Das Vermaechtnis
Palast. Wir sehen uns.“
Elieanor-Adda-Guppi geht wenige Schritte weiter zu ihrem Stand.
„Ich sehe, ich habeBesuch aus dem Palast!Was führt dich an meinen Stand? Willst du Salben, Pillen, Tropfen von guten Kräutern?“, fragt sie etwas provozierend in ihrer lauten fröhlichen Stimme. Der große stattliche Mann sinkt etwas in sich zusammen, biegt vorsichtig seinen Oberkörper leicht nach vorn über den Tisch und spricht mit leiser Stimme:
„Große Elieanor-Adda-Guppi , bitte entschuldige mein Erscheinen hier in der Öffentlichkeit vor aller Leute Blick.“
„Mich stören sie nicht, die Blicke der anderen, doch wenn du hierher kommst, so ist dies nicht ohne wichtigen Grund. Das macht natürlich neugierig.“ Sie spricht nun auch leiser. Er atmet erleichtert auf, dass sie seine leise Botschaft verstanden hat.
„Große Elieanor-Adda-Guppi , ich habe eine Frage an dich…“
Elieanor-Adda-Guppi ahnt schon, aus welcher Richtung der Wind weht. Es ist schon eine Weile her, dass der große König Nebukadnezar ihren Rat und ihre Kenntnisse erfragt hat. Er hat sie stets mit Respekt behandelt und ihrer Bitte kommt er nach, nicht zu sehr in das Geschehen um den Palast mit einbezogen zu werden, erst recht nicht bei Orakelbefragungen und Beschwörungen.
Er lässt wie besprochen nur dann nach ihr rufen, wenn es wirklich nötig ist und kein anderer helfen kann.
Nach ihrem Exil aus Harran in Assyrien wurde sie mit dem Sohn Nebukadnezars verheiratet und lebte im Palast in Babylon . Sie durfte weiter als Priesterin die kultischen Handlungen für den Mondgott Sin in dessen kleinem Heiligtum hier in Babylon durchführen. Aus dem Palastleben hielt sie sich heraus. Sie war vielen dort eher befremdlich, da sie gern unters Volk ging, um dort ihre Kräuter und selbst hergestellten Heilmittel zu verkaufen.
Das ist eigentlich nicht standesgemäß, doch der große König gewährt ihr ihre Freiheit, eben weil sie diesen hohen Stand zu den Göttern hat. Sie hat einen eigenen Kräutergarten im Palast und Priesterinnen, die ihr dort zur Hand gehen. Auch besitzt sie einen großen Garten draußen vor der Stadt.
Ihre großen Kenntnisse der Beschwörungs- und Orakellehre hatte sie zur Zeit der assyrischen Herrschaft im Königspalast von Ninive erlernen können.
Sie sollte oft das Orakel für den König befragen, vor jedem Feldzug nach dem richtigen Zeitpunkt und Ort für einen Angriff oder vor Regierungsantritt, für Lage und Zeitpunkt von Bauprojekten und den besten Zeitpunkt für die verschiedensten Festlichkeiten. Dann wurde sie Entu-Priesterin , die höchste Priesterin des Tempels des Mondgottes Sin in der Stadt Harran , nicht weit von Ninive . Dieser Tempel nahm eine zentrale Position im Orakelkult der Assyrer ein.
Nach dem Tod des großen Assyrer-Königs Assurbanipal beherrschten Thronfolgestreitigkeiten das Herrscherhaus. Beschwörungspriester und Orakelleser sowie Schadenszauberer und folglich auch die Zauberabwender waren hoch gefragt in dieser Zeit. Auch wenn Schadenszauber unter Todesstrafe verboten war, wurde er dennoch betrieben, und zwar so arg, dass einem der Überblick so manches Mal verloren ging.
Damals in Harran hatte die junge Elieanor-Adda-Guppi reichlich Einblick in diese dunklen Machenschaften, ob sie wollte oder nicht, sie bekam es mit. Sie wurde oft von Harran aus an den Königshof gerufen, um Beschwörungen abzuwenden. Zudem kam der immer größer werdende Druck von den Babyloniern unter Nebukadnezars Vater Nabopolassar und ihren Verbündeten, den Medern , auf die Städte Assyriens, wie Harran und Ninive , die sich weigerten, dem neubabylonischen Reich beizutreten. Da der Hauptgott der Baylonier Marduk war, mit seinem Haupttempel Äsagila in Babylon selbst, wurde bei der bald folgenden Vernichtung von Harran natürlich der Tempel des Mondgottes Sin sofort zerstört.
Das traf die Assyrer mitten ins Herz, denn eine Gottheit konnte nur dann für eine Stadt, den König und damit für das Land wohlwollend handeln, wenn sie verehrt werden konnte, als Statue in einem Heiligtum, dem Tempel. Dieser zentrale Tempel war nun zerstört. Keine Kulthandlung konnte mehr für den König und das Land vollzogen werden. Auch in Ninive wurden Tempel, Königspalast und die größte Bibliothek dieser Zeit zerstört, die wunderbare Bibliothek des Königs Assurbanipal .
So kam Elieanor-Adda-Guppi nach Babylon .
Sie betrauerte sehr, dass ihr Gott, der große Mondgott Sin , die Stadt und den Tempel in Harran verlassen
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