Das Vermaechtnis
konnte. Seine leere Traurigkeit bremste ihn bei jedem Atemzug aus. Nach den Riten, die sich über mehrere Tage zogen, kam nun die Zeit des Feierns, des Essens, Trinkens, Musizierens, Singens und des Tanzes. So saß er äußerlich freudig, doch in einer eher düsteren inneren Stimmung und beobachtete das Treiben und Feiern seines Volkes.
Es wurde an nichts gespart. Alle geladenen teilnehmenden Gäste, die königlichen Gemahlinnen, die Höflinge, die Beamten konnten nach Herzenslust speisen, trinken und feiern, denn das Fest stand im Zeichen der Göttin Hathor , als Göttin der Ausgelassenheit, des Festes und Tanzes.
Bester Weißwein aus Syrien wurde serviert, Alashia -Wein, ein lieblicher, nach Honig duftender Wein und reichlich Bier.
Es gab alles, was das Land zu bieten hatte: Frisch gebratenes Fleisch und Gepökeltes, Gänsebraten, Fisch, wie Welse, Aale oder Nilbarsche. Dazu gab es Weißbrot, welches der Pharao so gern mochte.
Alles zubereitet mit den feinsten Kräutern wie Thymian, Salbei, Kalmus, Cassia, Bockshornklee, Kardamom, Pfefferminze, Majoran, Rosmarin, Koriander, Wermut Kreuzkümmel, Minze, Mohn, Safran, Senf, Sesam oder Anis. Wohl entnahmen sie die feinen Rezepte aus der großen Papyrusrolle mit über 877 Rezepturen für die Zubereitung von Kräutern. Natürlich ging es in diesen Rezepturen nicht nur um erlesenes Essen, sondern auch um das Verwenden von Kräutern für die Herstellung von Medikamenten, Kosmetika und Parfüms.
In großen Schalen wurden Obst, Datteln, Feigen und Granatäpfel angeboten. In Honig eingelegte Früchte standen verführerisch für alle bereit.
Dazu spielten Musikanten auf Harfen, Flöten, Trompeten aus Bronze und Trommeln fröhliche Lieder und luden zum Tanze ein.
Die Stimmung war ausgelassen, wie seit Langem nicht mehr, denn zu allen Beweisen für die Machterneuerung des Pharao kam noch die frohe Kunde von Kir-Amenhotep , Sohn des Hapu , von einer begnadeten Reihe Rekordernten in diesem Jahr. So war es kein Wunder, dass das Volk von Tameri sich mit ihm als großem Pharao sicher fühlte, so, als hätte der Pharao sie alle mit Gold überschüttet. Sie wussten, dass wir Götter ihn liebten und alles im Sinne der Ma’at arbeitete, lebte und funktionierte. Ihnen war, als hätte dieser Pharao ihnen alle Sorgen von den Schultern genommen.
Ein junger Mann sang ein kleines Liebeslied und reichte seiner Liebsten einen Becher des begehrten sdh-Weines aus der Frucht des Granatapfelbaumes, jenes Liebesgetränkes, das natürlich unserer reizvollen Göttin Hathor geweiht ist, und welches er gerade besang:
„Der Granatbaum spricht:
Meine Kerne gleichen ihren Zähnen,
Meine Frucht ihren Brüsten,
Ich bin der Beste des Baumgartens,
weil ich zu jeder Jahreszeit bleibe.
Die Geliebte und ihr Geliebter
wandeln unter meinen Zweigen,
trunken von Wein und Süßwein,
gesalbt mit Öl und Balsam.“ [20]
Wohl war der Liebeswein auch noch mit Myrrhe gewürzt, denn er sang weiter und spielte dabei auf einer Harfe:
„Folge deinem Wunsch, weil du lebst,
lege Myrrhe auf dein Haupt,
kleide dich in feines Linnen,
getränkt mit köstlichen Wohlgerüchen,
den echten Dingen der Götter.
Vermehre deine Wonnen noch mehr,
lass dein Herz nicht müde sein,
folge deinem Wunsch und deinem Vergnügen.“ [21]
Die Zuhörer wollten mehr. Er hatte sie verzaubert und so holte er zwei Liebesäpfel, den Früchten der Alraune, aus einem Beutel und reichte sie dem Mädchen. Alle lachten, denn sie verstanden die Symbolik. Er hielt seinen Becher und rief ein Mädchen mit einem Krug herbei: „Gib mir nun von dem köstlich betörenden Liebesbier!“
Er nahm einen großen Schluck von dem Bier mir den zermahlenden Liebesfrüchten. Dann sang er und zupfte weiter seine Harfe:
„Feiere einen schönen Tag!
Gib Balsam und Wohlgeruch zusammen an deine Nase,
Kränze von Lotus und Liebesäpfeln auf deine Brust,
während deine Frau, die in deinem Herzen ist, bei dir sitzt. [22]
Mit dem letzten Klang seiner Harfe küsste er seine Liebste. Alle klatschten begeistert und wollten ein eben solches Getränk. Alle waren betört vom Rausch des Festes und hielten die beiden an, weiter zu tanzen und weiter zu singen. Als sich das Mädchen, das der junge Harfner soeben besang, umdrehte und anfing zu tanzen, stach es Burgon-Amenhotep III durch alle Glieder.
Da war sie! Sie, die Tänzerin . Plötzlich. Unerwartet. Die Tänzerin Aleyna , die er schon des Öfteren gesehen hatte, die ihm nie in die Augen sah. Nicht ein
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