Das Vermaechtnis
Tänzerin von Tameri , wie konntest du es wagen, meine Anfrage abzuwenden? Wie konntest du es wagen, dich mir zu verweigern, als ich dich rufen ließ?“
Ihr Arm schmerzte, so fest griff er zu.
„Entschuldigt, oh großer Pharao! Es war nicht, wie ihr es verstanden habt! Bin ich doch nur eine kleine Tänzerin in eurem Palast, in Eurem Tempel. Eine, von so vielen! Habt Ihr nicht Frauen von höheren Rängen, wunderschöne Frauen aus fernen Ländern, die Euch mehr dienen können? Euch dem großen erhabenen Pharao, so viel erhabener als ich. Durch meine Ablehnung wollte ich Euch von großem Schaden bewahren, die meine Beziehung zu Euch für Euch gebracht hätte“, sagte sie ihm, mit ehrlichen Worten.
„Ich ließ nach dir ein zweites und ein drittes Mal rufen, allein daran hättest du den Ernst erkennen können.“
Er ergriff noch mit der anderen Hand ihren anderen Arm. Fest.
„Was hätte ich Euch geben können, eine kleine Tänzerin, die zudem ein Kind in sich trägt, eine Frau, die von einem anderen angefasst wurde.“
Burgon-Amenhotep III erstarrte und schleuderte sie verzweifelt und hasserfüllt von sich auf den Boden.
„Du trägst ein Kind in dir! Wie kann das sein? Du bist eine heilige Tänzerin! Du bist hier für den großen Pharao, für mich, und für die Götter allein! Allein für mich und die Götter!“, schrie er in die Dunkelheit.
„Großer Pharao, wie kann ich Eure Gefühle kennen? Wie kann ich von ihnen wissen? Wie kann ich den Ernst erkennen? Dies sind nicht einmal Träume, die ich als kleine Tänzerin haben darf, geschweige denn, dass es mir erlaubt ist, diese Träume zu leben. Niemals dürfte ich dergleichen! An Euch als Mann zu denken ist einer Frau wie mir verboten!
Doch gibt es kein Gesetz, das mit verbietet, einen gewöhnlichen Mann zum Manne zu nehmen, um eine gewöhnliche Familie zu gründen. Ich bin keine Priesterin der Götter…“
Er ging auf sie zu und blickte zu ihr herunter. Sie blutete an der Schläfe. Seine Gefühle schienen ihn zu zerreißen. Er musste sich beherrschen. Er war der Herrscher. Er nahm ein Leinentuch, kniete sich zu ihr und legte es sanft auf ihre Stirn. Diese Augen, diese Augen, warum ließen sie ihn nicht los?
„Du und dieser Ushlaran , ihr habt mein Fest zerstört. Dafür werdet ihr bestraft. Für dich gibt es nun genau zwei Möglichkeiten. Die eine ist, du wirst Amme hier an meinem Palast. Du kannst dein Kind hier aufziehen und meinen neugeborenen Sohn nähren und aufziehen, und du und dein Kind, ihr bleibt am Leben. Dass du jemals Ushlaran wieder sehen wirst, ist natürlich undenkbar ab dieser Stunde. Die zweite Möglichkeit ist, keiner von euch wird weiterleben.“
Aleyna trafen die Worte wie ein Blitz, wie der Zorn aller Götter. Sie hatte nichts Unrechtes getan, vor einer Stunde noch war sie die glücklichste Frau von Tameri und jetzt… Alles zerbrochen! Er war der Pharao, groß, groß seine Macht.
„Das Kind…“, sagte sie leise, „…Das Kind, es soll leben“.
„So sei es. Ich bin froh darum, auch wenn es mich schmerzt. Doch dein Schmerz soll der Größere sein.“
Er half ihr aufzustehen und ging.
Burgon-Amenhotep III beendete das Sed-Fest mit der Weihe der Opferstiftung für die königlichen Ahnen und in einer letzten großen Prozession zogen die Festteilnehmer mit dem neuen Pharao an der Spitze durch die Straßen Thebens . Die ersten Alabasterlampen, Talglampen und Fackeln wurden schon entzündet. Theben erstrahlte in einem glänzenden Meer von Freude und Zuversicht, denn der Pharao hatte durch den Willen der Götter seine Kraft erneuert. Das bedeutete ein weiteres Jahr in Wohlstand und Überfluss für das Volk von Tameri .
Allein Aleyna stand auf der Terrasse des Palastes, regungslos. Burgon-Amenhotep III hatte ihr nach ihrem Gespräch gesagt, sie sollte die Prozession von der Terrasse des Palastes weiter verfolgen. Mit einem eigentümlichen Gefühl war sie die Treppe hinaufgegangen. Langsam schritt sie durch die Halle mit den wunderschönen Fliesen, an den Bemalungen der Wände und der Säulen vorbei, über die Schilfmatten, vorbei an den schönen Holzmöbeln, vorbei an den Sesseln. Der Geruch des Rizinusöls der entzündeten Öllampen mischte sich mit den Abend-Räucherungen. Sie schob den dünnen Leinenvorhang beiseite und trat hinaus auf die Terrasse. Sie blickte über den Garten, über die Feigen- und Dattelbäume und Sykomoren, über Kornblumen, Mohn, Chrysanthemen, Mandragora, Malven, Schwertlilien, Rittersporn und
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