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Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Titel: Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Stätte.
    Faraday hatte sich nicht einmal vorstellen können, was
sie erwarten würde. Die massiven Grabhügel erstreckten
sich noch immer halbmondförmig von Süden nach
Norden, aber ein großer Teil des Unterholzes war
entfernt worden, so daß ihre Linien einen scharfen
Kontrast zu dem nächtlichen Himmel bildeten. Eine
solch eindringliche Aura der Macht und der Spiritualität
schwebte im Zwielicht über ihnen, daß die Luft nachgerade zu summen schien. Aber was Faradays Aufmerksamkeit besonders erregte, war die Säule, die sich genau
über der Mitte der Mulde zwischen den Hügeln erhob.
Ein schlanker Obelisk aus getriebener Bronze, von den
Ikariern errichtet, ragte so hoch in den Nachthimmel, daß
die Edle den Kopf in den Nacken legen mußte, um
seinem Weg bis zu den Sternen folgen zu können. Auf
seiner Spitze ruhte eine riesige flache Schale, aus der
eine blaue Flamme zuckte, die in der Dunkelheit hüpfte
und flackerte – während des Tages blieb sie nahezu
unsichtbar.
    »Faraday?« sagte eine sanfte Stimme hinter ihr, und
sie drehte sich widerstrebend um.
Ein ikarischer Zauberer stand hinter ihr, und sein
weißblondes Haar und die blaßblauen Flügel zeigten im
Widerschein die Schatten der blauen Flamme. »Man
nennt mich Sternenrast«, erklärte er und nahm ihre
Hände in die seinen. »Die Zauberin sandte die Nachricht,
daß Ihr diesen Weg einschlagen würdet, und bat uns
darum, uns um Euch zu kümmern.«
Seine Augen verdunkelten sich vor Sorge, als er die
tiefen Schatten der Erschöpfung um Faradays Augen
bemerkte und den Schorf und die Schrunden auf ihren
Fingern ertastete. »Ihr seid müde«, erkannte er.
Sie straffte mühsam den Rücken und versuchte, ein
Lächeln zustande zu bringen. »Wie Ihr es sein würdet,
Sternenrast, wenn Ihr Eure Tage auf den Knien verbrächtet, um Schößling für Schößling umzusetzen.«
»Geht die Arbeit gut vonstatten?« Der Vogelmensch
spürte, daß sie weder seine Sorge noch sein Mitleid
wünschte.
Faraday zuckte die Achseln. »Es geht. Ich pflanze
dort, wo ich muß, und ich singe den Bäumchen etwas
vor.« Die Edle lächelte erneut, aber diesmal aufrichtiger.
»Sie freuen sich, endlich ihrer Kinderstube zu entkommen, Sternenrast.«
Der Ikarierzauberer gab ihre Hände frei und wies auf
ein kleines Lagerfeuer nahe einem der Grabhügel.
»Werdet Ihr unser Mahl mit uns teilen, Faraday? Und
vielleicht kann der Heiler, der uns begleitet, einen Blick
auf Eure Hände werfen.«
Faraday ballte die Fäuste an den Hüften. »Ich werde
mit Euch essen, Zauberer, und Eure Gesellschaft
genießen, aber meinen Händen geht es ganz gut. Sie
müssen nicht behandelt werden.«
Sternenrast beharrte nicht weiter darauf. »Dann folgt
mir. Wir sind nicht viele, aber trotzdem eine heitere
Gesellschaft.«
Sie traten zu einer kleinen Versammlung von zehn oder
zwölf Ikariern, und Faraday ließ sich dankbar am Feuer
nieder, nachdem Sternenrast sie den anderen Zauberern
vorgestellt hatte. Sie streckte die Hände der Wärme
entgegen, und die Ikarier zuckten zusammen, als sie die
Wunden sahen, aber Sternenrasts Vorbild folgend,
verloren sie kein Wort darüber. Eine Weile sprach die
Runde über unbedeutende Dinge, während Schüsseln mit
Essen kreisten, aber als Faraday schließlich ihren beinahe
unberührten Napf zur Seite stellte, fragte sie ihre Gastgeber, was sie hier an ihrer altehrwürdigen Stätte vorhätten.
»An den Grabhügeln selbst sehr wenig«, antwortete
eine Zauberin, eine kleine Vogelfrau mit erlesenen
Gesichtszügen und flammenfarbenem Haar. »Wie Ihr
gesehen habt, errichteten wir das Leuchtfeuer über dem
Standort des Sternentores, und wir haben viele der
Grabstätten gesäubert, aber das ist auch alles, was wir zur
Zeit tun wollen.«
»Meine Mutter liegt hier begraben«, erklärte Faraday
leise.
Sternenrast und seine Gefährten wechselten besorgte
Blicke. »Wirklich? Das wußten wir nicht. Wir fanden
hier Hinweise auf Gräber … der Sternenmann berichtete
uns einst, daß er an diesem Ort eine Anzahl Männer in
einem von Gorgrael gesandten Sturm verlor.«
»Ja. Meine Mutter starb in eben diesem Sturm. Sie
muß mit ihnen zusammen begraben sein.«
»Dann werden wir über ihren Gräbern für Eure Mutter
beten, Faraday Baumfreundin, und ihr für immer Frieden
wünschen im Nachleben.«
Gerührt beobachtete Faraday das Flackern der blauen
Flamme und gedachte ihrer Mutter. »Die Flamme
erinnert mich an die blauen Schatten, die über

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