelungen für sie bezüglich bestimmter Arbeitsverpflichtungen, und trotzdem gingen sie nach Texas. Gleichzeitig unterstützten diejenigen, die dem Bundesstaat die Treue hielten und seine Privilegien genossen, die Republikaner, was ein deutlicher Affront war. Das traf natürlich nicht auf alle Veteranen zu, aber ein
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