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Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Titel: Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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auf seiner Decke. Vielleicht waren es am Nachmittag noch über dreißig Grad, aber zumindest wusste man, dass der Wechsel der Jahreszeit ins Haus stand.«
    »Bald ist Erntezeit«, sagte Kal leise, »und wir sind mitten im Krieg.«
    »General Hans!« Die Stimme kam von weiter oben.
    Kal blickte auf und sah den Ausguck auf einem der Gießereischornsteine aufgeregt winken.
    »Sie sind weg! Die Schiffe sind weg!«
    »Was zum Teufel meinst du damit: sie sind weg!?«, schrie Hans.
    Dicht gefolgt von O’Donald, stürmte er zur Leiter am Schornstein und machte sich an den Aufstieg.
    »Verdammt, General!«, rief ihm Kal nach. »Die Heckenschützen!«
    »Die könnten auf diese Distanz nicht mal ein Scheunentor treffen!«, lachte O’Donald.
    Ein Rauchwolke aus Ziegelsteinschutt explodierte direkt neben ihm, und mit einem Fluch drängte er Hans, schneller zu klettern. Die beiden erstiegen die über fünfzehn Meter Schornsteinhöhe und schoben sich in den kleinen Ausguck, der am oberen Ende montiert war. Hans schnappte sich das Fernrohr und suchte den westlichen Horizont ab.
    »Den Fluss kann ich nicht sehen«, flüsterte er, »aber nirgendwo steigt Rauch auf, und dieses Panzerschiff, das vor der Mündung der Wina vor Anker lag, ist fort.«
    »Geben Sie mal her!«, raunzte O’Donald und nahm ihm das Fernrohr ab.
    »Sie wissen ja, dass Sie eine Brille brauchten«, witzelte er. Eine Minute lang suchte er die Stadt ab, die vom Schornstein aus kaum zu sehen war, und wandte den Blick dann auf die Linien der Carthas, die sich im Norden und Süden eingegraben hatten.
    »Es sieht furchtbar still aus«, stellte er schließlich fest. »Ihre Lagerfeuer brennen, und die Zelte stehen auch noch da, aber ich erkenne sonst nicht viel.«
    »Mörserfeuer!«, warnte Hans leise.
    »Mörsergranate im Anflug!«, schrie der Ausguckposten und beugte sich dabei seitlich aus dem Kasten.
    Der Ruf wurde von einer Fabrik zur nächsten weitergetragen, und alle, die sich im Freien aufhielten, blickten zum westlichen Himmel hinauf.
    O’Donald beugte sich in dem Kasten nach hinten und verfolgte die Granate, die immer höher stieg. Das ferne Krachen des Mörsers fuhr über den Morgenhimmel. Das Geschoss schien ein wenig vor der Gießerei hoch in der Luft zu hängen.
    »Es wird knapp«, flüsterte der Ausguckmann ängstlich.
    Ein leises Pfeifen wurde plötzlich vernehmbar und von Sekunde zu Sekunde lauter. Unfähig, sich zu bewegen, hockte O’Donald in ehrfürchtigem Schweigen da und verfolgte, wie die Granate herabtrudelte, während ihre Zündschnur vor dem dunkelblauen Himmel Funken schlug.
    »Knapp, richtig knapp«, verkündete Hans. Er stand auf und lehnte sich seitlich aus dem Kasten.
    »Kal, Sie alle da unten, sehen Sie verdammt noch mal zu, dass Sie Deckung finden!«
    Heulend jagte die Granate heran und durchschlug das Dach der Gießerei direkt unterhalb des Schornsteins. Hans und O’Donald blickten einander an, warteten und zählten die Sekunden.
    »Ein Blindgänger!«, zischte O’Donald und ließ die Luft wieder heraus.
    Sie sahen einander an und mussten lachen.
    »Ich denke, falls ich Tabak im Mund gehabt hätte, hätte ich ihn verschluckt«, sagte Hans leise.
    »Sie ziehen ab«, stellte O’Donald scharf fest.
    Hans nickte, richtete sich auf und beugte sich von neuem aus dem Kasten.
    »Vater Casmar!«
    Der schwarz gekleidete Prälat kam aus seinem bombenfesten Unterstand neben der Fabrik hervor.
    »Vater, Sie verstehen sich aber wirklich auf mordsmäßig wirkungsvolle Gebete!«
    »Was meinst du damit, mein Sohn?«
    »Ihre Flotte fahrt aus, und ein Teil der Truppen rückt ab. Andrew ist auf dem Weg hierher!«
    Begeisterte Rufe stiegen von unten auf.
    »Steigen wir lieber wieder hinunter«, schlug Hans vor. »Es gibt einiges zu planen.«
    Lächelnd rutschte O’Donald durch die Luke, hielt aber dann noch einmal an und warf dem Ausguckposten einen Blick zu.
    »Mein Junge, Sie können diesen Job behalten«, sagte er und schüttelte reuig den Kopf.
    Die Stille war ein Segen. Wenn er nach achtern blickte, sah er vor dem Himmel des frühen Abends nur dünne Rauchfahnen aus den Schornsteinen aufsteigen.
    In der schmalen Bucht wimmelte es von Schiffen; die Galeeren säumten den Strand auf Hunderte von Metern und tanzten leicht auf der schwachen Dünung, die von Süden her in die Bucht eindrang. Tausende Männer hatten sich am Strand ausgestreckt oder wuschen sich gerade, und ihr Lachen trieb wie der Ruf ferner Vögel über das Wasser. Es war die erste

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