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Das Verlorene Symbol

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Titel: Das Verlorene Symbol Kostenlos Bücher Online Lesen
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KAPITEL 104
    Es ist vorbei.
    Katherines Schreie waren verstummt. Was sie soeben mit angesehen hatte, ließ sie erstarren. Sie war buchstäblich gelähmt vor Entsetzen.
    Hinter der Plexiglasscheibe blickten Langdons tote Augen an ihr vorbei ins Leere. In seinem reglosen Gesicht stand ein Ausdruck von Schmerz und Bedauern. Die letzten winzigen Luftbläschen perlten aus seinem Mund. Dann – als wäre er bereit, seinen Geist loszulassen – sank der Harvard-Professor langsam auf den Grund des Tanks, wo er im Dunkeln verschwand.
    Er ist tot. Katherine war wie betäubt.
    Der Tätowierte streckte den Arm aus, um mit mitleidloser Endgültigkeit das Guckfenster zuzuschieben und Langdons Leiche dahinter verschwinden zu lassen.
    Dann lächelte er Katherine an. »Wollen wir?«
    Ehe sie antworten konnte, wuchtete er sich die von Trauer überwältigte Frau auf die Schulter, knipste das Licht aus und trug sie davon. Mit wenigen ausgreifenden Schritten durchquerte er den Flur und betrat einen großen Raum, der in rötlich violettes Licht getaucht war. Es roch wie nach Weihrauch. Der Hüne schaffte Katherine zu einem eckigen Tisch in der Mitte des Raums und ließ sie so hart auf den Rücken fallen, dass ihr die Luft aus der Lunge wich. Die Tischplatte war rau und kalt. Ist das Stein?
    Katherine hatte sich kaum orientiert, als der Tätowierte ihr den Draht von Hand- und Fußgelenken wickelte. Unwillkürlich wollte sie sich gegen ihn wehren, doch ihre abgeschnürten Arme und Beine reagierten kaum. Der Hüne schnallte sie mit kräftigen Ledergurten an den Tisch – an den Knien, an der Hüfte, wobei er zugleich ihre Arme an den Seiten festschnürte, und schließlich über der Brust.
    Es dauerte nur Augenblicke, und Katherine war schon wieder bewegungsunfähig. Ihr kribbelten die Hände und Füße, als die Blutzirkulation wieder in Gang kam.
    »Mund auf«, flüsterte der Mann und leckte sich über die tätowierten Lippen.
    Katherine biss angeekelt die Zähne zusammen.
    Der Tätowierte streckte den Zeigefinger aus und fuhr damit langsam Katherines Lippen entlang, dass es sie kalt überlief. Sie biss die Zähne noch fester zusammen. Der Tätowierte kicherte, tastete nach einer bestimmten Stelle an ihrem Hals und drückte darauf. Katherines Mund öffnete sich ganz von selbst. Im nächsten Moment spürte sie, wie der Mann den Finger hineinschob und damit über ihre Zunge strich. Sie musste würgen, versuchte dann, den Mann zu beißen, doch schon war der Finger wieder verschwunden. Grinsend zeigte der Mann ihr die feuchte Fingerspitze. Dann schloss er die Augen und rieb sich zum zweiten Mal ihren Speichel auf die freie Stelle seiner Kopfhaut.
    Seufzend schlug er die Augen wieder auf, wandte sich mit gespenstischer Ruhe ab und ging hinaus.
    In der nun einsetzenden Stille fühlte Katherine das Pochen ihres Herzens. Über ihr, an der niedrigen Decke, wechselte das Licht der vielen sonderbaren Lampen von Rotviolett nach Karmesinrot. Als sie nach oben schaute, musste sie unwillkürlich staunen. Jedes Fleckchen war bemalt. Sie blickte in einen Himmel, an dem sich Sternbilder mit astrologischen Symbolen, Tabellen und Formeln mischten. Da waren Pfeile, die elliptische Bahnen vorzeichneten, geometrische Symbole, die Aufstiegswinkel angaben, und Geschöpfe der Tierkreiszeichen, die auf sie herabblickten. Es sah aus wie die Sixtinische Kapelle eines Wahnsinnigen.
    Katherine drehte den Kopf auf die Seite, doch zu ihrer Linken war der Anblick auch nicht beruhigender. Eine Reihe Kerzen in mittelalterlich aussehenden Kandelabern warfen einen unsteten Schein auf eine Wand, die lückenlos mit Texten, Fotos und Zeichnungen bedeckt war. Einiges sah aus wie Papyrus oder Pergament, als wäre es aus alten Büchern herausgerissen; andere Blätter stammten erkennbar aus jüngerer Zeit. Dazwischen hingen Karten und Schaubilder. Alles war mit akribischer Sorgfalt nebeneinandergeklebt. Mit Reißzwecken war ein Netz von Fäden darüber gespannt, das alles auf unüberschaubare Weise miteinander verknüpfte.
    Katherine wandte erneut den Blick ab und drehte den Kopf in die andere Richtung.
    Wo sich der schrecklichste Anblick von allen bot.
    Direkt neben der Steinplatte, auf der Katherine festgeschnallt war, stand ein Beistelltisch, der sie augenblicklich an die Instrumentenwagen im OP eines Krankenhauses denken ließ. Auf diesem Tisch lagen verschiedene Gegenstände aufgereiht, darunter eine Kanüle, ein Fläschchen mit dunkler Flüssigkeit und ein sonderbares

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