Das verlorene Regiment 01 - Der letzte Befehl
Vieh matt zappelte und dann starb.
Aber dann war zu jedermanns Entsetzen ein hässlicher roter Knoten von schlecht aussehendem Fleisch in der Größe eines kleinen Apfels offengelegt worden. Angeekelt spuckte Muzta das Hirngewebe aus, auf dem er gekaut hatte, während Alem laut schrie, die Anzeichen wären zu grauenhaft, um sie laut zu verkünden.
Die Erinnerung suchte Muzta nach wie vor heim, und er brauchte keinen Schamanen, um ihre Bedeutung zu enträtseln. Sie mussten eilends weiterziehen, dachte er grimmig, und irgendwie die Seuche der nassen Wunden überholen, die das Vieh mit hässlichen Narben zurückließ, bei deren Anblick sich jedem Tugaren der Magen umdrehte, wenn er auch nur in Erwägung zog, das befallene Vieh zu verspeisen.
Er blickte zum Himmel. Das Große Rad stand im Zenit direkt über ihm und zeigte damit den Spätsommer an. Der Plan war immer noch ein guter Plan, wurde ihm klar, obwohl die Pferde der Clans allmählich abmagerten -mussten sie doch ständig und ohne Ruhetage laufen, um in einem Jahr die Strecke zurückzulegen, für die sie normalerweise zwei brauchten. Wenn sie das Land des Mayaviehs erreichten, würde das Rad bereits tief am Himmel stehen und der erste Schnee fallen. Vielleicht bot sich dann Gelegenheit zum Ausruhen.
Nachdenklich biss er ein weiteres Stück von der frischen Wurst ab, die ihm seine siebte Gemahlin bereitet hatte, und ritt weiter in die Nacht.
Irgendwie hatte er schlafen können. Hawthorne rappelte sich auf die Knie auf und blickte sich in der Zelle um; sie lag inzwischen ins silberne Licht des Rades und der Zwillingsmonde getaucht, die in den östlichen Himmel gestiegen waren.
Stöhnend kam er auf die Beine und stützte sich mit den Händen an der Wand ab. Mit einem Schreckensschrei nahm er die Hände gleich wieder weg und hielt sie hoch.
Was einmal die Essenz von Sadlers Bewusstsein enthalten hatte, tropfte ihm jetzt von den Fingerspitzen und platschte auf den Boden. Schluchzend versuchte er das Blut abzuwischen, während grauenhafte Erinnerungen seine Seele überschwemmten.
Konnte er ertragen, was am Morgen drohte?, fragte er sich fieberhaft. Die Schlange und das höhnische Grinsen des Priesters, während er selbst vor Entsetzen kreischte - hielt er das aus? Und im Herzen regte sich nagende Angst, eine innere Stimme, die ihm sagte, dass er zerbrechen würde.
Der Priester verstand sich auf sein Handwerk, so viel war Hawthorne klar. Im irren Entsetzen von vorhin hätte er vielleicht durchgehalten, aber jetzt sah er sich nur mit der langen Nacht und dem Gedenken dessen konfrontiert, was ihm bevorstand.
Er versuchte, ein Gebet zu formulieren, sich nach innen zu wenden, wie es ihm früher bei den Gebetsversammlungen so leicht gefallen war. Das schien jedoch endlose Lebensalter in der Vergangenheit zu liegen. Er versuchte, sich die mit grauen Schindeln gedeckte Kirche am Fuße des Oak-Grove-Hügels vorzustellen – den Schnee, der lautlos draußen fiel, den Frieden im Innenraum und sogar das Bild von Bonnie Price, die in der Frauensektion saß und ihm verstohlene Seitenblicke zuwarf.
Warum war er jemals von dort weggegangen?, dachte er voller Selbstmitleid. Er könnte jetzt zu Hause sein. Dort war es noch Februar, vielleicht sogar ein Sonntag. Voller Sehnsucht blickte er zum Rad hinauf und versuchte sich auszumalen, dass irgendwo dort oben seine Welt lag, wo man sogar in diesem Augenblick betete, womöglich gar für ihn.
Und im Herzen wusste er, dass er, ehe die Priester mit ihm fertig waren, gebrochen sein würde, dass seine Schwäche noch mehr Menschen zum Tode verurteilt haben würde.
Er rutschte wieder zum Boden hinab. Was konnte er tun? Wie er sich wünschte, die Priester hätten lieber ihn umgebracht und damit diesen Albtraum beendet!
Der Gedanke formte sich allmählich. Es war eine Sünde, so viel wusste er, eine schlimme Sünde, die ihn zur Hölle verdammte. Aber vielleicht hatte der Herr ja doch Verständnis für ihn. Eine solche Tat rettete vielleicht Hunderte weiterer Menschen vor dem Tod.
Aber hatte man ihn nicht gelehrt, dass eine solche Gleichung unhaltbar war, eine Logik, auf deren Grundlage die Welt von jeher Mord rechtfertigte? Töte einen, um Hunderte zu retten – in dem Augenblick, an dem man das tat und akzeptierte, war das Töten an sich akzeptiert.
Aber Selbstmord? Ein Opfer, um Hunderte zu retten. Das war entschieden besser, als seine letzten Augenblicke im Bewusstsein der schlimmsten Sünde zu erleben – dem möglichen Tod
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