Das verlorene Land
waren, wenn sie etwas aus der guten alten Zeit bei sich trugen. Wahrscheinlich war diese alte Tasche für den Stabschef so etwas wie ein Talisman.
Jed Culver reichte ihm einen unbeschriebenen Ordner, in dem drei Blätter steckten, außerdem einige unscharfe Farbfotos. Auf dem Ausdruck war eine lange Liste von Ortsnamen zu lesen mit Datumsangaben dahinter, aus denen Kipper nicht schlau wurde. Der erste Eintrag sah zum Beispiel so aus:
- Baker Lake/Madison/14. März 07/Pieraro/
TDF-Bravo 2/14…/13CC
»Tut mir leid, Jed. Aber das verstehe ich nicht.«
Culver tippte mit dem Finger auf das Blatt, das Kipper in der Hand hielt.
»Was das bedeutet? Nehmen wir mal die erste Zeile hier oben zum Beispiel. Das soll heißen, dass Soldaten der Bravo Kompanie des Zweiten Infanteriebataillons der Texas Defense Force vor drei Monaten den Besitz eines unserer Siedler, eines gewissen Miguel Pieraro betreten haben. Dort fanden sie vierzehn Angehörige der Pieraro-Familie tot vor. Laut TDF-Bericht wurden sie von Banditen umgebracht. Die dortigen Autoritäten haben dann den Besitz übernommen und in ihr eigenes Siedlungsprogramm eingefügt, was der Vereinbarung entspricht, die wir mit ihnen getroffen haben, damit die ausgewiesenen Siedlungsgebiete des Bundes nicht brachliegen.«
Kipper biss die Zähne zusammen. Er merkte, wie eine kalte Wut in ihm hochstieg.
»Banditen, vermuten sie? Vor drei Monaten?«, fragte er. »Warum hat es so lange gedauert, bis wir davon erfahren haben?«
Culver zuckte mit den Schultern. »Es dauerte angeblich eine gewisse Zeit, bis die Nachricht von dem Vorfall in Corpus Christi angekommen war, heißt es aus Ford Hood.«
»Das ist doch Blödsinn.«
»Sicher.«
Kipper musste sich beherrschen, um keinen Wutanfall zu bekommen. Er sah sich den Namen auf dem Zettel noch einmal an. Pieraro. An den konnte er sich nicht speziell erinnern, aber ihm fiel jener klare blaue Tag vor zwei Jahren ein, als er mit einem Transporter voller Siedler nach Corpus Christi gekommen war. Dort hatten die Pioniere ihre Beglaubigungsschreiben für die Besiedlung ausgewiesener Orte auf texanischem Gebiet bekommen. Eine Delegation aus Fort Hood war auch gekommen, hatte an den Feierlichkeiten teilgenommen und versprochen, für die Sicherheit der neuen Siedler zu sorgen. Gouverneur Blackstone allerdings war nicht erschienen.
»Eine Hand leer, die andere voller Scheiße«, murmelte Kipper vor sich hin.
»Was sagten Sie gerade, Mr. President?«
»Vergessen Sie’s. Diese vierzehn getöteten Siedler. Waren das alle?«
»Nein, Sir. Pieraro und eine Tochter namens Sofia wurden nicht gefunden. Was aber nichts heißen muss.«
Kipper sah sich die Zettel erneut an. Es gab Dutzende derartiger Einträge. Einige mit abweichenden Kürzeln, wie er jetzt merkte. Er hielt Culver den Zettel hin und deutete auf ein Wort, das er nicht verstand.
»Was bedeutet ›unft‹?«
»Unfreiwilliger Transfer. Deportation. Das Anwesen der Pieraros wurde von Banditen angegriffen und geplündert, behauptet Fort Hood. Aber in anderen Fällen gibt es Zeugenaussagen
von Betroffenen, die behaupten, sie seien von Angehörigen der Texas Defense Force auf Befehl von General Blackstone vertrieben worden. Üblicherweise mit der Begründung, es gäbe Differenzen bezüglich der Ausdehnung des texanischen Bundesgebiets.«
Kipper spürte, wie ein heftiger Kopfschmerz sich unter seiner Schädeldecke ausbreitete. Er rieb sich die Stirn und las weiter. »Und was bedeutet ›unftof‹?«
»Unfreiwilliger Transfer mit Todesfolge«, erklärte Culver.
Wieder dieser unangenehme Geschmack in der Kehle. »Ich verstehe. Und wann haben wir diese Informationen bekommen?«
Culver hob entschuldigend die Schultern.
»Ich habe das FBI schon vor fünf Monaten gebeten, diese Fakten zusammenzustellen. Die haben ein Büro in Corpus Christi, aber Sie können sich denken, dass es total unterbesetzt ist. Sie haben zu viel zu tun und sind vor allem damit beschäftigt, sich mit betrügerischen Geschäftsmethoden auseinanderzusetzen. Immerhin haben sie es geschafft, jemanden dafür abzustellen, nachdem uns von einem Todesfall während eines Transfers berichtet wurde.«
Kipper verzog das Gesicht, er hatte allmählich genug von dieser beschönigenden Ausdrucksweise.
»Nach dem ersten Mord«, sagte er. »Das ist ja wohl das richtige Wort dafür.«
Culver deutete auf die Fotos, die zu dem Bericht gehörten. »Einem der FBI-Agenten ist es gelungen, einen der Transfers zu fotografieren, der in
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