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Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Titel: Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Aschure.
Die Gewißheit, daß er sich ehrlich um sie sorgte,
milderte die Verärgerung, die seine Frage in ihr auslöste.
»Und davon abgesehen nehmt Ihr doch hier alle Anstrengung auf Euch.«
    »Aber im Turm werdet Ihr allein auf Euch gestellt
sein, edle Herrin.«
Aschure beugte sich vor, um den Kopf des großen
hellen Hundes zu streicheln, der sich auf dem Boden des
Bootes ausgestreckt hatte. »Ich habe Sicarius dabei, der
auf mich aufpaßt, Arne. Sollte mir etwas zustoßen, wird
er Hilfe holen.«
Zufrieden mit der Antwort, nickte der Mann.
Sobald sie an dem schmalen Pier vor dem Narrenturm
angelegt hatten, half Arne Aschure an Land. Dann setzte
er sich auf eine Bank, um zu warten, und beobachtete,
wie sich die weiße Tür hinter Aschure und ihrem Hund
schloß.
    Das Innere sah noch genauso aus, wie Aschure es in
Erinnerung hatte. Im Sonnenlicht, das durch die Fenster
hoch über ihrem Kopf in das Atrium strömte, konnte sie
jede Einzelheit der Treppenfluchten und Balkone
erkennen, die sich in schwindelerregende Höhen
emporschwangen. Zimmer, Kammern, offene Räume –
allesamt gingen sie von Balkonen ab, von denen kein
einziger auf gleicher Höhe mit seinem Nachbarn lag.
    Aufs neue fühlte sich Aschure von der Schönheit
überwältigt, die diesem Chaos innewohnte. Sie bezweifelte keinen Augenblick, daß Geheimnisse und Mysterien
jeden Raum und alle Treppenfluchten erfüllten, deren
Spiralen sich hoch oben im Turm verloren. Zauberei
erfüllte den Narrenturm mit Leben, und es stand ihr frei,
sie aufzuspüren und zu untersuchen.
    Aschure wanderte fast eine Stunde lang in den Räumen des Erdgeschosses umher, da sie nicht beabsichtigte,
auch nur eine der Treppen hochzusteigen, wollte sie sich
doch nicht verirren und die Orientierung verlieren. Sie
hatte erwartet, daß Wolfstern genauso schnell und
überraschend erscheinen würde wie beim letzten Mal –
aber die Räume blieben beharrlich leer, die Treppenhäuser enttäuschend still.
    Zu guter Letzt ließ sich Aschure müde und mutlos auf
den Boden einer der vielen Kammern sinken.
Sicarius winselte und drückte seinen Kopf in ihre
Hände.
»Nun, mein treuer Freund«, meinte Aschure, während
sie die Ohren des Hundes kraulte, »hat Wolfstern Euch
jemals mit hierher genommen? Wißt Ihr, wie Ihr Euren
einstigen Herrn finden könnt?«
Aber der Alaunt schwieg genauso hartnäckig wie der
Narrenturm selbst. Die junge Frau seufzte. Vielleicht
hätte sie Caelum mitbringen sollen. Möglicherweise war
Wolfsterns einzig aus dem Grund zu ihr gekommen, weil
er seinen Enkel sehen wollte. Aber noch während sie dies
dachte, erinnerte sich Aschure, daß Wolfstern Caelum in
jener Nacht nur wenig Beachtung geschenkt hatte. Ihr
gegenüber hingegen hatte er sich sehr aufmerksam
gezeigt.
Aschure verlagerte ihr Gewicht. Der harte Boden war
unbequem. Sie überlegte, daß die Antwort irgendwo tief
in ihrem Innern liegen mußte. Hatte Wolfstern nicht
gesagt, daß der Turm einzig für sie allein errichtet
worden sei? Nun, der Turm stand hier, aber seine
Erbauer hatten vergessen, ihr die Schlüssel zu geben.
»Hör auf, Weib«, ermahnte sie sich selbst und ärgerte
sich über ihre schwarzen Gedanken. Wolfstern hatte ihr
doch erzählt, wie sie diesen Turm benutzen konnte, oder
etwa nicht? Aschure runzelte die Stirn, als sie sich zu
sammeln versuchte, um sich seine genauen Worte ins
Gedächtnis zurückzurufen. Seit ihrem Treffen war so viel
geschehen, das die Erinnerung an ihr Gespräch überlagerte
… so viel … aber als Aschure eben zu dem Schluß kam,
die Erinnerung tatsächlich für immer verloren zu haben,
hallten plötzlich Wolfsterns Worte durch die Kammer.
Es ist sehr einfach. Wenn Ihr aufs Geratewohl im
Narrenturm herumwandert, werdet Ihr Euch hoffnungslos verirren – genauso, wie Ihr es vermutet. Ihr müßt
entscheiden, wohin Ihr wollt, bevor Ihr Euch anschickt,
die Treppen zu erklimmen, und dann werden Euch die
Treppen zu eben diesem Ort führen.
»Natürlich!« lachte Aschure und rappelte sich auf.
»Natürlich! Danke!« Sie strich mit den Fingern über die
Wand, gegen die sie sich gelehnt hatte, dann kehrte sie so
rasch wie möglich ins Atrium zurück und starrte die
nächstgelegene Treppe an. Bevor sie Wolfsterns Rat
befolgte, beugte sie sich zu dem Hund nieder. »Sicarius,
sollte ich mich auf all den Treppen oder in den Kammern
dort oben verirren oder die Richtung verlieren, könnt Ihr
mich dann sicher zum Ausgang zurückführen?

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