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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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unser Haus – der Raum mit Liegen für unser Symposium wartet gespannt darauf, wieder all unsere Worte aufzunehmen.
    (Gimraios geht auf den Arzt zu.)
    Gimraios Ich hatte gehofft, dich am Versammlungshaus zu treffen, denn ich wusste nicht, ob meine Nachricht dich erreicht hatte. Doch nun kann ich mit Gewissheit sagen, dass du…
    (Gimraios tritt unbedacht auf den Saum seines Umhangs und stürzt zu Boden. Ein Aufprall, ein Schreck, ein Schmerz.)
    Choi-Hippokrates (erschrocken) Bei Apollon , guter Gimraios!
    (Eilt zu Gimraios und hilft ihm beim Aufrichten.) Oh, ich sehe, deine Hand, dein Arm, kannst du beides bewegen? Beweg deine Finger, langsam… Einzeln…
    Gimraios Meine Hand schmerzt, Haut ist abgeschürft, auch am Unterarm, mit dem ich mich in letzter Sekunde noch abfangen konnte, um mein Gesicht zu schützen. (lacht)
    Wie günstig, dass ich gerade zu den Füßen unseres größten Arztes zu Boden gefallen bin! Einen besseren Ort zum Verletzen gibt es nicht auf dieser Welt!
    Choi-Hippokrates Nun, besser wäre, sich erst gar nicht zu verletzen… Doch ich muss zugeben, deinen Fall kann man tatsächlich als besonders günstig bezeichnen. Zufällig komme ich eben gerade von einer Frau, die ausgerutscht und ebenso hingefallen war. Die Arme hatte sich allerdings gleich den Fuß dabei gebrochen. So habe ich für den Notfall Verband und Tinktur in meiner Tasche. Lass uns ein paar Schritte hinübergehen zum Brunnen, damit ich die Wunden säubern kann.
    (Sie gehen zum Brunnen. Gimraios setzt sich auf eine Stufe vor den Brunnen, und Choi-Hippokrates reinigt seine Wunden. Er gibt ein paar Tropfen zur schnelleren Heilung darauf, die Gimraios das Gesicht verziehen lässt, und verbindet die Wunde.)
    Gimraios Ich glaube, ich bin in der letzten Zeit geschrumpft, denn es ist das zweite Mal in einer Woche, dass mir das passiert ist. Beim letzten Mal fiel ich günstig und fing mich an einem Stuhl ab. Heute zog es mich ganz zum Boden. Bei Athene , ich sollte das Orakel befragen, was es damit auf sich hat!
    Choi-Hippokrates (lacht wieder und setzt sich neben Gimraios.) Athene , nun, sie ist die Schutzgöttin unserer Stadt, sie kann nicht auf jeden einzelnen Bürger aufpassen, ob dieser auch achtsam vor seine Füße schaut. Das Orakel befragen – die Pythia würde nur laut lachen, so wie ich, oder mitleidsvoll den Kopf schütteln. Zu einer Schneiderin solltest du deine Gewänder bringen, auf dass sie sie kürze. Nein, natürlich bringen lassen, denn der Weg wäre mit deinen Gewändern zu gefährlich…
    Vielleicht solltest du auch die kürzere Variante eines Himation bevorzugen und auf das lange Chiton -Untergewand verzichten. Das obliegt zwar meist nur den jüngeren Männern, da sie eine größere Bewegungsfreiheit brauchen, aber genau dies würde ebenso zu deinem Bewegungsdrang passen. Oder, wie ich beobachtet habe, du entscheidest dich für die kürzeste Mode, dem wollenen Chlamys , das reise- und unternehmensfreundlichste Modell, welches die Vornehmen Athens derzeit in scharlachrot tragen.
    Lass dir neue Gewänder nähen. Es geht doch sehr schnell, da alle Schnitte sehr schlicht sind, nur rechteckig, sodass jeder sich sein Gewand zurechtzupfen und mit schönen Nadeln, Broschen, Fibeln oder Knöpfen drapieren kann. Ja, wenn ich mir so recht überlege, scheint mir für dich ein leinenes Gewebe das passendste oder eines aus feiner Baumwolle. Dein Charakter ist eher temperamentvoll und hitzig, da kann das kühlende Material schon ausgleichend auf dein Temperament wirken. Verschenke deine alten. An Geld mangelt es dir doch am wenigsten. Es wäre zudem eine gute Tat, guter Gimraios!
    Gimraios Ich bin überrascht, bei Aphrodite , dass du dich so gut in der Gewändermode Athens auskennst! Als Arzt siehst du wahrhaft den ganzen Körper. Ja, recht hast du. Zu sehr bin ich in Gedanken und lasse vergessen, was um mich herum geschieht. Seit dem Beginn unserer gemeinsamen Essen vor etwa einem Jahr wird es immer schlimmer. Ich glaube schon fast an eine Krankheit, dass ich nichts anderes kann als denken. Meine Frau Aleyna vermutete schon eine oder mehrere andere Frauen, da all mein Denken selbst meine Lust vergessen lässt. Ich fühle mich wie von einem Dämonium befallen. Aber am Ende ist es doch gut, denn dann brauche ich mir keine Sorgen mehr wegen des Orakels machen.
    Choi-Hippokrates Von welchem Orakel sprichst du? Ich erinnere mich nicht, dass du es zuvor erwähnt hast.
    Gimraios Dann will ich dir mein Geheimnis anvertrauen. Es sind schon

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