Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05
vorzustellen, daß sie vielleicht einem der beiden über den Weg
laufen könnte.«
Axis starrte auf die Überreste der Malayamfrucht.
Dann gab er endgültig den Versuch auf, den Anschein zu
erwecken, er wolle sie essen, und wischte sich die Finger
an einer Serviette ab.
»Ich würde viel darum geben, die beiden sicher hinter
Schloß und Riegel in den Verliesen des Palastes zu
wissen, Aschure. Gemeinsam mit Jayme tragen sie einen
Großteil der Verantwortung für viele der Ungerechtigkeiten, welche der Seneschall beging. Und ich habe ihnen
auch noch bei der Ausführung ihrer Schurkereien
geholfen.« Eine weitere Schuld.
Beide richteten ihre Gedanken auf Jayme und teilten
ihre Grübeleien über seinen merkwürdigen Tod. Niemand war in der Lage gewesen, die näheren Umstände
aufzuklären. Obwohl Axis einerseits Befriedigung
darüber empfand, daß Jayme auf eine Weise gestorben
war, die zu seinen Verbrechen paßte, so bedauerte er
doch, daß der Bruderführer seinem Gerichtsurteil
entkommen war. Der Wachtposten hatte nichts gehört
oder gesehen, und sowohl Axis als auch Aschure konnten
sich des Gefühls nicht erwehren, daß irgendeine dunkle
Macht bei Jaymes Tod im Spiel gewesen sein mußte.
»Was wird aus Faraday?« mahnte Aschure. »Meint
Ihr, daß ihr irgendeine Gefahr droht? Nicht Gilbert und
Moryson bereiten mir Sorgen – eine ganze Reihe von
Pflughütern und Artorfürchtigen müssen sich noch im
östlichen Tencendor herumtreiben. Von denen steht uns
sicher noch einiger Ärger ins Haus.«
Nachdenklich nippte der Krieger an seinem Wein. Ihm
hatte die Zeit gefehlt, sich mit dem Seneschall und dem
Weg des Pfluges auseinanderzusetzen, und das würde
sich zweifellos noch viele Monde lang kaum ändern.
Obwohl die alte acharitische Kirche zerschlagen war und
in diesen Tagen der Prophezeiung zahlreiche Menschen
vom Glauben an Artor abfielen, war sich Axis der
Tatsache bewußt, daß die Hüter des Pfluges in den
kleinen Dörfern nach wie vor über eine beachtliche
Macht verfügten.
»Und Faraday?« drängte Aschure ein weiteres Mal.
Er lächelte entschuldigend. »Tut mir leid. Faraday …«
Bei den Sternen, eine weitere Schuld, und noch dazu die
schlimmste von allen. Sie war, wie ihm Belial einst
zornbebend erklärt hatte, eine viel zu wunderbare Frau,
als daß er sie so hätte behandeln dürfen, wie er es nun
einmal getan hatte. »Der Osten ist riesig. Ich bezweifle,
daß sie sich über den Weg laufen. Und Faraday ist
durchaus in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern,
Aschure. Sie ist von der Macht der Mutter durchdrungen,
und die Mutter wird sie führen, sollte sie ihrer Hilfe
bedürfen.«
»Ich dachte, ich könnte ihr vielleicht eine kleine Einheit von Männern nachschicken, die sie geleiten und
schützen sollen.«
»Würden sie die Edle finden? Würde sie eine solche
Begleitung willkommen heißen? Und«, er kam zum Kern
des Problems, »können wir Männer entbehren?«
»Nein. Wahrscheinlich habt Ihr recht«, gab Aschure
zu, aber die Sorgen ließen sie noch lange nicht los.
Faraday hatte ihr Freundlichkeit, Achtung und Freundschaft entgegengebracht, wo Aschure eigentlich nur
Bitterkeit und Schuldzuweisungen erwartet hatte.
Sie zwang sich dazu, ihre Gedanken für einen Moment
von Faraday abzuwenden. »Einige kleine Gruppen von
Ikariern sind auf dem Weg vom Krallenturm hierher,
Axis. Viele von ihnen benehmen sich wie kleine Kinder.
Sie sind dermaßen aufgeregt, daß sie nicht wissen, was
sie als nächstes sehen oder tun sollen.«
»Ich hoffe nur, daß sie mit all ihrer Aufregung nicht
die Achariten erschrecken.«
»Nein. Der überwiegende Teil wartet noch immer im
Krallenturm bei seinem Fürsten Rabenhorst. Ich habe
darum gebeten, daß diese sich vorerst zurückhalten
möchten. Die meisten Gruppen fliegen zu den Farnbergen. Wie man mir sagte, sollen sich dort unter Erdschichten und Felsbrocken verborgene uralte ikarische Städte
befinden. Als der Versuch des Seneschalls, die Vogelmenschen während der Axtkriege aus Achar zu vertreiben, Erfolg zeitigte, tarnten und verbargen die ikarischen
Zauberer ihre Städte in den Farnbergen. Und zwar, wie
sie mir erzählten, mit viel Magie und lediglich einem
bißchen Erdreich. Der überwiegende Teil der Bemühungen der Ikarier zielt derzeit darauf ab, ihre uralte Heimat
sowohl von Zauber wie auch vom Staub zu befreien.«
Axis lächelte kurz, und in seinen Augen blitzte es
schalkhaft auf. »Eines Tages möchte ich mir diese
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