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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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die Familie zurückzukehren. Ich habe gehört, dass die Seelen von Menschen, die gewaltsam getötet wurden, auch besonders wild herumtoben und sich erst beruhigen, wenn sie so eingefangen werden können. Dann nimmt ihre Kraft ab und sie können ins Reich des Milu ziehen, du weißt, des Gottes der Unterwelt, von wo sie aber nicht mehr zurückkönnen.“
„Nun, wenigstens haben sie dort dann ihren Frieden“, seufzt Alēi’na .
    ‘Alana hat soeben eine ganz normale Stimme angenommen. „Zu normal“, sagt Alēi’na nur kurz, denn sie ahnt schon, dass sie bald noch mehr Unheil herausschreien wird.
    „Einer ist wichtiger als der andere, sehr große Unterschiede unter den Menschen wird es geben. Die einen sind von den Göttern ausgewählt und die anderen haben ihnen zu dienen. Die Ali’iii , die neuen Könige und ihre Familien, sie halten zusammen, auch wenn sie gegeneinander kämpfen, halten sie zusammen, dass sie alle oben bleiben. Sie sind die von den Göttern ausgewählten. Sagen sie, denn sie haben das mana in ihrer Gewalt. Gewalt! Die Kahuna s unterstützen sie sogar dabei, denn sie biegen die Worte der Götter in ihre Richtung. Das Volk muss es glauben. Das Volk darf nichts mehr entscheiden, nichts mehr tun. Für das Volk entscheiden nicht mehr die Götter, sondern die Könige und die Kahunas . Ein Kahuna gibt sein Wissen auch nur noch in seiner eigenen Familie weiter. Das Volk – es darf arbeiten, um die Oberen zu stützen. Am Schlimmsten trifft es die, die mit Gewalt von anderen gefangen genommen werden. Gefangene durch Krieg – ja Krieg!!!“, schreit sie nun wieder laut und gibt zischende und knallende Laute von sich. Die anderen zucken zusammen. „Krieg, gegenseitiges Abschlachten, ein Wahnsinn kommt über uns, ein Wahnsinn nach dem anderen! Sie laufen nicht einmal weg, wissen nicht, wie sie sich wehren sollen. Sie werden abgeschlachtet! Oh nein! Ich sehe auch, dass sie andere abschlachten, um sich zu retten, oder – sie werden gefangen genommen. Der Tod ist besser! Besser im Reich des Milu und Feste feiern als ein Gefangener der neuen Ali’i ! Iiiiii’i !
    Die Ali’i , sie bleiben unter sich, auf allen Inseln, mit Blutsbanden, lassen keinen hinein in ihre Führung“, und jetzt lacht ‘Alana wieder schrill, dann hämisch, „… keinen vom Volk, aber auch keinen von außen, von all diesen neuen Völkern, die alle auf unsere Inseln kommen, Kanu für Kanu. Eine bunte Völkermischung. Weißhäutige und gelbhäutige, schlitzäugige und blauäugige, Menschen mit sonnengebleichter Haarfarbe und fremden Worten, die aus ihren Mündern kommen. Wir verstehen sie nicht. Ha! Die Fremden verstehen sich nicht einmal untereinander! Sie kommen von sehr weit weg, von allen Richtungen. Sie riechen anders. Sie kochen anders. Sie sind zwar schlecht, die neuen Ali’i , naja, aber auch ganz gut – gut, das bitter ist wie die Gallenpflanze, denn es ist immer noch besser, von einem König geleitet zu werden, der unserem Volk ähnlich ist und ähnliche Gewohnheiten hat, als von ganz Fremden mit ganz fremden Gewohnheiten und fremden Göttern. Die sollen sich scheren! Aber sie tun es nicht – sie tun es nicht!!!“
    Sie wackelt wieder mit ihrem Kopf und reißt das Band aus ihren Haaren. Dabei dreht sie ihren Kopf umständlich, sodass ihr Mal am Hals hinten für einen kurzen Augenblick zu sehen ist. Die anderen kennen es, das Mal in der Form eines Sichelmondes. Alēi’na noch nicht, sie starrt auf die alte Frau und kann es kaum glauben. Doch die Seherin zischt weiter und so vergisst sie es sofort wieder.
    „Da kommen sie, die gelbhäutigen und weißhäutigen Menschen mit ihren anderen Sprachen – sehen aus wie unsere Götter, sind es aber nicht! Sie sind verletzlich wie wir – ha! Manche meinen es sogar gut, aber es ist nicht gut für uns, nicht, wenn wir weitersehen.
    Iiii! Was machen sie nur?! Vieles liegt im Argen – ich weiß nicht, es ist so viel, was neu wird – alles wird neu! Ich sehe uns nicht mehr, unser Volk – wir werden immer weniger. Sie bringen neues Essen – süße Früchte, neue Pflanzen – wunderschöne Blüten und Bäume, noch mehr neue Tiere…“
    Jetzt bellt sie laut wie ein Hund, meckert wie eine Ziege und fängt an zu grunzen wie ein Schwein, dass alle entsetzt weiter zurückweichen, da sie befürchten, es sei ein Dämon aus ihren Mythen oder schlimmer noch aus der Zukunft in sie gefahren. Dann redet sie weiter: „…Leckeres Essen bringen sie schon mit, aber – sie bringen

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