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Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Titel: Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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Miasmen und nächtlichen Ausdünstungen waren ein Rudel idiotischer Metzger.«
    Andrew wusste es besser, als ein Streitgespräch mit seinem alten Freund zu beginnen. Schließlich hatte Emil ihm nach Gettysburg zwar die Überreste des linken Arms abgenommen, aber eindeutig in den anschließenden Wochen das Leben gerettet.
    »Nun wissen wir, dass die Sims durch Kochen abgetötet werden. Das konnte ich durch abgekochte Instrumente und Verbände schon nachweisen. Bestimmt erinnern Sie sich, wie ich vergangenen Herbst diese Typhusepidemie in Nowrod gestoppt habe.«
    »Das war gewiss ein Wunder«, fand einer von Emils jungen Medizinschülern, der gerade dazu trat und seinen Lehrer voller Bewunderung anblickte.
    »Es war kein Wunder, das war einfach schlichter gesunder Menschenverstand. Menschen wurden krank. Ein wenig Befragung erwies, dass sie alle aus demselben Brunnen tranken. Sobald alle anfingen, ihr Wasser abzukochen, legte sich die Epidemie.«
    »Aber man kann nicht Arm oder Bein eines Menschen kochen, um eine Infektion darin abzutöten«, stellte Andrew fest.
    »Das ist das Rätsel«, räumte Emil ein, und sein Enthusiasmus klang ein wenig ab. »Ich denke, es liegt an den Sims. Falls ich nur eine Möglichkeit finden würde, sie abzutöten, ohne dass dabei die Körperzellen geschädigt werden, hätte ich den Schlüssel in der Hand, um unsere Kriegsverluste auf einen Bruchteil der heutigen Zahlen zu senken.«
    Durch den scharfen Knall eines Kanonenschusses fuhr Andrew erneut zusammen. Die Malady wurde lebendig; Rauch stieg aus ihrem Schornstein, und ihre Glocken stimmten ein harmonisches Geläut an. Erneut brachen die Menschen auf dem Bahnbetriebsgelände in Jubel aus, als ein Beben durch den Zug lief und er langsam anfuhr. Aus den Wagen auf dem Nebengleis beugten sich Männer und winkten und riefen. Der Zug legte an Dampf zu, und das Rattern der Räder auf den Schienen beschleunigte im Rhythmus. Andrew stand aufrecht auf der Plattform, ertappte sich dabei, wie er eine Pose an den Tag legte und die nötige Rolle in diesem Drama spielte: der Befehlshaber, der auf seinem Eisenross in die Schlacht ritt, gehüllt in Rauch und Dampf.
    Der Wagen schwankte, als es über die Weiche ging, vorbei an der Spitze des Zuges auf dem Nebengleis. Kurz hatte Andrew freie Aussicht auf die alten Stadtmauern. Auf den Zinnen des steinernen Torturms entdeckte er zwei Frauen in blauer Kleidung. Kathleen und Tanja. Er hob einmal die Hand, eine traurige, zurückhaltende Geste, als versuchte er nicht nur Kathleen, sondern auch den Tausenden aufgeregter Soldaten auf dem Betriebsgelände deutlich zu machen, dass sie hier nicht zu einem Ferienausflug aufbrachen.
    Der Wagen fuhr in die Kurve, und der geschlossene Güterwagen dahinter versperrte Andrew wieder die Aussicht. Der Zug durchquerte das Tor und nahm die Zugbrücke über den Burggraben. Eine weitere Salutsalve knatterte, als sie am Einundzwanzigsten vorbeifuhren.
    Eine Verschwendung von gutem Pulver!, dachte Andrew zornig. Kurz sah er, wie Hans mit grimmiger Miene zu ihm aufblickte; dann verschwand sein alter Sergeant aus dem Blickfeld. Der Zug durchquerte jetzt die Todeszone mit den Verhauen und nahm nach einer weiteren Kurve Kurs nach Nordosten, parallel zur äußeren Stadtmauer. Die erste Weiche schoss vorbei, von wo aus ein Nebengleis nach Osten zu den Industrieanlagen führte. Dort wartete ein Zug hinter dem anderen, bis er an die Reihe kam, die Hauptstrecke zu überqueren, durch das Nordtor in die Stadt zu fahren und seine Ladung aufzunehmen.
    »Wie John das in zwei Tagen organisieren konnte, ist ein Wunder«, sagte Andrew mit offener Bewunderung.
    »Falls es ihn letztlich nicht umbringt. Der Junge nimmt Kurs auf eine ernste Nervenkrise. Verheizen Sie ihn nicht zu schnell, Andrew!«
    »Ich muss es tun, Emil«, erwiderte Andrew traurig. »So wie ich schon immer Männer verbraucht habe, wenn es sein musste.«
    Der Zug beschleunigte weiter und ratterte auf die Bockbrücke über die Wina, wobei er unter dem hölzernen Aquädukt hindurchfuhr, das vom Damm herabführte. Andrew nahm beides prüfend in Augenschein. Sowohl die Brücke als auch das Aquädukt waren befristete und nur mit knapper Not taugliche Lösungen. Bockbauten waren, wie Ferguson ihm erläutert hatte, für noch ungeschulte Arbeiter leichter zu errichten als gute Bogenbrücken aus Holz oder Eisen. Das Aquädukt war eine grob zusammengebastelte Angelegenheit aus senkrechten Holzpfahlen, die eine grobe Rinne aus Planken

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