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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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Einschränkungen, Grenzen – sie haben kapu -Tage…“
    Sie stößt ihren Stock wieder auf die Brust des Mannes vor ihr: „Wo du sehr aufpassen musst, sonst töten sie dich – und dich…“
    Der Stock landet nun wieder bei der jungen Frau. Sie sind alle schon erschrocken ein Stück zurück gewichen und gehen jetzt noch weiter zurück. Es ist ihnen unheimlich, was die Alte von sich gibt. Zu schrecklich!
    „Oh sie waren einst gut, diese kapus , wir kennen auch kapus . Kapu , das ist Hochheiliges . Sie halten unser Gleichgewicht mit der Erde und mit ihr mit allen Göttern. Die ersten Neuen werden auch neue kapus mit auf unsere Inseln bringen. Sie sind gerecht für das Volk, ein Schutz für unsere Familien, aber dann – mit diesen Ali’i… “ Immer, wenn sie Ali’i sagt, zieht sie das ‚ iii ’ mit ihrer hohen schrillen Stimme so lang, dass es fast in den Ohren wehtut. Kano'opak hält sich ihre Ohren zu. „…die Ali’i , die Oberen, sie nutzen einfach die kapus für sich aus, ändern sie ganz nach ihren Launen und bestrafen nach ihren Launen. Keiner kennt sie genau. Wie man sich im Tempel verhält und was man sagt und betet, alles ist genau vorgeschrieben, welchen Schritt man wann geht und wehe dem, der vorher aus dem Tempel geht, wehe allen!!!“, schreit die Seherin und reißt ihren Stock in die Höhe und deutet auf alle, die sie ansehen. Sie starrt alle an, doch die Augen sehen sie nicht wirklich, sie sehen dahinter oder davor. Die Augen fangen an zu suchen, da, schnell fragt Alēi’na :
    „Was sind das für kapus ? Sag uns, was sind das für kapus ?“
    Die Seherin zuckt leicht zusammen, ist sogleich wieder voll in ihren Bildern und ruft weiter, mit greller Stimme: „ Kapus für Pflanzen und Tiere, die zu essen es verboten ist, denn ihr mana ist nur für ausgewählte Menschen, nur für die Ali’iii . Auch bestimmte Orte und Dinge sind kapu . Wörter sind kapu . Man darf sie nicht aussprechen. Männer und Frauen dürfen nicht zusammen essen und Frauen dürfen noch mehr nicht essen. Über den Schatten dürfen sie nicht steigen, wenn er einem Ali’i gehört und eure Augenhöhe muss niedriger sein als seine. Lernt alle kapus , damit der Tod euch nicht zu früh ereilt! Lernt sie und gebt Acht!“
    „Gibt es für alle kapus Bestrafungen? Gibt es keine andere Möglichkeit, keinen Ausweg?“, will Alēi’na wissen.
    Die Seherin zischt Alēi’na an, doch die junge Frau bleibt unbeirrt stehen: „ Kapus sind kapus ! Da gibt es keinen Ausweg! Da gibt es nur den Tod! Es ist ein Vergehen gegenüber der angeordneten höheren Ordnung. So jemand muss getötet werden! Oder sie brechen ihm mindestens die Knochen oder reißen ihm die Augen aus!“
    Sie hält kurz inne, als sei ihr ein Gedanke in den Sinn gekommen, den sie klarer zu sehen versucht. „Doch, da gibt es einen Ausweg – es gibt einen kleinen Ort der Zuflucht in einem Tempelbezirk, oder auch zwei, wenn man es schafft, lebend dorthin zu gelangen, dann ist man von der Strafe frei…
    Das Leben besteht aus Vorsicht. Aber außer bei den kapus gibt es keine weiteren Strafen. Alle Probleme werden zu lösen versucht, wie wir es seit jeher kennen. Ich sehe viele Kreisgespräche, sie bleiben und schützen und helfen unserem Volk, ihren Frieden und ihre Liebe wenigstens etwas zu wahren.“ Ihre Stimme klingt fast zärtlich und voller Liebe, sie scheint aus ihrem tiefsten Innern zu kommen, nicht von den Göttern. Sie wiegt etwas ihren Kopf hin und her. Doch schon bäumt sie sich wieder auf, weil ein neuer Gedanke sie erreicht:
    „Die neuen Kahunas , sie rauben eure ungebundenen Seelen, wenn sie frei herumstreifen, pfropfen sie mit heiligem Gras in ein Gefäß, um Macht über euch zu haben. Ihr habt dann nicht mehr eure Seele, die umherwandern kann, sondern nur noch die eine, die an euren Körper gebunden ist. So tut ihr alles, was sie wollen, um sie zurückzubekommen. Passt auf! Ihr dürft eure Seelen nicht mehr frei herumlaufen lassen, sonst seid ihr in Gefahr!“
„Meint sie die Seelen, die nach dem Tod immer frei herumwandern? Die wir mit einem Gebet bitten, wenn sie aus unserer Familie sind, doch bei uns in der Nähe zu bleiben, wie meine Eltern es getan haben?“, flüstert Alēi’na fragend zu Elieano’o , die direkt neben ihr steht und trotz ihrer dunklen Hautfarbe ganz bleich aussieht.
„Ja, damit sie uns helfen können, wenn wir in Not sind, aber auch, damit sie vielleicht in ein neugeborenes Familienmitglied wiedergeboren werden, um so wieder in

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