Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Titel: Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
Vom Netzwerk:
ein Krieg zu planen.
    Ein blauer Schimmer leuchtete rechts von ihm auf, die breiten oberen Ausläufer des Mühlensees, dessen Oberfläche sich unter der ersten schwachen Brise des Tages kräuselte.
    Der Anblick erinnerte ihn an die Seen im Gebiet von Waterville in Maine. Ein Fichtenwald am Ufer gegenüber spiegelte sich beinahe perfekt im Wasser. Der Zug fuhr mehrere Minuten lang am See vorbei und scheuchte dabei Schwärme von Wasservögeln auf, die am Ufer nisteten. Die freudigen Rufe der Männer vor Andrew rollten wie Wellen über den See. Der Zug erreichte jetzt eine Kurve nach Norden, um eine Reihe flacher Hügel zu umfahren. Rechts bog ein Nebengleis nach Nowrod ab, das nach über dreißig Kilometern entlang des Flusses diese Stadt erreichte und von dort weiter nach Moswa und Kew führte, ehe es mehr als hundertfünfzig Kilometer dahinter wieder in die Hauptstrecke nach Roum mündete.
    Andrew sah Emil an, der verträumt geschwiegen hatte, seit sie aus der Stadt waren.
    »Züge scheinen etwas Hypnotisches an sich zu haben«, sagte Emil jetzt. »Sie vermitteln einem den Wunsch zu lächeln, von fernen Orten zu träumen, von fernen Romanzen, die noch in der Zukunft liegen, von glücklicher Wiedervereinigung auf rauchverhangenen Bahnhöfen. Das Rattern von Zügen auf Gleisen ist wie ein Lied und die Landschaft ein vorbeiziehender Wandteppich.«
    »Aber Sie haben ja etwas von einem Dichter an sich!«, stellte Andrew fest.
    Emil lächelte schüchtern.
    »Na ja, Zugfahrten versetzen mich in eine Stimmung, die Freude und Traurigkeit zugleich enthält. Ich hatte meiner Ester immer versprochen, wir würden mal mit dem Zug fahren. Das war noch, ehe die Bahn Budapest erreichte.«
    Es war selten, dass Emil von ihr sprach, und er überraschte Andrew damit.
    »Ich habe das immer bedauert. Die Bahnlinie wurde eröffnet, und sie setzte mir immer wieder zu, mit ihr nach Wien zu fahren.
    Und dann hat die Cholera sie mir geraubt«, setzte er leise hinzu, »sodass wir nie mehr nach Wien fahren konnten, wie sie es sich gewünscht hatte.«
    Emil suchte in der Hosentasche nach einem Taschentuch und zog es hervor. Mit verlegener Miene wischte er sich die Augen ab.
    »Wenn ich heute also fahre, denke ich an sie. Wie sie sich gewünscht hatte, wenigstens einmal mit diesem neuen Ding zu verreisen.«
    »Womöglich fährt sie gerade mit Ihnen«, sagte Andrew und legte ihm voller Zuneigung die Hand auf die Schulter.
    »Das denke ich selbst gern«, seufzte Emil. »Aber jetzt gehe ich lieber wieder hinein und prüfe noch einmal meine Geräte. Dieser tumbe Nicholas hat sie eingepackt.«
    »Er ist Ihr bester Schüler«, wandte Andrew ein. »Kathleen findet nur lobende Worte für ihn.«
    »Aber, aber! Gerade Kathleen selbst ist die beste Medizinstudentin, die ich habe, und ja, verdammt, Nicholas ist der Zweitbeste, aber achten Sie darauf, dass er nie hört, wie Sie es sagen!«
    Andrew tatschelte ihm erneut die Schulter, als er die Tür öffnete und den überfüllten Stabswagen betrat.
    Nachdem der Zug die Hügel umrundet hatte, nahm er wieder direkten Kurs nach Osten. Ein dünner Baumbestand begleitete die Fahrt, Ausläufer des großen Waldes. Im Süden breitete sich die wellige Landschaft aus niedrigen Grashügeln bis zum Horizont aus, der sich in der Morgenluft klar abzeichnete. Was sie hier durchquerten, das war der Treffpunkt der endlosen Steppe und des Waldes. Noch eine kurze Weile lang blieb Andrew allein draußen auf der Plattform und ließ sich vom Rhythmus des Zuges schaukeln.
    Er holte tief Luft, wandte sich ab und ging in den Wagen, und Fragen überfluteten ihn schon, ehe die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war.
    »Tante Katie!«
    Der kleine Junge stürmte den Bahnsteig entlang; Kathleen kniete sich hin und beugte sich etwas vor, um sich vor seiner stürmischen Umarmung zu schützen.
    »Gefallen dir die Züge, Andrew?«
    »Ich möchte mitfahren!«, schrie Andrew und versuchte sich damit, eine Zugpfeife zu imitieren; dabei sprühte ihm der Speichel hervor, und Kathleen musste lachen, während sie ein Taschentuch hervorzog und erst sich das Gesicht abwischte und dann einen Schmierfleck von seinem.
    »Heb mich hoch!«
    »Du weißt, dass sie das nicht kann«, mahnte Ludmilla, die von hinten heranrauschte und ihn hoch in die Luft stemmte, sodass er vor Freude quietschte.
    »Oma, setz mich ab. Katie soll mich tragen!«
    Kathleen stand auf und küsste ihn auf die Wange, während er darum rang, Verachtung vorzuspielen.
    Kathleen erblickte

Weitere Kostenlose Bücher