Das Vermaechtnis

hatte. Die Zerstörung des Tempels hatte dies zur Folge gehabt. Sie hoffte auf seine Rückkehr, doch sie wusste, es würde lange dauern.
    Zwei Kinder hatte sie geboren, einen Sohn und eine Tochter. Ihr Sohn Nabuna’id , das war ihre insgeheim große Hoffnung, würde mithilfe des Mondgottes Sin eines Tages über Babylon herrschen! Eigentlich war dies unmöglich, da Nebukadnezars erstgeborener Sohn Rosuran-Amel-Marduk das Vorrecht hatte und zudem der Hohepriester des Herrn Marduk im Tempel Äsagila war. Außerdem steht hinter ihm die große Macht der Marduk -Priesterschaft.
    Aber sie hat es im Rauch gesehen. Deswegen hofft sie, betet und opfert täglich.
    „Geschätzte Elieanor-Adda-Guppi , es wäre uns eine große Hilfe, wenn ich dich überzeugen könnte, doch in den Dienst des Palastes einzutreten. Nebukadnezar , möge Marduk sein Leben verlängern, plagt eine Krankheit. Die Gottheit, die ihm zürnt, konnte noch nicht ermittelt werden. Viele Götter brachte man schon zu ihm, doch keiner vermochte, ihn zu heilen. Viele Lämmer wurden schon verbrannt. Sein großer Arzt und die Beschwörungspriester des Königs sind ratlos. Der König braucht deine Hilfe, große Elieanor-Adda-Guppi .
    Du gehörst zur Familie des Königs. Du weißt, du bist frei, dich hier zu bewegen und zu tun, was dir gefällt. Du kannst deinem Gott dienen und deine Heilmittel herstellen, um sie ungeachtet deines Standes auf dem Markt zu verkaufen.
    Doch wenn es nicht so arg um ihn stände, würde er dich nicht durch mich rufen lassen. Denn er schätzt dich und achtet dich, das weißt du. Er achtet Männer wie Frauen, die großes Wissen mit sich tragen. Ich möchte mit einer wohlwollenden Antwort für unseren König, möge Marduk sein Leben verlängern, zurückkehren.“
    Elieanor-Adda-Guppi überlegt eine Weile. Dann nimmt sie einen Krug mit Wasser und kippte davon etwas in eine Schale. Aus einem anderen Gefäß lässt sie Öl auf das Wasser tropfen, wartet und beobachtet das Bild, das das Öl auf dem Wasser annimmt. Sie nickt kurz und kippt die Schale aus. Dann beginnt sie erneut das gleiche Prozedere, wartet, nickt und sagt:
    „Ja, ich werde ihm helfen. Das steht außer Zweifel, denn ich bin ihm sehr zu Dank verpflichtet. Er hat sich, seit ich hier bin, sehr großzügig und gütig mir gegenüber verhalten. Meine Kinder, mein Sohn und meine Tochter haben eine sehr gute Erziehung im Palast genossen, und Nebukadnezar war stets auf ihre gute Ausbildung bedacht. Er kümmert sich noch mehr um meinen Sohn Nabuna’id , nachdem sein Sohn, mein Gemahl, in einem Feldzug getötet wurde.
    Um Nabuna’id , seines Sohnes Sohn, sorgt er sich mehr als um seinen erstgeborenen Sohn und Thronfolger Rosuran-Amel-Marduk. Selbst in aller Öffentlichkeit schafft Nebukadnezar es nicht, seine Abneigung ihm gegenüber zu unterdrücken, zu sehr bedrücken ihn die Machenschaften Rosuran-Amel-Marduks im Namen des Bel Marduk , gegen die er nur wenig entgegen setzen kann, obwohl er selbst der König ist. Ich denke, dass wir in dieser Richtung nach den Ursachen seines Leidens suchen werden. Du bist sein engster Vertrauter. Ich weiß, zu dir kann ich ehrlich reden, denn vielleicht brauche ich auch deine Unterstützung. Mehr Ohren als die unseren dürfen davon, wenn möglich, nicht erfahren.“
„Deshalb kam ich persönlich und schickte keinen Palastboten. Vielen Dank, große Elieanor-Adda-Guppi , ich werde ihm diese Nachricht alsgleich übermitteln.
    Ich hätte auch im Palast nach dir Ausschau halten können, doch du bist dort selten anzutreffen, seit dein Mann verstorben ist. Hier war ich sicher, dich auch anzutreffen.“
    Er räuspert sich kurz und gibt sich einen kleinen inneren Ruck.
    „Meine bezaubernde und anbetungswürdige Frau bat mich, wenn ich dich finde, dich nach einem bestimmten Räucherwerk zu fragen. Es ist uns beiden gut bekommen, wenn du weißt, was ich meine…“
    Er lacht mit einer kleinen Spur Verlegenheit.
    „Nun kann jeder sehen, dass ich in eigener Sache bei dir bin. Falls sie fragen, was du orakeln solltest, das werden sie sicher, dann sag ihnen, dass meine zarte Blume wieder ein Kind in sich trägt und ich nicht abwarten kann zu wissen, ob es ein Sohn oder eine Tochter wird. Es ist nicht wirklich wichtig, wichtig allein ist, dass Mutter und Kind nach der Geburt gesund sind, denn ich liebe die schönste Blume unter dem Himmel Babylons so sehr. Sie ist die zarteste, liebreizendste und wohlduftendste Blume unter dem Wüstenhimmel. Ihre Haut