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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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wurde, hatte sie es gleich mit beiden aufgenommen, und die beiden eilten mit blauen Flecken überall davon. Das hat sich herumgesprochen. Keiner fasst sie mehr an oder sagt ihr etwas Beleidigendes. Auch wenn sie so sonderbar ist, einen gewissen Stolz kann ich nicht leugnen und sie ist mir sehr ans Herz gewachsen, mehr noch als die anderen meiner Kinder. Dennoch – ihr Verhalten ist unheimlich. Es passt nicht ins Volk.
    Bei dir, edle Encheduanna-Kyr , im Tempel, hier ist sie wirklich zu Hause und nicht bei uns.
    Bevor du etwas sagst, komm bitte mit mir – ich habe diesen Eselskarren mit einer höchst empfindlichen Landung in den Schatten gestellt.“ 
    Es scheint, als würde er innerlich fast platzen vor Aufregung. Dass an ihm heute irgendetwas ungewöhnlich ist, das hat sie bereits von Anfang an gemerkt. Mit dieser Überraschung hat sie jedoch nicht gerechnet.
    Aber warum nicht, denkt sie bei sich. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt und ein Mädchen, das offensichtlich dazu berufen scheint, ist eine wertvolle Bereicherung für den Tempel – und für die Stadt – und für die Götter. Sie stehen beide an dem Eselskarren mit einer hohen Überdachung. Er öffnet ihn hinten und zeigt ihr an, dass sie hineinschauen möge. Als sie ins Wareninnere schaut, verschlägt es ihr bei dem Anblick die Sprache.
    „Dies ist meine Tochter und dies ist von uns die Gabe an den Tempel, und zwar dafür, dass sie nach ihrer Lernzeit in die Familie der Götter aufgenommen wird.“
    Ein hübsches Mädchen mit dunkelbraunen, stark gelockten langen Haaren und recht dunkler Haut sitzt mitten im Wagen, umgeben von Musikinstrumenten, die sie in dieser Art und Weise noch nie gesehen hat. Zwei große Harfen, eine mit einem Schallkörper aus Holz mit wunderschönen Einlegearbeiten verziert und einem Ziegenkopf aus Gold. Sie erkennt wunderschöne Verzierungen mit Muschelschalen, Lapislazuli und Elfenbein. Die andere ist komplett mit einer silbernen Ummantelung und an der Sockelvorderseite mit eingelegten Muschelstückchen und einem silbernen Stierkopf. Großartige Arbeiten! Daneben sieht sie viele verschiedene kleinere Harfen, jede besonders auf ihre Art. Trommeln, eine sehr große Trommel, die im Stehen bespielt wird und mehrere kleinere Trommeln, davon drei, die von beiden Seiten bespannt sind. Diese eignen sich besonders gut zu Fruchtbarkeitsritualen, denn sie sind mit Samen gefüllt als Symbole für Fruchtbarkeit. Davor liegen zwei Zithern und vornan Zimbeln und fünf Flöten aus Metall, Knochen und Holz. Sie sieht all diese wunderbaren Instrumente schon auf der baldigen Akitu - Feier . Welch himmlische Musik würden sie spielen können!
    Sie ist überwältigt. Wie in Trance reicht sie dem Mädchen freundlich lächelnd die Hand, hebt sie von dem Wagen und fragt:
    „Wie ist dein Name, hübsches Mädchen?“
    „ Ro-Sur-Ana , große und erhabene Entu-Priesterin des Tempels von Ur “, sagt sie freundlich mit einem offenen Lächeln.
    Sie weiß, dass sie willkommen ist, denkt Encheduanna-Kyr bei sich, dennoch sagt sie es ihr laut, denn ihr Vater versteht sie sonst beide nicht. Und gut, denkt sie, dass sie sich selbst schon für das Mädchen entschieden hatte, bevor sie sie gesehen hat und bevor sie diese wunderbaren Instrumente gesehen hat. So hat sie ein reines Gewissen und das ist auch wichtig für das Mädchen.
    „Willkommen, liebe Ro-Sur-Ana . Sei herzlich willkommen! Wenn du möchtest, kann ich dir den Tempel einmal zeigen, damit du einen Eindruck bekommst. Dann kannst du es dir noch einmal überlegen, darüber schlafen, bis du dir sicher bist.“
    „Ich bin mir sicher, ich möchte heute schon mitkommen und bei dir bleiben, edle Encheduanna-Kyr . Bitte. Ist das möglich? Heute schon?“
    Sie hat es erschreckend eilig, von zu Hause wegzukommen. Aber vielleicht ist es auch eher die Eile, in den Tempel zu kommen.
    „Ich freue mich und schätze mich sehr glücklich, ein Mädchen wie dich bei uns im Tempel zu begrüßen und einzuführen. Du kannst morgen gleich anfangen zu lernen. Heute habe ich noch keine Zeit, aber morgen nehme ich mir die Zeit für dich. Zuerst kommst du mit mir in die Küche. Dort isst du erst einmal und trinkst ordentlich; du warst sicher sehr lange hier im Wagen…“, ein kurzer, ernster, allessagender Blick zu Bur-Gon … „und dann wird dich eine Tempeldienerin mit in die Schlafräume der Priesterschülerinnen nehmen, dir deine Schlafstelle zeigen und dich den anderen vorstellen. Sie sind alle sehr freundlich

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