Das Vermaechtnis
hatte.
Sa-La-Na wagt nicht, sie in diesem Gefühl zu stören. Sie gehen weiter.
„Wie du weißt, ist die Musik das, was ich den Menschen geben kann. Ich kann den Körper hören, als würde er singen. Ich kann dies noch viel deutlicher wahrnehmen, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Oft kann ich anhand eines Tons oder Klangs am Körper feststellen, wo eine Störung vorliegt und diese mit Hilfe von Musik heilen. Viele Heilhymnen habe ich geschrieben und vielen Menschen konnte ich helfen. Manches Mal spielen noch ein bis zwei weitere Priesterinnen mit mir, es kommt ganz darauf an, um welche Krankheit es sich handelt und wie der Mensch ist, was er aufnehmen kann und vor allem, was er bereit ist, aufzunehmen.“
„Ganz habe ich das nie verstanden, wie du mit Klängen heilen kannst. Krankheit ist doch meist eine Strafe der Götter, weil der Mensch sich sündhaft verhalten hat oder ihnen nicht diente, wie es ihren Vorstellungen entsprach. Sonst werden doch die Dämonen, die sich im Körper in Gestalt der Krankheit eingenistet haben, mithilfe von Beschwörungsformeln ausgetrieben. Dazu wird dann beispielsweise bei Kopfschmerz ein Schweinekopf geopfert, ein Schweinebauch bei Leibschmerzen. Oder ich kenne es auch, wenn der Heilpriester die Dämonen der Kranken nachbildet, formt und dann verbrennt. Das sind alles ganz feste Rituale, seit langer Zeit schon. Und nun kommst du mit Musik…“
Encheduanna-Kyr spürt, dass es Interesse ist und nicht, dass er dieser Form der Heilung nicht traut. Im Gegenteil, das Interesse war sichtbar mit Stolz verbunden.
„Ja, der Körper singt falsch, wenn er krank ist. Und ich nehme das wahr. Ich wähle die sanfte Heilung mit der Musik. Ich harmonisiere mit den Klängen und auch mit meinem Gesang den Klang des kranken Körpers. Es müssen natürlich die richtigen Töne sein, damit ich den kranken Körper wohltuend beeinflussen kann und ihm helfe, sich wieder in den gesunden Klang einzuschwingen. Ich sehe den menschlichen Körper als eine Art Musikinstrument und spiele mit diesem Musikinstrument, bis es sich, also der Körper, erholt hat.
Wenn ich merke, der Mensch braucht einen direkten Kontakt zu mir, dann lege ich meine Hände auf und gebe ihm somit Kraft, mit der Unterstützung von Schutzgeistern. Auch diese Form der Heilung ist in feste Rituale eingebunden. Indem ich oder die Kranken durch die Musik in einen tranceartigen Zustand verfallen, kann ich die Götter beschwören und die Dämonen können vertrieben werden.
Und – egal, welche Form der Heilung wir wählen, der Mensch kann nur gesund werden, wenn er selbst erkennt, was er falsch gemacht hat und bereit ist, dies zu ändern.
Nur, wenn diese Bereitschaft da ist, so können wir Kontakt zu den Göttern aufnehmen und um Unterstützung bei der Heilung bitten.
In meinen Hymnen lasse ich meinen Worten und den Klängen der Harfe freien Lauf. Die Götter führen meine Hand und meine Worte.“
„Ihr habt doch auch sicher noch viele Kräuter im Tempelgarten. Ich erinnere mich noch an den wunderbaren Duft, als wir dort im Schatten saßen…“
Um sich nicht zu verlieren, antwortet sie schnell darauf:
„Ja, genau, wir haben den Garten noch erweitert, denn zum einen benötigt die Küche einige Kräuter als Gewürz und außerdem benötigen wir sie zu Heilzwecken. Ich habe ein paar Priesterinnen und Priester, die sich nun auch sehr gut in Pflege, Wirkungsweise und Zubereitung der Kräuter auskennen. Zwei von ihnen unterrichten die Priesterschüler und Priesterschülerinnen und geben ihr Kräuterwissen weiter.“
„Ich sehe, dein Rückenleiden ist noch nicht geheilt, du benutzt immer noch den stützenden Gehstock.“ Sie blickt ihn von der Seite an.
„Ich weiß auch nicht, es will nicht verschwinden. Ich lebe einfach damit, ich habe es schon immer und es gehört wohl zu mir wie die Last, die ich immer zu tragen habe. Ich habe mich damit abgefunden und habe ein Leben gefunden, in dem ich durch das Geschichtenerzählen auf meine Weise etwas geben kann, und das schenkt mir glückliche Minuten, in denen ich nicht an dich, an euch denken muss. Jeder Teil meines Körpers ist voll unerfüllter Sehnsucht und schmerzt. Das Beste, was ich tun kann ist, mich unter Kinder zu gesellen, sie haben solch ein angenehmes Gemüt und sind immer dankbare Zuhörer.“
Er schaut beim Gehen nur vor sich, vermeidet es ganz, sie anzusehen.
„Ja, ich weiß, ich kenne den Schmerz, das ist unser Los. Wenn wir uns auch nur kurz sehen, so ist dies
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