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Das Verlorene Symbol

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Titel: Das Verlorene Symbol Kostenlos Bücher Online Lesen
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den Sinnen sämtliche äußeren Reize entzogen wurden, gab es seit den Fünfzigerjahren, und sie standen bei New-Age-Experimentatoren noch immer hoch im Kurs. Das ›Floating‹, wie es genannt wurde, bot eine transzendente Zurück-in-den-Mutterschoß-Erfahrung, eine Meditationshilfe, welche die Hirnaktivität dämpfte, indem sie sämtliche Sinnesreize ausschaltete: Licht, Schall, Berührung, sogar den Zug der Schwerkraft. In althergebrachten Tanks trieb der Proband auf dem Rücken in einer Kochsalzlösung, die dem Körper überstarken Auftrieb verlieh und das Gesicht des Probanden über Wasser hielt, sodass er atmen konnte.
    In den letzten Jahren allerdings hatte die Entwicklung dieser Tanks einen Quantensprung vollzogen.
    Das Stichwort lautete sauerstoffgesättigte Perfluorcarbone .
    Die neue Technik, bekannt als vollständige Flüssigkeitsbeatmung – Total Liquid Ventilation (TLV) – widersprach den Erfahrungen des tägliches Lebens so sehr, dass nur wenige Menschen an ihre Existenz glaubten. Atembare Flüssigkeit.
    Flüssigkeitsbeatmung gab es seit 1966, als Leland C. Clark eine Maus noch stundenlang am Leben erhalten konnte, nachdem er sie in einem sauerstoffgesättigten Perfluorcarbon versenkt hatte. 1989 wurde die TLV-Technik auf dramatische Weise in dem Spielfilm The Abyss gezeigt, doch nur wenigen Zuschauern war klar gewesen, dass diese Methode technisch längst umgesetzt werden konnte.
    Vollständige Flüssigkeitsbeatmung war aus dem Bemühen der modernen Medizin entstanden, Frühchen das Atmen zu erleichtern, indem man die Neugeborenen gleichsam in die von Flüssigkeit erfüllte Umgebung der Gebärmutter zurückversetzte. Für einen Säugling, der bis zu neun Monate in utero verbracht hatte, war eine flüssigkeitsgefüllte Lunge nichts Ungewohntes. Die frühen Perfluorcarbone waren zu zäh, zu viskos gewesen, um volle Atmung zu ermöglichen, doch weitere Forschungen hatten atembare Substanzen hervorgebracht, die fast so dünnflüssig waren wie Wasser.
    Das Directorate of Science and Technology der CIA – die ›Zauberer von Langley‹, wie man sie in der Geheimdienstszene nannte – hatte intensiv mit Perfluorcarbonen gearbeitet, um Verfahren für das US-Militär zu entwickeln. Die Kampftaucher der Navy hatten festgestellt, dass sie mit sauerstoffgesättigten Flüssigkeiten statt des üblichen Heliox oder Trimix in größere Tiefen vordringen konnten, ohne sich dem Risiko der Dekompressionskrankheit auszusetzen. Ähnlich hatten Experimente der NASA und der Air Force ergeben, dass Besatzungen mit Flüssigkeitsatemgeräten anstelle der herkömmlichen Sauerstoffmasken höhere Beschleunigungskräfte ertragen konnten, weil die Flüssigkeit die Andruckkräfte besser auf die inneren Organe verteilte, als eine Gasumgebung es vermochte.
    Sato hatte gehört, dass es inzwischen ›Extremerfahrungslabors‹ gab, in denen man TLV-Tanks ausprobieren konnte – ›Meditationsmaschinen‹ wurden sie genannt. Dieser spezielle Tank war vermutlich für private Experimente seines Eigentümers installiert worden, auch wenn das Vorhandensein schwerer, abschließbarer Riegel für Sato nur wenig Zweifel daran ließ, dass der Tank auch für moralisch äußerst zweifelhafte Anwendungen gedacht war … für Verhörtechniken etwa, die man bei der CIA gut kannte.
    Die berüchtigte Verhörmethode des Waterboarding war deshalb so hochwirksam, weil das Opfer tatsächlich zu ertrinken glaubte. Sato wusste von mehreren Geheimoperationen, bei denen Deprivationstanks eingesetzt worden waren, um die Illusion auf neue, erschreckende Höhen zu treiben. Ein Opfer, das man in eine atembare Flüssigkeit tauchte, konnte im Sinne des Wortes ›ertränkt‹ werden. Die Panik des Ertrinkens ließ das Opfer in der Regel nicht erkennen, dass die Flüssigkeit, in die es getaucht wurde, ein wenig viskoser war als Wasser. Strömte diese Flüssigkeit in die Lunge, wurde der Betreffende häufig bewusstlos vor Furcht und erwachte dann in völliger ›Isolation‹.
    Lokal wirkende Betäubungsmittel, lähmende Wirkstoffe und Halluzinogene, die in der warmen sauerstoffgesättigten Flüssigkeit aufgelöst wurden, verstärkten bei dem Betroffenen den Eindruck, sein Geist habe sich vollständig vom Körper gelöst. Wenn sein Hirn Befehle aussandte, Gliedmaßen zu bewegen, geschah nichts. War der Eindruck, tot zu sein, für sich genommen bereits furchteinflößend, konnte die wahre Desorientierung durch den Vorgang der ›Wiedergeburt‹, wenn man dabei

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