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Das verlorene Land

Das verlorene Land

Titel: Das verlorene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Birmingham
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großer Anteil von ihnen handelte so und sorgte dafür, dass Jed Culver täglich aufs Neue die Galle hochkam.
    »Die haben andere Ideale«, sagte er zu Kipper. »Wir haben ihnen nicht das richtige Angebot gemacht. Blackstone hat die in ihren Augen bessere Alternative. Er stockt seine Streitkräfte auf und trainiert sie für den Ernstfall. Und uns, Mr. President, wenn Sie mir diesen rohen und
hinkenden Vergleich ausnahmsweise einmal durchgehen lassen, wird deswegen der Arsch aufgerissen.«
    Kipper musste grinsen, obwohl ihn der Gedanke an Blackstones Machenschaften sehr verstimmte und einen schlechten Nachgeschmack hinterließ. Jed Culver hielt nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg, und dafür würde Kipper ihm eines Tages sehr dankbar sein. Aber im Augenblick waren der abtrünnige General, der in die Politik gewechselt war, und seine ganze zusammengebastelte texanische Staatsmaschinerie nicht so wichtig wie dieser Krieg, der in der Stadt unter ihnen ausgebrochen war.
    Er warf einen kurzen Blick aus dem kleinen Fenster zu seiner Linken und schüttelte den Kopf angesichts des trostlosen Bildes, das sich ihm bot. Manhattan lag unter einer Rauchwolke, es brannte an allen Ecken und Enden, und das Aufblitzen der Detonationen von Bomben und Raketen war überall in den düsteren Straßenschluchten zu erkennen, aus denen das stetige Feuer von Leuchtspurmunition nach oben spuckte.
    Die Bordkanonen antworteten auf den Beschuss und schickten ihrerseits eine Garbe rot blitzender Kugeln nach unten, wo sie sich irgendwo im Labyrinth der verlassenen Metropole verloren. Es war, als hätte der Teufel selbst den Vorhang zur Hölle aufgezogen, dachte Kipper, als die Geschosse nach unten prasselten. Die Schützen nahmen ihre Position am hinteren Ende der Kabine ein und öffneten die Schießscharten, um das Feuer zu erwidern, von wem auch immer es kommen mochte. Kipper sah, wie Peckham seine Türkanone schwenkte, während sein Bruder die anderen Schützen über Bordfunk dirigierte.
    »Achtung, Raketenangriff. Ausweichmanöver!«
    Kipper klammerte sich an seiner Sessellehne fest, als der Heli plötzlich nach unten sackte und nach rechts fiel, so schnell, dass sein Magen sich anfühlte, als hätte er seinen Körper verlassen. Der Schütze an der Tür feuerte erneut
auf ein unbekanntes Ziel weit unter ihnen, und er bemerkte einen schwarzen Blitz am Rand seines Sichtfelds, als die Super Cobras abdrehten, um die Ursache ihres waghalsigen Manövers unter Beschuss zu nehmen. Das Feuer der Bordkanone brach ab, und er spürte, wie der Hubschrauber sich stabilisierte und erneut Kurs aufnahm, um sie von der Insel wegzubringen. Kipper und Culver waren daran gewöhnt durch umkämpfte Lufträume zu fliegen, und mussten keine Rücksprache mit der Crew halten. Die Besatzung wiederum verzichtete darauf, den Präsidenten und seine Begleiter zu unterrichten, weil Kipper ihnen schon vor längerer Zeit zu verstehen gegeben hatte, dass sie ihre Arbeit tun und keine Zeit verschwenden sollten, um ihn über irgendwelche Zwischenfälle während des Fluges zu informieren.
    Der Marine-One-Helikopter schraubte sich nach oben in den Himmel über Manhattan, bis sie schließlich außerhalb der Reichweite aller Bodenwaffen waren und bestenfalls noch von Luftraketen erreicht werden konnten. Die Marines zogen sich von den Fenstern zurück und setzten sich wieder hin. Kipper konnte sich auf seinen Stabschef konzentrieren. Er seufzte tief und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Das Seufzen klang mehr nach einem langgezogenen Stöhnen, und er rieb sich dabei die wegen des Schlafmangels entzündeten Augen.
    »Aber warum, Jed? Warum jetzt?«, fragte er und musste das Klingeln in seinen Ohren übertönen, das als Echo des Kanonenfeuers übrig geblieben war. »Sie wissen doch, dass ich sowieso schon genug zu tun habe, ich muss doch weiß Gott nicht noch einen weiteren Krieg da unten im Süden anzetteln. Genau darauf wartet der verrückte Blackstone ja nur. Das ist doch sein Ziel.«
    Culver fasste in die Aktentasche, die zwischen seinen Füßen auf dem Boden stand. Es war eine ziemlich ramponierte alte Ledertasche, die er überall hinschleppte. Kipper
war sich ziemlich sicher, dass es ein Relikt aus seinem früheren Leben als Rechtsanwalt war. Es passte überhaupt nicht zu ihm, denn Culver kleidete sich in jeder Situation korrekt, trug die teuersten Anzüge und benutzte das edelste Aftershave. Aber vielleicht ging es ihm ja wie den meisten Menschen heutzutage, die glücklich

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