Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05
Städte
anschauen, aber ich weiß nicht, wann ich die Zeit dazu
finden werde. Angesichts der Gefahr, die aus dem
Norden einsickert, wohl noch sehr lange nicht.«
Dann schilderte der Krieger die Vorbereitungen, die
beinahe ganz Karlon auf den Beinen hielten. Es galt,
etwa dreißigtausend bewaffnete Männer auf den Marsch
nach Norden vorzubereiten. Der Sternenmann hatte
lediglich einen Bruchteil seiner Armee dorthin schicken
können, bevor der Nordra zufror. Und dafür, so dachte
er, sollte ich vermutlich dankbar sein. Immer noch
besser, die Mehrzahl in Karlon und in Sicherheit zu
wissen. Sicher in der Hauptstadt, werden sie Gorgraels
unabwendbaren Angriff auf Jervois immerhin überleben.
»Ich wünschte«, schloß er leise und ergriff Aschures
Hand, »Ihr könntet mit mir nach Norden ziehen. Und
gleichzeitig bin ich erleichtert, daß Euch Eure Schwangerschaft dazu zwingt, hierzubleiben. Wenigstens etwas
wird gerettet, wenn wir im Norden untergehen sollten.«
Falls dich das Unglück im Norden ereilt, mein Liebster, dachte Aschure, dann gibt es keinen Grund mehr für
mich, zu leben.
Die junge Frau sehnte sich danach, an Axis’ Seite
kämpfen zu können, aber sie wußte, daß ihre körperliche
Verfassung dies nicht zuließ. Ihr Zustand konnte nicht
mehr als dramatisch bezeichnet werden, aber die
weiterhin anhaltende Schwäche ließ sich nicht verleugnen. Mit jedem neuen Tag, der anbrach, zapften die
ungeborenen Zwillinge ihren Vorrat an Energie weiter
an. Aschure hatte Caelums Geburt herbeigesehnt, damit
sie ihren wunderbaren Sohn endlich in den Armen halten
konnte. Aber im Falle der Zwillinge sehnte sie sich
danach, daß sie geboren wurden, um endlich von der
Belastung durch die beiden befreit zu sein.
Axis registrierte ihre allzu rasche Zustimmung zu
seinen Worten mit Unruhe. Die Aschure, die er kannte,
hätte erbittert darum gekämpft, an seiner Seite reiten zu
dürfen, schwanger oder nicht. Er wertete ihren mangelnden Widerstand als Zeichen dafür, wie sehr sie sich
unwohl fühlte.
Aber Aschure beabsichtigte keineswegs, sich auf
Dauer zurückzuziehen. »Sobald die beiden das Licht der
Welt erblickt haben, komme ich nach«, erklärte sie und
drückte seine Hand. »Bis zur Geburt vergehen höchstens
noch drei Monate. Dann steht es mir frei, Euch nachzureisen und mich Eurer Armee anzuschließen.«
Wenn dann noch etwas übrig ist, dem man sich anschließen kann, dachte Axis bei sich. Und falls Ihr dann
noch einen Gemahl habt, den Ihr dort antreffen könnt.
7 T IMOZELS
P
LÄNE
Nachdem Gorgrael ihm von seinem Erfolg mit den
Greifen berichtet hatte, hatte Lieber Mann sich entfernt.
Der Zerstörer mutmaßte, daß er vielleicht ein wenig
wegen dieser Leistung verärgert sein mochte. Aber das
spielte jetzt keine Rolle, denn nun stand ihm ja Timozel
als Gesprächspartner zur Verfügung. Der Jüngling
erschien ihm als ein solch angenehmer Begleiter, nicht
nur wegen seiner Geistesschärfe, sondern auch deshalb,
weil er sich vollständig in der Hand seines Herrn und
Meisters befand.
Der heutige Tag sollte der letzte sein, den Timozel in
der Eisfeste verbrachte, bevor er zum Hauptteil der
Skrälingsarmee nördlich von Jervois stieß. Der Jüngling
hatte bereits damit begonnen, seine Macht über die
Geisterkreaturen zu erproben, indem er Befehle erteilte
und Botschaften oder Berichte entgegennahm, die ihm
die Skräbolde und die Greifen überbrachten.
Gorgrael bekam vor Freude Schluckauf, wenn er sich
daran erinnerte, wie Skräfurcht und seine beiden
übriggebliebenen Brüder in grübelndes Schmollen
verfallen waren, als er ihnen ihren neuen Befehlshaber
vorstellte. Sie bedauerten zutiefst, den Vorzugsplatz an
Gorgraels Seite verloren zu haben. Aber der Zerstörer
brachte Timozel bei, den Quell der Zauberkraft in ihm
auf die wirksamste Weise zu nutzen. Der Jüngling sah
sich nun weder irgendeinem Groll noch einer Ablehnung
seitens der drei Skräbolde ausgesetzt. Die Offiziere der
Skrälinge trugen mittlerweile genügend Striemen auf
ihrem Leib, um ständig daran erinnert zu werden, daß es
schiere Dummheit wäre, sich mit Timozel anzulegen.
Über den gefährlich schief geneigten Tisch hinweg
blickte Gorgrael seinen fähigen neuen Leutnant liebevoll
an.
»Wie sehen Eure Pläne aus, Timozel? Wie gedenkt Ihr
meinen Willen zu erfüllen?«
Der Jüngling schaute nicht von der Karte auf, die er
nur mit den größten Schwierigkeiten geradezuhalten
vermochte. Verflucht sei
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