Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05
vermag aber auch die Dunkle Musik zu
vernehmen. Nur wenige Ikarier sind ebenfalls dazu in der
Lage, nein, eigentlich nur einer, Wolfstern.
Ja, Aschure, und spürt Ihr auch ihren irrsinnigen
Rhythmus?
Der jungen Frau lief es kalt den Rücken hinunter. Ja,
das tue ich.
Dann stellt Euch doch einmal vor, wenn dieser verrückte Takt stärker würde und schließlich den des
Sternentanzes übertönte … was würde dann geschehen?
Das Leben zerrisse sich selbst in dem Bemühen, sich
auf diesen Rhythmus einzustellen.
Das ist wahr.
Die Jägerin setzte sich gerade hin und schob sich eine
Strähne aus dem Gesicht. Aber, Adamon, die Sonne, der
Mond und überhaupt alle Gestirne sind doch von beidem
umgeben – vom Sternentanz und von der Dunklen Musik.
Beide Musiken umspielen immerzu die Himmelskörper. Aber welche von ihnen liebt Ihr mehr?
Aschure lächelte: Die Antwort kennt Ihr doch, natürlich die des Sternentanzes.
Ja.
Und Axis.
Ja. Helft ihm.
Von Jervois aus führten die Alaunt sie nach Südwesten.
Vor und hinter ihnen regnete es sanft Mondwildblumen,
und über ihnen erstrahlte der Mond im hellsten Licht, ob
als Sichel oder als Scheibe.
Während sie ritt, begleitete sie Xanon oft. Manchmal
liefen auch Pors oder Silton neben ihr her und erklärten
ihr die Wege und die Art der Götter. Sie schärften die
kosmische Wahrnehmung der Jägerin, befriedigten ihre
Neugier und ließen sie auch sonst innerlich wachsen.
Unterwegs spürten die Hunde gelegentlich kleinere
Skrälingsverbände auf, hin und wieder sogar ein Nest.
Dann stimmten die Alaunt ihr Geheul an, und Aschure
begab sich mit ihnen auf die Jagd.
In ihren Mußestunden aber, wenn sie sich stärken und
ausruhen mußte, erschien regelmäßig der oberste Gott bei
ihr, und gemeinsam verzehrten sie dann die Rebhühner,
die über dem Feuer brieten, und das Brot, das in der Glut
buk.
Die Jägerin erfuhr nie, woher das Lagerfeuer kam oder
wer für das Essen sorgte. Wenn sie genug geritten war,
stieg sie ab und fand sich im nächsten Augenblick an
einem Feuer wieder. Die Alaunt rollten sich dann zum
Schlaf zusammen, und Adamon lächelte ihr freundlich
zu.
Berichtet mir von Eurem Kampf gegen Artor, bat sie
ihn in einer Nacht.
Der oberste Sternengott seufzte und verzog sein überirdisch schönes Gesicht. Während er sie ansah, rieb er
sich über die Falten, die auf seiner Stirn entstanden
waren. Wollt Ihr das wirklich wissen?
Ich muß es doch erfahren, oder nicht?
Adamon lachte, und die Hunde regten sich im Schlaf. Wie gut Ihr doch gelernt habt, und wie reif Ihr geworden
seid. Wir sind außerordentlich zufrieden mit Euch. Also
schön, dann werde ich Euch von Artor erzählen.
Der Gott schwieg für einige Minuten, aber Aschure
bezähmte ihre Neugier, denn sie wollte ihn nicht
drängen.
Die Sternengötter sind an diese Welt gebunden, an
dieses Wasser, diese Erde, diese Luft und dieses Feuer.
Ebenso wie an diese Sonne und an diesen Mond.
Die Jägerin nickte. Und Ihr seid damit abhängig von
denen, welche Euch verehren.
Adamon zuckte zusammen. Er hätte nicht gedacht, daß
ihr kosmischer Geist sich schon so weit entwickelt hatte. Richtig, Aschure. Die Verehrung der Ikarier bindet uns
Götter an diese Welt.
Darüber mußte die junge Frau erst einmal nachdenken.
Sie waren an diese Erde gebunden … Würdet Ihr denn
gerne woandershin reisen … wenn Euch das möglich
wäre?
Der Gott lächelte in sich hinein. Ja, würden wir das
gerne? Da bin ich mir gar nicht so sicher. Aber diese
Frage spielt jetzt keine Rolle. Denn jenseits dieser Welt,
jenseits des Sternentors finden sich viele andere Wesen.
Götter wie Ihr?
Adamon wurde sichtlich unruhig. Einige von ihnen
besitzen gewiß gottgleiche Fähigkeiten. Viele von ihnen
sind frei und nicht an eine Welt gebunden. Diese Wesen
suchen.
Wonach?
Nach jemandem, der sie verehrt. Nach Seelen. Nach
etwas, das ihnen Halt und Festigkeit verleiht.
Artor gehörte zu diesen Wesen, nicht wahr?
Ja, Aschure, er gehörte zu ihnen.
Die Jägerin atmete tief ein. Artor kam aus dem All …
Durch das Sternentor.
Ah ja. Das Sternentor. Artor kam also auf der Suche
nach Verehrung und Halt durch das Sternentor, und
dann ist es Ihm irgendwie gelungen, Euch gefangenzusetzen. Wie vermochte Er denn das?
Damals waren wir schwach. Der Kreis hatte sich noch
nicht geschlossen, und wir waren nur zu siebt. Bei Artor
handelt es sich um einen sehr alten und sehr mächtigen
Gott. Stellt ihn Euch als eigenen vollständigen Kreis
Weitere Kostenlose Bücher