Das Vermaechtnis
weiß, was ich tu und tu es mit dem besten Gewissen. Die Götter sind meine Zeugen. Auch wenn es Geschäfte mit Geld sind. Die Stoffe sind schlichte, aber gute Stoffe, die für einfache Leute bezahlbar sind. So brauchen wir nicht gegeneinander zu arbeiten – Ushlaran hat die edlen Stoffe und ich die einfachen, und jeder findet seine Käufer.
Nun muss ich aber mal wieder hinüber und nach dem Rechten schauen. Mit Ushlaran werde ich gleich sprechen, das habe ich dir versprochen, guter Tanobakt .“
„Ich hatte ein Auge auf deinen Stand, gute Jaskula . Deine Söhne sind fleißig, auch wenn sie die meiste Zeit hinter dem Tisch auf dem Boden verbrachten und sich köstlich amüsierten, so waren sie doch sofort da, wenn interessierte Leute die Stoffe anschauten. Ich sah sie einige Geschäfte abschließen. Deine Söhne sind genau so, wie sie sein sollen.“
„Es wird nicht mehr lange dauern, dann kannst du ihnen den Stand übergeben“, unterstützt Elieanor-Adda-Guppi Burgons Worte.
Dankbar lächelnd geht Jaskula zu ihrem Stand. Auch Burgon zieht weiter seine Runde, die er öfters am Tag macht, damit alle sich seiner Anwesenheit bewusst sind. Meist jedoch steht er am Tor, etwas erhöht, von wo er einen guten Überblick hat. Gimra sitzt bereits wieder unscheinbar hinter ihrer Drehscheibe und formt einen Becher nach dem anderen.
„Guter Tanobakt , bevor du das Enûma elîsch vorträgst, kommst du noch einmal zu mir, damit ich den Verband wechseln kann. Bitte bleib bis dahin möglichst hier im Schatten sitzen. Belaste dein Bein nicht, damit es weiter zur Ruhe kommt und heilen kann. Wenn es allerdings noch arg schmerzt, so gib mir über Gimra ein Zeichen, und ich komme mit meinem Wundverband zu dir. Ich will jetzt auch wieder nach nebenan, denn ich sehe dort überraschender Weise den engsten Vertrauten des Königs stehen.
Er wartet schon eine Weile geduldig. An seiner Haltung erkannte ich nichts, das meine Eile erfordert hätte. Als Hohepriesterin kann ich es mir erlauben, egal wo ich mich aufhalte, selbst ihn warten zu lassen. Bis später, guter Tanobakt .“
Sie lacht und geht rüber. Sie mag ihn gern, Tanobakt , mag seine Art, wie er die Dinge sieht und seine Gedanken, die er sich über so vieles macht. Als sie bei Gimra vorbeigeht ruft sie ihr zu:
„ Gimra , mach’ öfters mal Pause, du hast dunkle Schatten unter den Augen. Wo ist dein Mann, er war doch heute Morgen noch da?“
„Er hat wohl anderes zu tun. Wir haben viele Aufträge und ich muss mich beeilen. Vor drei Tagen war im Palast eine große Aufregung. Dabei sind viele Becher und Krüge zu Boden gefallen und zerbrochen“, antwortet sie kurz. Das will Elieanor-Adda-Guppi natürlich doch genauer wissen, denn vielleicht hat der Besuch des Palastbeamten ja etwas mit diesem Vorfall zu tun. „Welche Aufregung, erzähl’s mir bitte… Nur kurz.“
Sie beugt sich zu der emsigen Frau hinüber. Mit etwas mürrischer Stimme erzählt sie rasch, denn einer hohen Priesterin kann man nicht einfach die Antwort verweigern und damit den Zorn der Göttin auf sich lenken, auch wenn sie momentan nicht im offiziellen Priesterdienst steht.
„Genaues weiß ich auch nicht. Es waren wohl plötzlich zwei Hunde im Palast. Ein schwarzer und ein weißer und keiner wusste woher sie kamen. Alle rannten herum wie aufgescheuchte Hühner, und jeder beobachtete voller Sorge die Hunde. Sofort erschien der Orakelpriester, und er redete auf alle eindringlich ein, dass niemand die Hunde beeinflussen dürfe. Da beide auf die Hunde achteten und nicht vor ihre Füße, sind zwei Mädchen unglücklicherweise gegeneinander gestoßen. Die auf Tabletts aufgestapelten Becher und Krüge fielen hinunter und zerbrachen laut auf dem Fußboden. Natürlich erschraken alle doppelt fürchterlich und natürlich auch die Hunde. Der Orakelpriester warf finstere, unheilverkündende Blicke auf die beiden mitleiderregenden Mädchen, die nun wie versteinert dastanden. Doch die Götter waren den beiden wohlgesinnt, denn der schwarze Hund rannte vor Schreck aus der Tür und ward nicht mehr gesehen. Der weiße jedoch ließ sich davon nicht beirren, sondern legte sich in der rechten Seite des Raumes unter einen Tisch und schlief bald dort ein. Alle waren froh und fuhren fort in ihrem Tun, so wie ich jetzt. Entschuldige, große Elieanor-Adda-Guppi .“
„Danke, es war für mich sehr interessant. Besonders während der Festtage sind alle sehr angespannt. Jedes Zeichen wird noch mehr bewertet als sonst schon im
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