Das verlorene Land
Bericht angefertigt mit allen notwendigen Belegen. Den werde
ich Ihnen über eine abhörsichere Verbindung per E-Mail so bald wie möglich zukommen lassen.«
»Alles klar, Colonel«, sagte Kipper und streckte die Hand aus. »Viel Glück. Diese Drecksbanden aus New York zu drängen ist mir wichtiger, als herauszufinden, wer dahintersteckt. Aber das will ich auch möglichst bald wissen. Denken Sie bitte daran, Mr. Culver genau mitzuteilen, wo Ihre Verwundeten behandelt werden. Ich werde sie dann besuchen.«
»Ich danke Ihnen, Mr. President.«
Kinninmore salutierte erneut und sah jetzt ein wenig erleichtert aus, wirkte aber dennoch recht grimmig, als er sich den Helm aufsetzte. Wenn sie hier in der Stadt kämpfen mussten, dann würde er noch viel mehr Männer verlieren.
Ein dumpfes Dröhnen kündigte die Ankunft von Marine One, Kippers persönlichem Hubschrauber an, der jetzt die Evakuierung der Verwundeten des Raketenangriffs beendet hatte. Die Agenten vom Secret Service scharten sich um ihn, und dann wurde Kipper nach draußen geschoben, in die morgendliche, nach brennendem Öl riechende Luft. Die Sonne wurde von schmutzigen Rauchschwaden verdeckt, und ein stechender Geruch drang ihm in die Nase.
Sergeant Ryan Peckham vom Marine Presidential Security Detail salutierte in perfekter Haltung. »Guten Tag, Mr. President. Kommen Sie bitte an Bord.«
Kipper erwiderte den Gruß, ziemlich nachlässig, wie er fand, aber Sergeant Peckham ließ sich nichts anmerken. Der Präsident der Vereinigten Staaten ging an Peckhams jüngerem Bruder, Lance Corporal Justin Peckham vorbei, der hinter der mehrläufigen Bordkanone des Helikopters stand. Kipper wunderte sich noch immer darüber, warum zwei Brüder in seinem Hubschrauber dienten, aber er hatte noch nie Gelegenheit gehabt, danach zu fragen.
Vieles hatte sich seit der Energiewelle verändert, und der Marine-One-Helikopter war ein gutes Beispiel dafür. Die mit dem Abzeichen des Präsidenten versehene Maschine strahlte nicht mehr in glänzendem Weiß und Grün und war auch kein leichter VH-3D Sea-King-Hubschrauber mehr. Längst handelte es sich um einen in grauer Tarnfarbe gestrichenen, schwer bewaffneten Helikopter der britisch-italienischen Firma Augusta Westland. Die Royal Air Force hatte ihn in einem komplizierten Tauschgeschäft im Zusammenhang mit dem Abkommen von Vancouver sechs solcher Maschinen überlassen. Er stieg ein und stellte fest, dass die Kabine noch immer mit medizinischer Ausrüstung vollgestellt war. Nur vier Sitze direkt hinter dem Cockpit waren benutzbar. Es war kaum möglich, die eigene Stimme in dem ohrenbetäubenden Lärm zu hören, den nicht allein diese Maschine verursachte, sondern auch die drei schwer bewaffneten Helis, die zum Schutz über ihnen kreisten.
Kipper schnallte sich an. Culver ließ sich auf den gegenüberliegenden Sitz fallen, schaute ihn misstrauisch an, sagte aber nichts. Die Super Cobras ihrer Eskorte und der laut heulende Motor, der direkt über ihnen dröhnte, produzierten einfach zu viel Lärm, so dass sie kein Wort wechseln konnten. Es dauerte weniger als eine Minute, da spürte Kipper, wie er etwas heftiger als sonst in den Sitz gedrückt wurde. Der Boden unter ihm kippte weg, und die Rolls-Royce-Turbo-Rotoren wurden noch lauter. Die Marines, die ihn aus New York fliegen sollten, waren angewiesen, keinerlei Risiko einzugehen. Auch das war ein Zeichen, dass die Zeiten sich radikal geändert hatten. Stets waren drei Marine Super Cobras als Eskorte dabei, egal wohin der Präsident reiste. Die Marines trugen keine schicken Ausgehuniformen mit weißen Handschuhen mehr, sondern Tarnanzüge und hatten jede Menge Waffen dabei. Die Angehörigen der Sicherheitsgarde trugen gepanzerte
Westen und standen hinter schweren Maschinengewehren neben den Türen und an den Schießscharten. Erst als sie ein gutes Stück ihres Wegs zurückgelegt hatten und der Lärm abgeebbt war, beugte Kipper sich zu seinem Stabschef.
»Jed, können Sie sich darum kümmern, dass Tommy Franks diese Infos von Kinninmore bekommt? Vor allem diese Feda-Dingsbums-Geschichte. Und zwar noch heute.«
»Fedajin. Ist schon erledigt«, sagte Culver, grinste verschmitzt und hielt seinen PDA-Organizer hoch. »Ich hab es als Tagesordnungspunkt auf die Agenda der Sicherheitskonferenz gesetzt. An zweiter Stelle.«
»Und was steht ganz oben?«, fragte Kipper, der sich wunderte, was wohl noch wichtiger sein könnte als die Tatsache, dass die auf amerikanischem Territorium
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