Das Verlorene Symbol
war – nicht verwunderlich, wenn man bedachte, dass diese Tür den wahrscheinlich einzigen Zugang zum Magazin darstellte.
»Und hier ist das, was Sie sich näher anschauen wollten …« Trish führte Mal'akh zu dem riesigen Tank, den er vom Fenster aus gesehen hatte. »Unser größtes Präparat.« Mit der Geste eines Gameshow-Moderators, der ein neues Auto präsentiert, streckte Trish den Arm aus und deutete auf die abscheuliche Kreatur. »Der Riesenkalmar.«
Der Tank mit dem Tintenfisch sah aus, als hätte man eine Reihe gläserner Telefonzellen umgekippt und miteinander verschmolzen. In dem langen, durchsichtigen Sarg aus Plexiglas schwebte eine scheußlich bleiche, formlose Gestalt. Mal'akh starrte auf den knolligen, sackartigen Kopf und die baseballgroßen Augen. »Im Vergleich dazu sieht Ihr Quastenflosser richtig niedlich aus«, sagte er.
»Warten Sie erst, bis ich das Licht angemacht habe.«
Trish öffnete den langen Deckel des Beckens. Ethanol-Dampf stieg auf, während sie in den Tank griff und einen Schalter umlegte. Ein Band fluoreszierender Lichter, das den Boden des Behälters umschloss, leuchtete flimmernd auf und ließ den Riesenkalmar in all seiner Pracht erstrahlen – vom riesigen Kopf mit den vom Alkohol verschrumpelten Armen bis zu den Fangtentakeln mit den rasiermesserscharfen Saugringen.
Trish dozierte, dass ein Riesenkalmar durchaus in der Lage war, einen Pottwal im Kampf zu besiegen.
Für Mal'akh war es bloß hohles Geschwätz.
Die Zeit war gekommen.
Trish Dunne war in Magazin 3 immer ein wenig unwohl zumute, doch der Schauder, der ihr jetzt über den Rücken lief, fühlte sich anders an. Es war nackte, animalische Angst.
Sie versuchte dagegen anzukämpfen, doch die Furcht wurde immer stärker und hielt sie gepackt. Obwohl Trish sich nicht erklären konnte, woher ihre Angst rührte, spürte sie deutlich, dass sie verschwinden musste.
Und zwar schnell.
»Also … das ist der Riesenkalmar«, sagte sie, griff in den Tank und schaltete das Licht aus. »Wir sollten jetzt zu Katherine gehen …«
Eine große Hand presste sich hart auf ihren Mund und drückte ihren Kopf zurück. Im nächsten Augenblick legte sich ein kräftiger Arm um ihren Oberkörper und hielt sie in eisernem Griff. Für den Bruchteil einer Sekunde war Trish wie betäubt.
Dann kam die Panik.
Der Mann tastete nach ihrer Chipkarte und zog kräftig daran. Die Kordel brannte in Trishs Nacken, ehe sie riss. Die Chipkarte fiel zu Boden und blieb vor ihren Füßen liegen. Trish wehrte sich verzweifelt, doch sie war hoffnungslos unterlegen. Ein panischer Schrei stieg ihr in die Kehle, aber die Hand auf ihrem Mund erstickte jeden Laut. Der Mann beugte sich vor, brachte seinen Mund dicht an ihr Ohr und flüsterte: »Wenn ich meine Hand von deinem Mund nehme, will ich keinen Mucks hören, ist das klar?«
Trish nickte heftig. Ihre Lungen schrien nach Luft. Ich kann nicht atmen.
Der Mann nahm die Hand weg. Trish keuchte und sog tief die Luft ein.
»Bitte … lassen Sie mich los«, forderte sie außer Atem.
»Gib mir deine PIN-Nummer«, sagte der Mann.
Trish fühlte sich völlig hilflos. Katherine! O Gott! Wer ist dieser Mann? »Der Sicherheitsdienst kann Sie sehen«, sagte sie, wohl wissend, dass sie sich weit außerhalb des Bereichs der Überwachungskamera befanden. Außerdem passte sowieso niemand auf.
»Deine PIN-Nummer!«, wiederholte der Mann. »Die zur Chipkarte gehört.«
Eiskalte Furcht breitete sich in Trishs Eingeweiden aus. Sie fuhr wild herum, bekam einen Arm frei und versuchte dem Mann die Augen auszukratzen. Ihre Fingernägel schabten über seine Wange, hinterließen vier blutige Striemen. Doch gleich darauf erkannte sie, dass die dunklen Streifen auf seiner Haut gar kein Blut waren. Der Mann trug Make-up, das sie soeben verschmiert hatte. Unter der Schminke kam eine Tätowierung zum Vorschein.
Wer ist dieses Ungeheuer?
Mit schier übernatürlicher Kraft wirbelte der Mann sie herum, hob sie hoch und bugsierte sie mit dem Oberkörper über das geöffnete Becken. Trishs Gesicht befand sich nun unmittelbar über dem Ethanol. Die Dämpfe brannten ihr in der Nase.
»Die PIN-Nummer«, wiederholte der Mann.
Trishs Augen tränten. Das bleiche Fleisch des Riesenkalmars schimmerte in der Flüssigkeit unter ihr.
»Die Nummer«, forderte der Mann und brachte ihr Gesicht noch näher an das Ethanol. »Wie lautet sie?«
Jetzt brannte auch Trishs Kehle. »Nullachtnullvier!«, platzte es aus ihr heraus. Sie konnte
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