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Das Vermächtnis

Das Vermächtnis

Titel: Das Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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an meinen Backbordflügel. „Das Übliche.“ Sie hickste diskret und entschuldigte sich sogleich mit kokettem Kichern. Als sie noch näher an mich heranrücken wollte, purzelte sie vom Baumstumpf. Sie rappelte sich wieder hoch und unterdrückte ein Rülpsen. Der Uhu zwinkerte mir mit dem gesunden Auge zu.
    Ein Kreischeulerich kam angeflogen. Er hatte eine klaffende Wunde quer über dem Steuerbordfuß, die unverkennbar von einem Eisdolch stammte.
    „Na, Flynn, Urlaub von der Schlacht?“, fragte der Uhu.
    „Und ob! Hab sogar ein Andenken mitgebracht.“ Der Kreischeulerich reckte den Fuß.
    „Hoffentlich hast du noch mehr mitgebracht als das.“
    „Worauf du dich verlassen kannst. Die Nordländer zahlen gut.“
    „Wo warst du diesmal im Einsatz?“
    „An der Reißzahnbucht.“
    Ich horchte auf. „Wird am Gletscher auch gekämpft?“, fragte ich.
    „Da geht’s heiß her“, bestätigte der Kreischeulerich.
    „Was macht der König?“
    Der Kreischeulerich wiegte den Kopf. „Gute Frage. Mal heißt es, er sei tot, dann wieder, dass er und die Königin geflohen sind. Die Königin soll ein Ei gelegt haben. Damit hätte der König ’nen Nachfolger. Jetzt haben alle Schiss, dass die Hägsdämonen das Ei rauben.“
    Ich unterbrach ihn. „Hast du gerade gesagt, dass der König vielleicht tot ist?“
    „Ich hab so was gehört. Aber ich hab keine Ahnung, ob’s stimmt.“
    Warum hatte mir die Glut nichts davon gezeigt? Vielleicht war es ja bloß ein Gerücht. Ein Höhlenkauz, der bis dahin nur zugehört hatte, mischte sich in die Unterhaltung ein! „Ich weiß genau, dass der Hohe König gefallen ist. Ich war nämlich dabei.“
    Ich konnte mich nur mit Mühe beherrschen. „Ach ja? Erzähl doch mal“, sagte ich scheinbar beiläufig.
    „Ich hatte mich dem Heer des Königs angeschlossen. Mein Bruder hat für ihn Eis geerntet. Dabei wurde er von den Hägsdämonen umgebracht, die Fürst Arrin angeheuert hat. Ich wollte meinen Bruder rächen. Die Schlacht, an der ich teilgenommen habe, war die letzte Schlacht des Hohen Königs. Ich habe alles mitangesehen. Fürst Arrin hat den König in die Enge getrieben, aber es waren die Hägsdämonen, die ihm den Rest gegeben haben. Ein Dämon namens Penryck hat ihm …“ Der Kreischeulerich senkte die Stimme. „Hast du schon mal gehört, was die Hägsdämonen mit ihren Feinden machen?“
    Ich nickte nur. Ich kannte den Dämon, von dem er sprach. Penryck war ein abscheuliches Monstrum mit überlangen, durch die Luft peitschenden Schwanzfedern. Mit seinem Rückenkamm aus gesträubten kurzen Federn glich er einem angriffslustigen Reptil. Darum wurde er auch „Sklardrog“ genannt, das heißt auf Krakisch „Himmelsdrache“.
    „Er hat den Kopf des Königs auf seine Sense gespießt und durch die Luft geschwenkt. Ich hab’s mit eigenen Augen gesehen. Königin Siv hat’s auch gesehen, glaub ich.“
    „Gütiger Glaux!“, entfuhr es mir. Bei der Vorstellung, dass Siv ein solches Gemetzel hatte miterleben müssen, stockte mir der Magen. Der Kreischeulerich erzählte weiter, aber ich bekam nichts mehr mit. Ich war zu erschüttert.
    Was sollte jetzt aus Siv werden, der schönsten Fleckenkäuzin der Welt, die jetzt verzweifelt, allein und schutzlos war? Und dazu noch voller Angst, dass ihr die Dämonen ihr erstes und einziges Ei mit H’rath entreißen könnten? Ich musste sofort zu ihr! Ich stand auf.
    „He, Süßer!“ Maisy kippte wieder um und legte den Kopf auf den Baumstumpf. „Wo willst du denn hin?“
    „Das habe ich dir doch schon erklärt. In die Wüste.“
    „Soll ich mitkommen?“
    „Dir gefällt es da doch nicht. Keine Bäume und primitive Eulen, stimmt’s?“
    „Hab ich das gesagt?“ Sie blinzelte, dann fielen ihr die Augen zu. Ich war schon in der Luft.
    Als ich mich über dem Schattenwald in die Höhe schraubte, überlegte ich fieberhaft, wohin Siv wohl geflohen war. Hatte sie sich ins H’rathgar-Gebirge zurückgezogen? Aber ich hatte in den Flammen gesehen, dass sich dort die feindlichen Truppen sammelten. Vielleicht war sie ja nach Westen zur Kjellbucht geflogen … Mir fiel ein, dass Sivs Cousine eine geistliche Gemeinschaft gegründet hatte. Die Glaux-Schwestern hatten sich auf einer abgelegenen Insel niedergelassen. Dort konnte Siv bestimmt Zuflucht finden. Ich änderte die Flugrichtung.
    Ich ahnte allerdings nicht – und erfuhr auch erst viel später, lieber Eulenleser –, dass Siv sich vor den Glaux-Schwestern versteckte. Das Unvorstellbare war

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